Trump angreifen, mit seinen eigenen Waffen

»DONALD TRUMP IST ERLEDIGT«, krakeelt der offizielle X-Account von Gavin Newsoms Pressebüro. »VIELE SAGEN, DASS ER NICHTMAL MEHR DIE GROSSE TREPPE ZUR AIR FORCE ONE HOCHKOMMT – ER NIMMT JETZT DIE BABY-TREPPE. TRAURIG!«

In diesem Stil geht es weiter. Als nächstes macht sich der kalifornische Gouverneur (oder sein gut gelauntes Team) über das Treffen mit Putin lustig – das »interessiert niemanden«, und behauptet dann, dass alle Kameras auf »mich, den Lieblings-Gouverneur Amerikas« gerichtet seien.

Schon seit ein paar Tagen feuert Newsom aus allen Rohren auf den Präsidenten, macht sich über seine »winzigen Hände« lustig, beschimpft ihn als »chicken«, also Feigling, und seinen stellvertretenden Stabschef als »Voldemort« . Damit begeistert er viele Gegner Trumps. Hat Newsom etwa einen Weg gefunden, den Präsidenten mit seinen eigenen Waffen zu schlagen?

Vergeltung in Versalien

Auslöser für das ganze Gewitter ist Trumps Aufruf an die Republikaner in Texas, die Wahlkreise neu zuzuschneiden und so mehr Stimmen für die Republikaner zu sichern. Weil die Demokraten wenig Chancen haben, diese offene Schummelei in Texas zu verhindern, ging Newsom am Dienstag in die Offensive: Er feuerte eine Reihe von Großbuchstaben-Tweets ab, in denen er Trump mit Vergeltung drohte , wenn der nicht einlenke: »Hör auf zu schummeln, sonst zieht Kalifornien auch neue Grenzen!«

Schließlich erklärte Newsom, Trump, den er unter anderem als »Taco« bezeichnete (das Akronym, das für »Trump Always Chickens Out«, also »Trump zieht immer den Schwanz ein«, steht), habe die Deadline verpasst – Kalifornien werde jetzt also »zurückschlagen«.

Kurz darauf rief Newsom den »Tag der Befreiung« aus und kündigte eine Sonderwahl für den 4. November an, bei der die Kalifornier über die Wahlkreisreform entscheiden sollen.

Diese sehr reale Initiative begleitet Newsoms Büro seitdem mit einem nicht abreißen wollenden Strom an kämpferischen, frechen, großmäuligen und teilweise auch einfach völlig durchgeknallten Tweets. Dazu gehörte zuletzt auch ein KI-generiertes »TIME«-Cover, in dem Newsom als König zu sehen ist, ein direkter Bezug auf denselben Tweet von Trump vor ein paar Monaten:

Viele der Tweets sind im Tonfall klare Parodien von Donald Trumps Stil auf Truth Social, bis hin zur merkwürdig-roboterhaften Abschiedsformel »Danke für Ihre Aufmerksamkeit in dieser Angelegenheit«, die Trump auf Truth Social gern verwendet. Trotzdem ist Newsoms Account kein reiner Parodie-Account geworden, sondern greift Trump und die Republikaner auch mit anderen Mitteln an.

Direkt nach dem Kronen-Cover folgt etwa ein beißender Kommentar  über einen texanischen Republikaner, der offenbar in der Vergangenheit beim Masturbieren am Arbeitsplatz erwischt worden war. Dazwischen kommen immer wieder Warnungen, den »Bären nicht zu piksen«, also Kaliforniens Wappentier nicht zu provozieren, sonst schlage der zurück. Tatsächlich wirkt es so, als habe Newsoms Team gerade riesigen Spaß dabei, seinem Zorn auf Trump und die Republikaner komplett freien Lauf zu lassen.

Tumbe Drohgebärden

Wirklich spannend wurde diese kämpferische Verschränkung von politischer Realität und Online-Draufgängertum am Donnerstag: Da tauchten vor dem Museum, in dem Newsom gerade seine Wahlkreispläne verkündete, plötzlich zahlreiche schwer bewaffnete ICE-Agenten auf. Sie schienen dabei keinen besonderen Auftrag zu haben, sondern standen einfach eine Weile vor dem Gebäude herum.

Newsom machte sich diese tumbe Drohgebärde zunutze, um Trump noch weiter herauszufordern – am Rednerpult, aber auch online. »Trumps Privatarmee befindet sich illegal auf einem Privatgrundstück!!!!«, twitterte sein Pressebüro , wieder in Großbuchstaben. »Wir werden uns von diesem schwachen kleinen Mann nicht einschüchtern lassen!!!«

Der neue, kämpferische Ton aus Kalifornien wird in den sozialen Medien teils begeistert aufgenommen. »Ich lebe für Newsoms Tweets«, schreibt ein Reddit-User , »Dank sei Gott, dass ein Demokrat endlich mal die Energie der Republikaner zurückgibt, weiter so!«, ein anderer . »Wenn dieses Trolling Trump an die Nerven geht und die Basis motiviert, dann funktioniert es«, analysiert ein Nutzer auf Bluesky . »Manchmal ist das die beste Art, mit einem Bully umzugehen. Ihn in aller Öffentlichkeit fertig machen und dann zuschauen, wie er auseinanderfällt.«

Gouverneur Newsom: Feuern aus allen Rohren

Foto: Anna Connors / AP

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