Im August und Anfang September geht die Lage am Abend auf Weltreise: SPIEGEL-Korrespondentinnen und -Reporter berichten aus den Metropolen und entlegenen Ecken Asiens, Afrikas, Amerikas und Europas. Und natürlich bekommen Sie hier auch weiterhin Ihr Nachrichten-Briefing: News, Meinung, Storys – alles, was am Tag wirklich wichtig ist.
1. Arbeitslosenzahlen – was macht Meloni besser als Merz?
Das deutsche Beschäftigungswunder neigt sich dem Ende entgegen, wie mein Berliner Kollege Markus Dettmer schreibt. Zum ersten Mal seit 2015 sind in Deutschland nun über drei Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. »Die Zeit des Wegduckens ist damit vorbei«, erklärt Markus, der die aktuellen Zahlen genau studiert hat .
Hart trifft es aktuell die Gut- und Hochqualifizierten. Bei ihnen stieg die Arbeitslosigkeit von Juni 2024 bis Juni 2025 um 16,8 Prozent. Bei unqualifizierten Arbeitskräften waren es 4,8 Prozent.
Je mehr Boomer in Ruhestand gehen, desto besser werden die Aussichten für die viel kleineren jungen Jahrgänge? Diese Formel scheint nicht mehr zu gelten. »Die Jobsuche dürfte für die Jungen schwieriger werden, und manche spüren dies bereits«, schreibt mein Kollege.
Aus italienischer Sicht kann man sich da nur verwundert die Augen reiben. Trotz aller Probleme im Land sind sowohl die absoluten Beschäftigtenzahlen als auch die Arbeitslosenquote seit dem Antritt der Meloni-Regierung vor drei Jahren deutlich gefallen – während sie in Deutschland im gleichen Zeitraum gestiegen sind.
Und während in Paris schon wieder eine Regierung wackelt und in Berlin Bundeskanzler Friedrich Merz mit seinem Koalitionspartner streitet, präsentiert sich das Rechtsbündnis in Rom als Hort der Stabilität. Mit ihrer bisherigen Amtszeit landet Meloni im Ranking der 68 italienischen Nachkriegsregierungen inzwischen schon auf Platz vier.
Lesen Sie hier mehr: Wo Deutschlands wichtigste Jobs verschwinden
2. Grönland – wollen die USA die Polarinsel mit hybrider Kriegsführung erobern?
Von Grönland war angesichts der großen Weltkonflikte zuletzt wenig zu hören. Doch im Verborgenen spielt sich offenbar ein Thriller um die zu Dänemark gehörende und von US-Präsident Donald Trump beanspruchte Polarinsel ab.
Diese Woche wurde bekannt, dass die dänische Regierung offenbar seit Monaten Unterwanderungsversuche der Amerikaner auf Grönland beobachtet. Meine Kollegen Katrin Kuntz und Jan Petter haben den Fall aufgearbeitet – und kommen zu bemerkenswerten Erkenntnissen .
Demnach sollen drei halbseidene Geschäftsleute mit engen Verbindungen in die Trump-Welt vor Ort an einem Anschluss Grönlands an die USA arbeiten. Die USA folgen anscheinend einem dreistufigen Plan, schreiben Katrin und Jan. Nach einer »Charmeoffensive« mit dem Besuch von Donald Trump Jr. und erhöhtem Druck durch eine Visite von Vizepräsident JD Vance sei nun die dritte Phase der »Infiltration« und »Einflussnahme« erreicht. Listen über Unterstützer und mögliche Gegner einer Übernahme seien erstellt worden.
In dänischen Medien ist bereits von »hybrider Kriegsführung« die Rede. Am Mittwoch wurde der Geschäftsträger der US-Botschaft in Kopenhagen einbestellt. Regierungschefin Mette Frederiksen ist alarmiert: »Wir haben ganz klar gesagt, dass dies inakzeptabel ist«, sagt sie.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Unterwandern die USA jetzt Grönland?
3. Verkehr – was kann die Deutsche Bahn von Italien lernen?
Wenn ich vom Deutschland-Besuch zurück nach Italien komme, erlebe ich das hiesige Verkehrssystem als Paradies. Der Flughafen von Rom ist so vorbildlich geführt, dass man dem Management des BER einen Nachhilfekurs in Rom nur wärmstens empfehlen kann. Noch nie habe ich hier länger als drei Minuten für die Sicherheitskontrolle gebraucht.
Ähnliches gilt für die italienischen Hochgeschwindigkeitszüge. Sie sind in der Regel pünktlich und im Vergleich zu Deutschland günstig. Zwischen Mailand und Rom verkehren in Spitzenzeiten fünf Züge pro Stunde. Auch der Service kann sich sehen lassen: Kunden haben vier Klassen zur Auswahl. Im Executive-Waggon gibt es nur acht bis zehn Ledersessel. Gourmetmenü, Espresso und Drinks werden am Platz serviert. Vielleicht sollte der oder die nächste Chefin der Deutschen Bahn vor Dienstantritt erst mal ein Praktikum in Italien machen.
