So finden Sie trotzdem ein günstiges Konto

115 Millionen Girokonten gibt es in Deutschland. Mit sehr unterschiedlichen Preisen von quasi null bis schon mal 250 Euro im Jahr. Vergleichen hilft an dieser Stelle. Wenn der Durchschnittskunde 20 Euro im Jahr spart, wären das über zwei Milliarden Euro, nur in Deutschland.

Das haben sich auch EU-Kommission und Europaparlament gedacht und vor elf Jahren verfügt , dass in allen Mitgliedsländern eine kostenlose Datenbank bereitgestellt werden muss, mit der Bankkunden feststellen können, welches Girokonto für sie das beste und günstigste ist.

Kostenlos sollte der Vergleich sein, damit ihn jeder nutzen kann. Er sollte, wenn möglich, alle Kontomodelle des jeweiligen Landes beinhalten, denn gerade für ärmere Kunden waren und sind Konten bei vielen Banken eher teurer. Schon 2018 sollte die deutsche Datenbank eigentlich am Start sein. Das war zwar jenseits der von der EU vorgesehenen Umsetzungsfrist 2017, aber ein bisschen Verspätung geht immer.

Erst Anfang 2025 war es dann wirklich so weit: Die von der Finanzaufsicht Bafin betriebene Datenbank ging online . Und nun, sieben Monate später, zeigt sich: Viele Banken sind elf Jahre nach dem Beschluss der Europaabgeordneten immer noch nicht engagiert genug, die Daten ihrer Kontomodelle für Kunden korrekt bereitzustellen. Auf einem Markt, auf dem das »wilde Pricing«, also eine für Kunden völlig undurchsichtige Preisstruktur, in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich zugenommen hat . Die Onlinebank Revolut bietet aktuell zum Beispiel ein Konto für 60 Euro im Monat mit zahllosen Debitkarten, aber ohne richtige Kreditkarte an und die HypoVereinsbank ein Platinum Konto ohne Dispozins für 49,90 Euro.

Warum dauerte es in Deutschland so lange, bis die Girokontendatenbank bereitstand?

Nun ja, die Große Koalition aus Union und SPD hatte sich vor zehn Jahren von den Banken einseifen lassen und zunächst beschlossen, das Problem solle privatwirtschaftlich gelöst werden. Der TÜV Saarland sollte dann seriöse Lösungen zertifizieren. Es müssten auch nicht unbedingt alle Kontomodelle verglichen werden, schrieb der Gesetzgeber ausdrücklich ins Gesetz. Der gefundene Datenbankkandidat Check24 scheiterte trotzdem mit zu wenig Kontomodellen, einerseits am Widerstand der Banken, die die Daten nicht jeweils aktualisiert bereitstellten, andererseits am Widerstand von Verbraucherschützern , die die Münchner Firma in der Rolle als Vertriebsorganisation und Betreiber einer zentralen Vergleichsplattform nicht haben wollten.

Zwischendurch musste die Stiftung Warentest aushelfen, am Ende beauftragte die Ampelregierung dann die Finanzaufsicht Bafin mit der Aufgabe. Mit viel Beifall von Verbraucherschützern.

Inzwischen müssen Banken und Sparkassen also ihre Daten abliefern, über 6900 Kontomodelle werden jetzt in der Datenbank der Aufsicht gepflegt. Wobei gepflegt eigentlich vor allem heißt, dass die Banken ihre Daten zeitnah einspielen müssen. Diese Daten sind für jeden Nutzer, jede Nutzerin öffentlich verfügbar. Man kann sich sogar die komplette Datenbank mit einem Mausklick auf den eigenen Rechner ziehen. Im Zahlungskontengesetz bekamen die Banken zudem die Pflicht auferlegt, Veränderung in ihren Kontomodellen binnen drei Tagen einzupflegen und so die Datenbank immer aktuell zu halten.

Fehler, immer diese Fehler

Alles hätte gut sein können, wenn alle Banken und Sparkassen den gesetzlichen Auftrag tatsächlich richtig ernst genommen hätten und die Bafin ihr neues Datenbank-Baby besser betreut hätte.

Hätte, hätte, Fahrradkette. Die »Bild« stellte vor zwei Wochen fest, dass viele der Datensätze falsch oder veraltet sind, also nicht den gesetzlichen Standards entsprechen. Geholfen hatte die Vergleichsplattform Verivox mit einer Recherche. Auch der Bafin selbst war bei Stichprobenkontrollen im Juni schon aufgefallen, dass die Meldepflicht von manchen Banken nicht richtig ernst genommen wird. Manchmal wurde nur das Datum für den neuen Stand vergessen, oft aber auch mehr.

