Kennen Sie das noch? Wenn es Ihnen zu kalt war in Ihrem altvertrauten Auto, dann bewegte sich Ihre Hand ganz automatisch und ohne hinzuschauen zum Heizungsregler, und schon wurde es auf magische Weise warm. Versuchen Sie das mal in einem Neuwagen! In einem aktuellen Tesla Model Y scheitern Sie schon daran, das Handschuhfach zu öffnen. Das geht nämlich nur am Touchscreen und auch dort nur am Ende einer Reihe von Untermenüs, durch die Sie sich womöglich während der Fahrt durchklicken müssen. Ist das gefährlich? Ja. Ist es irrsinnig? Offensichtlich. Und nun hat dieser Wahn hoffentlich ein Ende.
Viele Autohersteller sehen inzwischen ein, dass sie es heillos übertrieben haben mit ihrem Feldzug gegen Knöpfe, Schalter, Drücker, Wippen und Hebel. Zahlreiche Unfälle sind geschehen, weil ratlose Autofahrer auf ihren Touchscreens nach der Heizung fahndeten oder dem Scheibenwischer. Die Dinger sind vielleicht hübsch anzuschauen, aber für die Verkehrssicherheit sind die Bildschirme die Pest. Britische Experten haben im Fahrsimulator gar herausgefunden, dass selbst Bekiffte oder Besoffene sich im Verkehr immer noch besser schlagen als jene Technikopfer, die sich bei der Bedienung ihres Navis von Apple CarPlay oder Android Auto verlaufen haben.
Mein Kollege Arvid Haitsch hat sich im neuen SPIEGEL dieses Missstandes angenommen. Seine Recherchen ergaben: Der Touchscreenerei geht es an den Kragen. »Wir bringen Knöpfe zurück«, gesteht etwa Volkswagen-Chefdesigner Andreas Mindt, »echte, physische Schalter, die immer an derselben Stelle und in der Mitte des Cockpits leicht zu erreichen sind und die sich nicht in etwas anderes verwandeln.« Wie schön. Auch Hersteller wie Hyundai und Renault wollen klassische Drehknöpfe rehabilitieren, etwa für Lautstärke, Lüftung oder Temperatur.
Mögen die Autodesigner nie wieder solch zentrale Bedienelemente unauffindbar verstecken. Dennoch: Der Touchscreen bleibt uns allen auch in Zukunft erhalten. Für die vielen zweitrangigen Funktionen, die moderne Autos inzwischen bieten, scheint es nach wie vor nichts Besseres zu geben, doch diese darf ein jeder auch gefahrlos ignorieren. Den Bericht meines Kollegen mit dem Titel »Wo finde ich denn…? Rumms« lesen Sie hier .
Herzlich
Ihr Marco Evers
Außerdem empfehle ich Ihnen:
Die letzten Sekunden von Flug AI171: Gewissheit über die Ursache für den Absturz einer Boeing 787 in Indien werden erst genaue Untersuchungen bringen. Doch Videoaufnahmen legen schon jetzt nahe, dass im Cockpit etwas schiefgegangen sein könnte .
Zukunftstraum Quantencomputer: Hartmut Neven möchte für Google den ersten echten Quantenrechner der Welt bauen. Er weiß auch schon, wie er mit ihm das menschliche Bewusstsein entschlüsseln will . Das SPIEGEL-Gespräch.
Einblick in ein andersartiges Leben: Jeder hundertste Mensch ist laut Schätzungen Autist. Was heißt das für Betroffene? Karena Beissert erzählt, wie es sich anfühlt, sich anders zu fühlen .
Die heißesten Städte Deutschlands: Die Deutsche Umwelthilfe hat untersucht, in welchen Städten Menschen besonders von Hitze betroffen sind. Mannheim, Ludwigshafen und Worms schneiden am schlechtesten ab.
Harvard im deutschen Exil? Nach den Drohungen der Trump-Regierung gegen die Harvard University lancierte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer die Idee, in Deutschland eine Zweigstelle zu gründen. Doch Harvard will davon derzeit nichts wissen.
Todesurteil für einen Vierbeiner: Auf Sylt läuft die Jagd auf einen Goldschakal. Weshalb das Tier zum Wohle anderer Schakale sterben muss, erklärt der Genetiker Carsten Nowak.
Kommunikation von Amtsträgern: Wenn Politiker einfacher sprechen, suggerieren sie damit Verbundenheit mit den Bürgern. Politikwissenschaftler Daniel Bischof erklärt, welche Vorteile das hat – und wann es problematisch sein kann .
Bild der Woche
Dieser violette Schleierling aus Kolumbien ist aus Forschersicht ein Glücksfall: Er gehört zu rund 25.000 Pilzarten, von denen bekannt ist, dass sie zum beiderseitigen Vorteil mit Pflanzen zusammenleben. Wie eine Studie jetzt enthüllt, liegt die wahre Zahl dieser Pilzarten vielfach höher, vor allem in den Tropen sind Zehntausende den Biologen völlig unbekannt. Wissenschaftler haben von ihnen unbekannte Pilz-DNA im Boden gefunden, das Erscheinungsbild dieser Gespensterpilze ist aber weiterhin ein Rätsel.
(Feedback & Anregungen? )
Touchscreen im VW ID.7: Im Navi verlaufen
Foto:Olaf Itrich / Auto Bild / ullstein bild