Der Brite Norman Foster, 90, gilt vielen als der anerkannteste Architekt dieser Zeit, in seiner Heimat wurde er in den Adelsstand erhoben und weltweit mit Preisen bedacht – trotzdem scheint er sich noch über weitere Würdigungen freuen zu können. Mitte September erhält er für sein Lebenswerk die »London Design Medal« und ließ ausrichten, er fühle sich zutiefst geehrt.
Außerdem gab er der »Times« aus diesem Anlass ein Interview und hatte ein paar überraschende Aussagen parat. Obwohl er mit seinen Hochhäusern (eines trägt den Spitznamen »Die Gurke«) und anderen spektakulären Bauten nicht nur die Londoner Skyline veränderte, antwortete er auf die Frage nach seinem besten Architekturentwurf: »Ich glaube, mein bestes Gebäude ist gar kein Gebäude.« Öffentliche Orte halte er für wichtiger, die seien »wirklich die DNA einer Stadt, der urbane Klebstoff, der alle einzelnen Gebäude miteinander verbindet«.
Schubladen voll unverwirklichter Ideen
Als Favoriten nannte er den von ihm umgeplanten Trafalgar Square sowie seine Fußgängerbrücke über die Themse, die tatsächlich viel genutzte Millennium Bridge. Trotzdem bedauert er, dass aus seiner 2020 präsentierten Vision eines gläsernen Parlamentsbaues nichts wurde, dieser moderne Kristallpalast hätte den Palace of Westminster während dessen jahrelanger Renovierung ersetzen und danach anderweitig genutzt werden sollen. Laut Foster sind die Schubladen von Architekten voller unverwirklichter Ideen – was jemand mit seinem Erfolg leicht eingestehen kann.
Um diesen Beruf ergreifen und das Studium in Manchester finanzieren zu können, habe er einst viele Jobs angenommen, vom Eisverkäufer bis zum Türsteher, alles, womit er »in kürzester Zeit das meiste Geld verdienen konnte«. Als »gewisse Perversion« bezeichnete er es, dass sich heute viele Menschen ein Leben in einer Stadt wie London nicht mehr leisten könnten. Daran allerdings könnte er selbst mitgewirkt haben.
Millennium Bridge: Viel genutzt
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