In 20 Jahren soll in Deutschland keine Tonne CO₂ mehr ausgestoßen werden. Nur Restemissionen können durch Gutschriften ausgeglichen oder als Sondermüll in unterirdischen Speichern entsorgt werden. In dieser klimaneutralen Zukunft würden auf den Straßen leise Autos und Busse mit Elektroantrieb fahren, es würde nur mit natürlichen Baustoffen oder recycelten Materialien gebaut und jeder Haushalt mit Wärmepumpen oder Pelletheizungen ausgestattet. Es gäbe weniger Lärm, weniger Schadstoffe, und so gut wie alles, was mit dem Verbrennen von Rohstoffen zu tun hat, wäre abgeschafft.
Klingt gut – ist aber auch noch sehr weit weg.
20 Jahre sind dabei gar kein sehr langer Zeitraum, wenn es um den Umbau großer Teile der Wirtschaft geht. Jedes Gerät, jede Maschine oder jedes Fahrzeug, das mit Öl und Erdgas betrieben und heute noch angeschafft wird, muss in den kommenden zwei Jahrzehnten umgerüstet oder wieder abgeschafft werden, wenn sich Deutschland an sein Ziel halten will.
Der Expertenrat für Klimafragen hat in seinem aktuellen Bericht aber klargemacht, dass es an einem konsistenten Plan mangelt: »Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht klar, wie die Bundesregierung das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 erreichen will«, so Ratsmitglied Marc Oliver Bettzüge. Höchstens bis 2030 dürften laut dem Bericht die CO₂-Einparziele des Klimaschutzgesetzes insgesamt noch eingehalten werden. Das liege aber nicht an einer weitsichtigen Klimapolitik, sondern vorwiegend an der schwachen Konjunktur der vergangenen Jahre. Durch diese sei zwischen 2020 und 2023 ein CO₂-Puffer entstanden, der aktuelle Verfehlungen ausgleiche. Lesen Sie hier das SPIEGEL-Interview meines Kollegen Kurt Stukenberg zum Bericht.
Solche vermeintlichen Erfolgsmeldungen wirken kontraproduktiv, da sie der neuen Regierung das Gefühl geben könnten, dass man hierzulande auf einem guten Weg sei. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Das schreibt auch der Expertenrat, sagt das Umweltbundesamt, und urteilen auch Klimaportale wie »Climate Analytics«. Letzteres bewertet die deutschen Klimamaßnahmen als »unzureichend« .
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Foto: Sven Hoppe / dpa