Womit wir beim deutschen Alltag sind. Wie mein Kollege Lukas Kissel schreibt, ist die Endlos-Mängelliste der DB schon wieder um einen Punkt länger. Es geht um Dachse, die offenbar gern Bahndämme untergraben . Bei Unna in Nordrhein-Westfalen liegt deshalb schon seit drei Jahren eine Strecke still. Und so läuft es vielerorts: Für Tage, Wochen oder Monate blockieren Dachse mit ihren Bauten immer wieder den Betrieb. Das Problem habe offenkundig mit einer »unzureichenden Instandhaltung durch den DB-Konzern« zu tun, sagte ein Nahverkehrsmanager meinem Kollegen. Anders als die Bahn sind Jäger wie Christian Junge von dem Phänomen nicht überrascht. Dachse würden manchmal Jahrzehnte an ihren Tunnelsystemen arbeiten und über Generationen dort wohnen, hat Lukas von ihm erfahren.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Auch Dachs noch!
Was heute sonst noch wichtig ist
Drei Viertel der Kliniken in Deutschland machen laut Studie Verlust: Die Krankenhäuser in Deutschland haben laut einer aktuellen Erhebung immensen Finanzbedarf: Drei Viertel der Kliniken haben zuletzt Verluste gemacht, zugleich sind milliardenschwere Investitionen nötig. Das belastet auch Kommunen.
Großbritannien schließt israelische Regierungsvertreter von Rüstungsmesse aus: Das britische Verteidigungsministerium kritisiert das Vorgehen Israels im Gazastreifen. Zur Rüstungsmesse DSEI wird eine israelische Delegation nun nicht eingeladen. Die Regierung in Jerusalem spricht von Diskriminierung.
Österreichischer Ex-Verfassungsschützer Ott angeklagt: Der ehemalige österreichische Verfassungsschützer Egisto Ott soll Informationen an Russland und den flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand weitergegeben haben. Nun droht ihm eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren.
Diese Autos sind bei Frauen am beliebtesten. Und diese bei Männern: Fast zwei Drittel der Privat-Pkw sind auf männliche Besitzer zugelassen. Das geht aus der Auswertung eines Vergleichsportals hervor. Noch krasser sind die Geschlechtsunterschiede bei der Größe der Automodelle.
Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen
Schrott im Körper: Bei Hunderten Frauen in Deutschland sind fehlerhafte Kupferspiralen des Herstellers Eurogine gebrochen. Die Produkte wurden aber nicht vom Markt genommen, Warnungen nicht verbreitet. Manche Frauen wurden ungewollt schwanger, so wie Lea .
Was heute weniger wichtig ist
Durch dick und dünn: In meinen Jahren als US-Korrespondent habe ich oft hervorragend gegessen. Ein Philly-Cheesesteak-Sandwich allerdings ist mir nie unter die Finger gekommen. Schauspieler Mark Ruffalo, 57, hat die Brötchen-Fleisch-Käse-Kombination aus Philadelphia in den vergangenen Monaten zu seinem Leibgericht gemacht – für seine Rolle als FBI-Agent in der neuen Serie »Task« sollte er an Gewicht zulegen. Sein Kollege Orlando Bloom, 48, hat es auch nicht leichter. Er sollte 24 Kilo abnehmen, um im Film »The Cut« einen ehemaligen Boxer zu spielen. »In den letzten drei Wochen habe ich mich im Grunde darauf beschränkt, nur noch Thunfisch und Gurken zu essen«, sagte er in der britischen TV-Show »The Morning«.
Mini-Hohl
Hier finden Sie den ganzen Hohl.
Cartoon des Tages
Und heute Abend?
Weil ich bei den Internationalen Filmfestspielen, die gerade in Venedig laufen, nicht dabei bin, plane ich mein eigenes Filmfestival zu Hause. Allerdings ohne roten Teppich. Im Mittelpunkt steht mein italienischer Lieblingsregisseur Paolo Sorrentino, von dem man lernen kann, wie Politik funktioniert, in Italien und anderswo. Unbedingt anschauen möchte ich mir noch einmal »Il Divo«, in dem der Oscarpreisträger die Machtspiele des schillernden Ministerpräsidenten Giulio Andreotti seziert.
Wenn es eine lange Filmnacht wird, nehme ich danach »Loro« ins Programm – es geht um den Hofstaat von Silvio Berlusconi, der mit seinem Rechtspopulismus Politiker wie Matteo Salvini und Giorgia Meloni inspirierte. Auf Sorrentinos neuesten Film »La Grazia«, mit dem die Festspiele eröffneten , muss ich noch warten. Aber ich bin gespannt. Diesmal hat sich der Regisseur keine Machtzyniker vorgenommen, sondern den hochbeliebten, milden Staatspräsidenten Sergio Mattarella.
Ich wünsche Ihnen einen unterhaltsamen Abend. Herzlich,
Ihr Frank Hornig, Korrespondent
Arbeitsagentur in Gelsenkirchen
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Spiralennutzerin Lea: Schwerwiegende Folgen
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