Ein Schelm, wer dahinter eine nachlässige Grundhaltung vermutet, wenn es um gesetzliche Verpflichtungen zugunsten von Verbraucherinnen und Verbrauchern geht. »Da, wo Menschen arbeiten, passieren Fehler«, so Dirk Stein vom Bundesverband deutscher Banken, der sich diese Woche telefonisch für alle Kreditinstitute gegen den Vorwurf der Nachlässigkeit wehrte. Den Bankenverbänden sei auch gar nicht bekannt, ob es solche Fehler gebe. Wenn die Finanzaufsicht so etwas feststellt, wende sie sich »bilateral« an die jeweilige Bank. Weder hätten die Bankverbände wegen der Fehlerberichte bislang Kontakt mit der Aufsicht aufgenommen, noch habe sich die Aufsicht an die Verbände gewandt, so Stein.

Wem gehört die Datenbank, wer ist verantwortlich?

Bei der Bafin löste der letzte Kommentar ein gewisses Erstaunen aus. Bis die Datenbank an den Start ging, habe es intensive Kontakte der Bafin mit den Verbänden gegeben, so ein Bafin-Sprecher. »Wir haben auf den Veranstaltungen der Verbände das Modell vorgestellt und diskutiert, schon um möglichst viele Banken gleich zum Start zu erreichen.« Und ganz offiziell: »Wir sind darüber hinaus zu dem Thema im kontinuierlichen Austausch mit den Verbänden der Branche.«

Die Bafin hat in den vergangenen sieben Monaten einige Tausend Änderungen der Datensätze festgestellt und diese auch erwartet. Schon wenn die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins ändert, müssten sich bei vielen Banken die Dispozinsen ihrer Kontomodelle ändern. Hinzu kommen neue Kontomodelle, die in der Datenbank auch eingepflegt werden müssen.

Aus Sicht der Bafin treten zwar Fehler auf, »aber bislang können wir keine mutwilligen Fehler oder schwarze Schafe erkennen«. Die Branche lerne eben noch. Bußgelder habe man deshalb noch keine verhängt. Bei unzureichender Kooperationsbereitschaft oder wiederholten Verstößen werde man aber davon Gebrauch machen. Die entsprechende Verordnung des Bundesfinanzministeriums ermöglicht der Bafin die Verhängung von Bußgeldern bis zu 50.000 Euro.

Die Banken mit fehlerhaften Einträgen seien von der Behörde angesprochen worden und hätten die entsprechenden Fehler auch korrigiert. Alle befragten Banken mit Fehlern haben mir den Kontakt mit der Bafin und die vorgenommenen Korrekturen jedenfalls bestätigt.

Jetzt können Sie sparen

Was tun Sie jetzt? Erst mal vergleichen Sie bitte! Denn die Preise für Ihr Girokonto können sich um Hunderte Euro im Jahr vom besten Angebot unterscheiden.

Dazu können Sie zum Beispiel den Girokontovergleich von »Finanztip« nutzen , in dem einige Dutzend interessante Kontomodelle gelistet und gerade noch fünf Bankangebote empfohlen werden. Hier sind Sie gut und günstig aufgehoben.

Haben Sie Interesse an einem Girokonto bei einer lokalen oder regionalen Bank? Nutzen Sie mit den erworbenen Grundkenntnissen beim Vergleichen anschließend den Rechner der Bafin , um die Konditionen dieser lokalen und regionalen Banken mit den günstigen Modellen zu vergleichen. Dann können Sie entscheiden.

Für einen Wechsel selbst müssen Sie dann nur noch mit der neuen Bank sprechen. Die kümmert sich um die Details des Wechsels. Auch das muss sie, weil die Europaabgeordneten die Banken und Sparkassen 2014 dazu verdonnert haben .

Wichtiger Nachtrag

Liebe Bafin, stellt jetzt bitte endlich mal sicher, dass die Daten in der Datenbank auch stimmen. An diesem Abend beim Fertigstellen des Textes im Zug haben meine »Finanztip«-Kollegin und ich ohne systematische Recherche schon wieder zwei prominente Beispiele gefunden, bei denen die angegebenen Dispozinsen mit den Daten auf der Homepage der Bank nicht übereinstimmten:

1) Castell Bank 

2) Sparkasse Wolfach 

Es waren ausgerechnet die beiden Banken, die in der fehlerhaften Datenbank die höchsten Dispozinsen zeigten. Auf der Homepage der beiden Institute wurden jeweils schon niedrigere Zinsen angegeben.

Liebe Leserin, lieber Leser,

jede und jeder von Ihnen, der einen solchen Fehler findet, wird von mir persönlich beim nächsten Berlin-Besuch auf einen schwarzen Kaffee in das beste Kaffeehaus Berlin-Kreuzbergs in der Körtestraße eingeladen. Schreiben Sie mir mit dem Fehler und zwei Screenshots, wo die Bafin-Datenbank aktuell noch immer nicht stimmt: Chefredaktion@finanztip.de 

Ich brauche viel Kaffee, ich habe die Faxen dicke.

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