Campino wirft CDU-Landrat Nähe zu AfD vor – der will Aussagen prüfen lassen

Das Festival »Jamel rockt den Förster« in Nordwestmecklenburg will Zeichen gegen den Rechtsextremismus setzen, dazu gehört der Protest gegen die AfD. Doch in diesem Jahr ist auch ein Streit zwischen dem örtlichen CDU-Landrat und den Veranstaltern entbrannt. Mittendrin: die Toten Hosen.

Als die Punkrockband am Freitag auf dem Festival auftrat, sprach Frontmann Campino zum Publikum. Die AfD sei ein klarer Gegner, sagte er, so ist es auf Videos in sozialen Medien  zu sehen. »Aber das Empörende ist, dass diese lokalen Gruppierungen der CDU sich denen an den Hals schmeißen...«, ruft der Sänger, der Rest des Satzes geht im Jubel des Publikums unter.

In einem Statement auf Instagram weist Landrat Tino Schomann von der CDU zurück, in der »Nähe von Neonazis« zu stehen. »Es ist eine gezielte Diskreditierung staatlichen Handelns und überschreitet jede rote Linie.« In einem Beitrag des NDR  von Samstag kündigte er an, Aussagen von Campino und von der Veranstalterin des Festivals prüfen lassen zu wollen. »Natürlich ist die Meinungsfreiheit, gerade auf einer Versammlung, ein hohes Gut, aber sie kennt auch Grenzen. Und das wird entsprechend zu bewerten sein.«

Was eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD angeht, sagt Schomann im NDR-Beitrag: »Es ist mir im Kreistag vollkommen egal, welche Fraktion meinen Anträgen der Kreisverwaltung zustimmt, solange sie die Mehrheit finden. Denn meine Anträge sind gut.«

Streit um behördliche Auflagen vor dem Festival

Der Konflikt hat ein länger andauerndes Vorspiel. Das Künstlerehepaar Birgit und Horst Lohmeyer organisiert das Festival seit 2007, es will sich damit gegen Anfeindungen von Rechtsextremisten im Dorf wehren. Auf ihrer Website  schreiben sie, das Festival solle »den Nazis demonstrieren, dass ihnen ›demokratischer Gegenwind‹ entgegenbläst«. Dafür bekamen die Lohmeyers in der Vergangenheit wiederum Gegenwind, 2015 etwa setzten Unbekannte ihre Scheune in Brand .

Nachdem die Gemeinde Gägelow in diesem Jahr erstmals eine Pacht für Festivalflächen verlangte, meldeten die Lohmeyers ihre Veranstaltung laut Medienberichten als politische Versammlung an. Damit war der Landkreis zuständig, der in der Folge verschiedene Auflagen für die Versammlung anordnete, etwa Bestimmungen zu den Festivalordnern als auch ein Glasflaschen- und ein Alkoholverbot. Die Lohmeyers klagten gegen die Auflagen – das Oberverwaltungsgericht Greifswald bestätigte sie weitgehend, aber kippte das Alkoholverbot.

In einem Interview mit dem Magazin »Edition F«  sagte Birgit Lohmeyer, man wisse seit Jahren, dass rechtsextreme Kräfte wieder das Land übernehmen wollten. »Mittlerweile haben es Vertreter dieses Spektrums geschafft, in wichtige Verwaltungsstellen und Gerichte zu gelangen. Von dort aus führen sie ihren sogenannten Kulturkampf weiter, um ihre ideologischen Ziele durchzusetzen.« Dem NDR  sagte sie, das Verhalten der Behörden sei »augenscheinlich Verhinderungstaktik« ihrer Veranstaltung.

In den vergangenen Jahren waren bei dem Festival Bands wie Die Ärzte, die Fantastischen Vier oder Kraftklub aufgetreten. Die Veranstalter halten das Line-up für gewöhnlich bis unmittelbar vor den Auftritten geheim, damit das Publikum nicht vor allem wegen der bekannten Künstler, sondern für die politische Botschaft kommt.

Ehepaar Birgit und Horst Lohmeyer: Den Nazis demokratischen Gegenwind entgegensetzen

Foto: Markus Scholz / dpa

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