Zu viel Licht im Schlafzimmer begünstigt Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Straßenlaternen, Leuchtreklamen, Handy-, Tablet- und Fernsehbildschirme im Schlafzimmer: Künstliches Licht in der Nacht ist längst Teil unseres Alltags. Neue Daten bestätigen jetzt wieder eindrucksvoll, dass Licht in der Nacht unsere Gesundheit gefährden kann. Es begünstigt das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, so eine jetzt im Fachmagazin »JAMA Network Open« veröffentlichte Studie .

Satellitenbilder zeigen, dass die nächtliche Beleuchtung weltweit zwischen 1992 und 2017 um fast 50 Prozent zugenommen hat, besonders in Großstädten wird es kaum noch richtig dunkel.

»In unserer Studie mit 88.905 Erwachsenen im Alter von über 40 Jahren haben wir festgestellt, dass helles Licht in der Nacht mit einem höheren Risiko für koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern und Schlaganfall verbunden ist«, so das Team um Daniel Windred und Angus Burns. »Diese Zusammenhänge blieben auch bestehen, nachdem wir bekannte Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum, Ernährung und Schlafdauer berücksichtigt hatten.«

Eine Woche mit Sensoren

Für die Langzeit-Kohortenstudie trugen die Teilnehmenden eine Woche lang kleine Sensoren an den Handgelenken, die die Lichteinstrahlung maßen. Daraus wurden individuelle 24-Stunden-Licht-Belastungsprofile errechnet. Insgesamt sammelte das internationale Team australischer, amerikanischer und englischer Universitäten so etwa 13 Millionen Stunden Material. Außerdem wurden über neuneinhalb Jahre hinweg die Krankendaten der Probandinnen und Probanden ausgewertet, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erfassen.

Die Ergebnisse machen deutlich: Wer nachts stark dem Licht ausgesetzt war, hatte ein um 47 Prozent höheres Risiko für Herzinfarkte und ein 56 Prozent höheres Risiko für Herzinsuffizienz gegenüber Menschen, die nur geringer oder keiner Lichteinstrahlung ausgesetzt waren. Das Risiko für Schlaganfälle stieg um 28 Prozent, das Risiko für Vorhofflimmern um 32 Prozent.

Auch wenn das Team andere Faktoren wie Lebensstil oder Schlafverhalten berücksichtigte, blieb der Zusammenhang zwischen Nachtlicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen beständig. Lediglich die Gefahr von Schlaganfällen sank unter die Signifikanzschwelle, nachdem die Faktoren »kurzer Schlaf« und »hoher Cholesterin« eingerechnet wurden.

Warum ist Lichteinstrahlung ein solches Risiko?

Der etwa 24-stündige biologische Zyklus steuert Körperfunktionen wie Schlaf, Stoffwechsel, Hormonproduktion und Körpertemperatur. Kommt er aus dem Takt, hat das drastische Folgen.

Die oberste Steuerungszentrale unseres Schlaf-Wach-Rhythmus im Gehirn ist dabei der sogenannte supra­chiasmatische Nukleus (SCN). Dieser Nervenkern sendet wie eine Zentraluhr Signale an untergeordnete Steuerzentren, im Gehirn, aber auch im Körper selbst.

Die Aktivität des SCN hängt ab von Licht und Dunkelheit. Wenn es hell wird, gelangen Lichtsignale aus dem Auge zum SCN, der daraufhin eine Region im Hirnstamm dazu bringt, Wachsignale an die Großhirnrinde zu senden. Dunkelt es abends, wird vom SCN ein anderer Nervenkern aktiviert, der die Wachsignale hemmt. Zugleich führt Dunkelheit dazu, dass aus einer kleinen Hirn­region, der Epiphyse, Melatonin ausgeschüttet wird, das unserem Körper signalisiert: Jetzt beginnt die Ruhephase.

»Über Hunderte Millionen Jahre hat die Evolution unser internes Zeitsystem geformt, das sich an den täglichen Hell-Dunkel-Zyklen orientiert und sich je nach Jahreszeit ändert«, erklärt Jonathan Cedernaes von der schwedischen Universität Uppsala in einem Kommentar zur Studie. »Heute jedoch sind unregelmäßige und wechselnde Schlaf-Wach-Zeiten sehr verbreitet.« Bis zu zwei Drittel der Erwachsenen würden ihren Schlaf-Wach-Rhythmus von Wochentagen auf freie Tage um zwei Stunden verschieben. Dieser sogenannte »soziale Jetlag« könne den Effekt noch verstärken.

Womöglich ähnliche Wirkung wie Schichtarbeit

Es kann zum Beispiel die Melatoninausschüttung beeinflussen, aber auch zu einer erhöhten Herzfrequenz, hohem Blutdruck, gestörtem Tiefschlaf und schlechterer Insulinsensitivität beitragen. Die Forschenden vermuten, dass künstliche Beleuchtung somit ähnliche Auswirkungen wie Schichtarbeit hat.

Eine Einschränkung: »Es ist noch nicht klar, ob diese Ergebnisse verallgemeinert werden können. Die untersuchte Gruppe besteht überwiegend aus Weißen, Personen mit höherem Bildungs- und Einkommensniveau und Frauen.« Unklar bleibe auch, ob verschiedene Lichtfarben – zum Beispiel blaues oder grünes Licht – unterschiedlich wirken. Hier sehen die Forschenden Potenzial für weitere Untersuchungen.

Fest steht allerdings bereits jetzt: Die Vermeidung von nächtlichem Licht kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken. Wer etwas gegen nächtliche Lichteinstrahlung im eigenen Schlafzimmer tun möchte, kann auf lichtdichte Vorhänge, Rollos und Schlafmasken setzen sowie Smartphone und Fernseher vor dem zu Bett gehen abschalten.

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