Die Universität Leipzig hat 19 Schädel schwarzer Amerikaner aus einer Sammlung zurück in die USA überführt. Das teilte die Dillard University in New Orleans mit. Die Schädel waren im 19. Jahrhundert von Verstorbenen im Charity Hospital in New Orleans abgetrennt und nach Deutschland verschifft worden, wo der Anthropologe und Ethnologe Emil Ludwig Schmidt rassistische Studien an ihnen durchführte.
»Leichname nach Belieben benutzt«
Mithilfe von medizinischen Aufzeichnungen aus dem Krankenhaus in New Orleans rekonstruierten Fachleute aus Leipzig und den USA die Biografien der Toten . 17 der 19 Personen wurden identifiziert. Unter ihnen war beispielsweise William Roberts, der als Arbeiter auf einem Dampfschiff mitfuhr. Er starb mit 23 Jahren an den Folgen einer Durchfallerkrankung. Die Leipziger Sammlung erfasste ihn später als »dunkelfarbig« und »kräftig gebaut«.
Zwei der Betroffenen lebten, bevor sie im Krankenhaus starben, in einer Einrichtung für psychisch kranke Menschen. »Die schwarzen Leichname wurden genommen und nach Belieben benutzt«, zitiert die »New York Times« die Historikerin Eva Baham von der Dillard University, die einen lokalen Ausschuss zur Rückgabe der Schädel leitete. »Die Menschen hatten keine Selbstbestimmung, weder über sich noch über ihre Familien und Freunde.«
Die Sammlung am Leipziger Institut für Anatomie umfasst rund 1200 Schädel. Sie gehen zum großen Teil auf eine Schenkung von Emil Ludwig Schmidt zurück. Im Jahr 2021 begann die Universität mit einer Aufarbeitung der Sammlung und kontaktierte die Herkunftsländer der Schädel, um sie zurückzuführen. Damals trat sie laut der Dillard University auch an einen Archäologen der Stadt New Orleans heran.
Schädelsammlungen an europäischen Universitäten waren im ausgehenden 19. Jahrhundert keine Seltenheit. Mit ihnen versuchten Anthropologen, rassistische und heute widerlegte Theorien zu untermauern, wonach die Schädelgröße mit Charakter und Intelligenz der Person zusammenhänge. Sie dienten dem Ziel, die vermeintliche Überlegenheit von Menschen mit weißer Haut zu belegen.
Der Anthropologe Paul Wolff Mitchell von der Universität Amsterdam sagte der »New York Times«, die Sammlung in Leipzig sei »keineswegs die größte der Welt oder auch nur die größte in Deutschland« gewesen. Bei der nun erfolgten Überführung handelt es sich allerdings dem Forscher zufolge um die erste große Rückgabe von Schädeln schwarzer Amerikaner aus Europa.
Das Institut für Anatomie in Leipzig: Aufarbeitung der Sammlung
Foto: ullstein bild / imageBROKERAnkunft der Schädel in den USA: Rassistische Theorien untermauern
Foto: Dillard University