Jeder Herbst ist ein Anfang

An einem der letzten Tage der Sommerferien war ich mit meiner Tochter im Freibad. Wir schwammen eine Bahn. Als ich auftauchte, segelte ein gelbes Blatt vom Baum neben dem Becken und landete auf der Wasseroberfläche vor uns.

Es wird Herbst, dachte ich. Wir waren erst wenige Tage zuvor braun gebrannt aus dem Sommerurlaub zurückgekommen. Jetzt sehe ich überall die Zeichen: Unter den Fahrradreifen knacken Eicheln beim Darüberfahren. Die Luft riecht morgens nach September. Und meine To-do-Liste wächst.

Der ganze Spätsommer fühlt sich für mich immer nach Neuanfang an – mehr wie Silvester und Jahresbeginn. Nach den Sommerferien ordnen wir das Familienleben neu, denn im September bleibt nichts beim Alten, auch nicht bei uns. Meine Tochter startet ihr letztes Grundschuljahr. Mein Sohn stand diese Woche mit der Schultüte auf dem Pausenhof und klammerte sich an meine Hand. Und der Jüngste geht jetzt ohne Windel in seine Kitagruppe.

Mit dem Start ins Schul- und Kitajahr gibt es neue Routinen und endlose Termine, die in den Kalender wandern: Elternabend, Herbstbasar, Gartentag, Karatetraining, Mathematikwettbewerb, Kinderturnen. Dazu die Zettel: »Wer kann Eierkartons mitbringen?«, »Wir suchen noch einen Kassenwart!« und »Denken Sie jetzt schon an die Kostüme für die Weihnachtsaufführung!«.

Manche Aufgaben mag ich mehr als andere. Zu meinen liebsten Einkäufen gehören die Sachen für den Schulstart. Angespitzte Buntstifte, saubere Turnbeutel und leere Schulhefte mit glatten weißen Seiten. Neue Hausschuhe, die am Ende des Jahres zerschlissen sein werden.

Jeden Herbst ist zwar nur ein Jahr vergangen, trotzdem fühlt es sich nach so viel mehr an. Jeder Anfang ist auch ein kleines Ende, ein wenig wehmütig werde ich schon, wenn eine Phase vorbei ist. Plötzlich sind die Kinder größer, älter, selbstständiger. Keine Windeln mehr kaufen, das kleine Fahrrad wegstellen – mir geht das auch beim dritten Kind alles viel zu schnell.

Welches Ende haben Sie bei Ihren Kindern bedauert? Schreiben Sie an familiennewsletter@.de . Einige Ihrer Antworten wollen wir auf SPIEGEL.de veröffentlichen, auf Wunsch auch anonym.

Buchtipp der Woche

Wir haben in den Ferien »Sommer auf Solupp« vorgelesen. Annika Scheffel erzählt darin die Geschichte von Mari, Kurt und Bela, die ihre Sommerferien auf einer winzigen, abgelegenen Insel verbringen, ohne Handyempfang und weit weg von ihrem gewohnten Alltag. Dabei treffen sie auf die ungewöhnlichen Inselbewohner, erkunden die Natur und erleben Abenteuer, die sie für immer verändern. Die Insel ist fiktiv, aber beim Lesen wünscht man sich, es gäbe sie wirklich. Was ich besonders mochte: Die Familie in dem Buch ist nicht perfekt, aber gerade deswegen sehr echt.

Meine Lesetipps

  • Es geht nicht nur den Kindern so, die Erwachsenen leiden auch mit. »Vorbei das Ferienvergnügen. Jetzt beginnt der schwierige Teil: der Wiedereintritt in die Alltagsatmosphäre« , schreibt meine Kollegin Eva Lehnen über die Zeit nach den Sommerferien. Sie fragt sich: Wie schafft man es, sich Leichtigkeit und Erholung zu erhalten? Ihr Fazit fällt nüchtern aus: Nach dem Urlaub ist nach dem Urlaub.

  • Laut Statistischem Bundesamt wurden 2024 etwa 129.000 Ehen geschieden. Von diesen Scheidungen waren etwa 100.000 Kinder betroffen. Julius Fischer war früher selbst Trennungskind, heute ist er Vater und schreibt Texte für die Elternkolumne. In der neuesten geht es darum, wie Elterntrennungen  die Familie durcheinanderwirbeln, mit Humor und Feinsinn, die bei diesem Thema oft fehlen.

  • In dieser Woche ist der neue DEIN SPIEGEL erschienen. Dieses Mal geht es um das Wettrennen zum Mond: Warum wollen Europa, die USA und China Menschen auf den Mond schicken – und was ­wollen die eigentlich da? Das Nachrichtenmagazin für Kinder erklärt, wie die Reise durch das Weltall funktioniert und wie Astronautinnen und Astronauten für ihren Einsatz trainieren. Das Heft gibt es am Kiosk.

Mein Moment

Meine Kollegin Julia Stanek schrieb vor einigen Wochen darüber, warum sie gern mit mehreren Generationen in den Urlaub fährt. Leser Torben Kuschel teilte daraufhin seine Erinnerungen an Ferien mit Oma und Opa:

»Schon als Kind durfte ich viele wunderschöne Reisen mit meinen Großeltern väterlicherseits unternehmen – vor allem nach Mallorca. Ich erinnere mich noch gut daran, wie meine Großmutter mit mir am Strand Muscheln sammelte und mich liebevoll beschäftigte, wenn meine Eltern einmal andere Pläne hatten. Diese Momente sind mir bis heute in lebhafter Erinnerung geblieben, obwohl sie schon 20 Jahre zurückliegen. Leider ist meine Großmutter auch wenige Jahre später verstorben.

Später habe ich regelmäßig mit meinen Großeltern mütterlicherseits Urlaub gemacht, oft gemeinsam mit meiner Tante und meinem Onkel. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir ein Urlaub an der Mosel, bei dem auch mein Großonkel und meine Großtante mit dabei waren. Eines Abends spielten wir alle gemeinsam eine Runde Uno. Meine Schwester, meine Großeltern, mein Großonkel, meine Großtante und ich. In dieser Runde musste ich zwölf Karten auf einmal ziehen – eine Szene, über die wir alle herzhaft gelacht haben und die meine Schwester bis heute gern aufgreift. Dieser Moment gehört zu den besonders kostbaren Erinnerungen an unsere gemeinsamen Reisen.«

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Herzlich
Ihre Antonia Bauer

Blatt vorm Kopf: »Der ganze Spätsommer fühlt sich für mich immer nach Neuanfang an – mehr wie Silvester und Jahresbeginn« (Symbolbild)

Foto: nicoletaionescu / Getty Images

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