Warum die Zahl der Krebsfälle weltweit steigen wird

Die Zahl der weltweiten Krebsneuerkrankungen wird sich einem großen Report zufolge bis Mitte des Jahrhunderts stark erhöhen. Sie steige von 18,5 Millionen Fällen 2023 auf 30,5 Millionen 2050, schreibt ein Team im Fachjournal »The Lancet« . Allerdings hat das hauptsächlich mit der Alterung der Gesellschaften zu tun, denn ältere Menschen haben ein höheres Risiko für Krebserkrankungen. Rechnet man den Einfluss des Alters heraus, so dürfte die Sterblichkeit bei Krebserkrankungen gemäß der Prognosen von 2024 bis 2050 weltweit sogar um mehr als fünf Prozent sinken.

Fast 42 Prozent der 10,4 Millionen Krebstodesfälle im Jahr 2023 lassen sich mit Faktoren erklären, die potenziell verändert werden können, berichtet die internationale Forschungsgruppe. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzten Methoden des Projekts »Global Burden of Disease« (weltweite Krankheitslast), um Schätzungen für den Zeitraum von 1990 bis 2023 vorzunehmen. Sie erstellten zudem eine Prognose für die weitere Entwicklung von 2024 bis 2050.

Mehr Neuerkrankungen in ärmeren Ländern

Die Entwicklung war bislang weltweit sehr unterschiedlich: Im Zeitraum von 1990 bis 2023 sank die altersstandardisierte Zahl der Krebsneuerkrankungen in Ländern mit hohem Einkommen um 3,4 Prozent, in Ländern mit höherem mittlerem Einkommen um 8,8 Prozent. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Zahl der Fälle in Ländern mit niedrigerem mittlerem Einkommen um 28,6 Prozent und in Ländern mit niedrigem Einkommen um 23,6 Prozent.

»Krebs trägt weiterhin erheblich zur globalen Krankheitslast bei und unsere Studie zeigt, dass er in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich erheblich zunehmen wird, mit einem überproportionalen Wachstum in Ländern mit begrenzten Ressourcen«, sagte Studienautorin Lisa Force von der University of Washington in Seattle (US-Staat Washington).

Der größte Risikofaktor, der verändert werden kann, ist in den meisten Ländern der Tabakkonsum: Ihm wurden 21,4 Prozent der Todesfälle durch Krebs zugeordnet. In Ländern mit niedrigem Einkommen birgt ungeschützter Sex das größte Risiko, vor allem weil dabei Humane Papillomviren (HPV)  übertragen werden können, die Gebärmutterhalskrebs verursachen.

In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) die HPV-Impfung für Mädchen und Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren. Nach einer kürzlich im Fachblatt »Eurosurveillance« erschienenen Studie  ist die Impfung gegen HPV sehr effektiv.

Geringere Sterberate in Deutschland

In Deutschland führen die folgenden fünf Krebsarten geschlechterübergreifend am häufigsten zum Tod: Lungenkrebs, Darmkrebs, Brustkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs und Prostatakrebs. Von 1990 bis 2023 ist die altersstandardisierte Anzahl der Krebsneuerkrankungen pro Jahr laut Studie zwar um 3,3 Prozent gestiegen: 1990 lag die Inzidenz noch bei 317,4 Fällen auf 100.000 Einwohner, sie erhöhte sich dann auf 328 Fälle. Doch die Sterberate hat sich in dieser Zeit um 24,9 Prozent verringert. In diesem Rückgang schlagen sich die verbesserten Vorsorge- und Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland nieder.

In einem Kommentar, ebenfalls in »The Lancet«, nennen Qingwei Luo und David Smith von der University of Sydney als größte Stärke der Studie den umfassenden globalen Ansatz und die systematische Analyse. Als Schwäche werten sie die mangelnde Datenqualität und -verfügbarkeit in vielen Ländern.

»Vier von zehn Krebstodesfällen sind auf etablierte Risikofaktoren wie Tabakkonsum, schlechte Ernährung und hohen Blutzucker zurückzuführen; daher bieten sich den Ländern enorme Möglichkeiten, diese Risikofaktoren gezielt zu bekämpfen, Krebserkrankungen vorzubeugen und Leben zu retten«, sagt Co-Autor Theo Vos, Emeritus der University of Washington.

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