Die Generalkonferenz der Uno-Kulturorganisation Unesco hat Khaled El-Enany aus Ägypten zum neuen Unesco-Generalsekretär bestimmt. Während der Sitzung des Spitzengremiums im usbekischen Samarkand erhielt El-Enany 172 der 174 abgegebenen Stimmen der Mitgliedstaaten. Der Ägypter tritt am 15. November die Nachfolge der Franko-Marokkanerin Audrey Azoulay an, die die Weltorganisation seit 2017 leitete.
El-Enany ist ein international profilierter Ägyptologe, Kulturmanager und Politiker. Als Minister in Ägypten kümmerte er sich um Reformen und große Restaurierungs- und Museumsprojekte. Mit Ausstellungen und gezielten Programmen habe er Ägyptens Erbe weltweit sichtbar gemacht, teilte die Unesco mit. El-Enany ist der zwölfte Generalsekretär der Unesco und der erste, der aus einem arabischen Land stammt. Die Wahl des 53-Jährigen bei der Generalkonferenz der Kultur- und Bildungsbehörde war nur noch Formsache, sie bestätigte eine Entscheidung des Exekutivrats von Mitte Oktober.
Die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer, hatte den Entscheid für El-Enany begrüßt. »Unter dem Motto ›Unesco for the People‹ stellt er den Menschen in den Mittelpunkt – mit dem Ziel, Leben zu verbessern, Grenzen zu überwinden, Frieden zu fördern und Hoffnung für die Zukunft zu stärken«, sagte Böhmer.
Entscheidungen zum Schaden des Welterbes?
Der französische Diplomat Mohamed Bouabdallah schwärmte zur Zeitung »Le Monde« geradezu von El-Enany: »Er verkörpert eine seltene Kombination: Er ist sowohl ein erfahrener Forscher als auch ein Mann der Tat, ein gewiefter Politiker und geschickter Verhandlungsführer auf internationaler Ebene – ein Profil dieses Kalibers ist heutzutage außergewöhnlich geworden.«
Doch El-Enany ist nicht unumstritten. Er hat die Ministerien für Tourismus und Altertümer, denen er von 2016 bis 2022 vorstand, zusammengelegt. Zahlreiche Organisationen für Kultur- und Naturschutz werfen ihm vor, in dieser Zeit für Entscheidungen zum Schaden mehrerer Welterbestätten verantwortlich gewesen zu sein. So soll er etwa die Zerstörung großer Teile von Kairos historischer Totenstadt und auch den ins Monströse angewachsenen Tourismus um das Katharinenkloster auf dem Sinai als Minister gefördert haben.
Suche nach Finanzierung ohne die USA
Die Unesco ist vor allem für die Listen des Weltkulturerbes bekannt. Doch die Organisation mit rund 2000 Mitarbeitern und einem dreistelligen Millionen-Etat ist in vielen weiteren Feldern aktiv – von Bildung über Biosphärenreservate bis hin zu Gleichberechtigung. Ihr Auftrag ist es, durch Förderung der internationalen Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation zum Erhalt des Friedens und der Sicherheit beizutragen. Derzeit sind 194 Staaten Mitglied der Unesco, die ihren Sitz in Paris hat. Deutschland trat der Unesco 1951 bei.
Als neuer Generaldirektor steht El-Enany vor der Aufgabe, der Unesco nach dem erneuten Austritt der USA neue Finanzquellen zu erschließen. Um den Wegfall der US-Beiträge zu kompensieren, die zuletzt etwa acht Prozent des Haushalts der Unesco ausmachten, setzt er unter anderem auf freiwillige Beiträge von Regierungen, Stiftungen und Mäzenen. Die USA waren auf Betreiben von Präsident Donald Trump im Juli erneut aus der Unesco ausgetreten. Trump wirft der Organisation eine antiisraelische Haltung und die Förderung von »gesellschaftlich und kulturell spaltenden Anliegen« vor.
Vera El Koury Lacoeuilhe, Präsidentin des Exekutivrats, mit Khaled El-Enany
Foto: Thibault Camus / AP