Herrlich herbstlich!

Der Oktober boomt. Bei urlaubenden Menschen wird er immer beliebter – auch weil die Preise immer attraktiver werden.

Wen wundert es? Zu Hause begleitet den Monat, in dem der Herbst offiziell längst begonnen hat, ein gewisser Abschiedsschmerz. Vorbei sind die langen, lauen Sommerabende, die krachend bunten Farben in Gärten und Parks, das leichte Draußenleben. Auch wenn sich jetzt wunderschön goldene Laubtöne vor den Fenstern und im Wald einschleichen, so ganz bin ich nicht bereit für die anstehenden Wollpullover- und Regenjackenmonate. Jetzt noch mal die letzten milden Tage genießen, jetzt noch mal weg! Wie schön wäre das.

Unsere Leserin Sylvia Meng aus Roßdorf bei Darmstadt macht dies seit 40 Jahren. Sie verbringt den Frühherbst in Plakias im Süden Kretas. Früher noch ein Geheimtipp, sei der Ort inzwischen zwar das Ziel vieler deutscher Touristen, schreibt sie. »Trotzdem findet man auf der Südseite der griechischen Insel noch viele kleine beschauliche Orte, wo man sich herrlich entspannen kann.«

Die Zahlen, die den Herbstboom belegen, finde ich beeindruckend: Vergleicht man, wie viel Geld Urlauber und Urlauberinnen für Oktoberreisen 2019 und 2025 ausgegeben haben, ergibt sich ein Plus von mehr als 75 Prozent. Nimmt man dagegen die gesamte Sommersaison, ist es nur ein Plus von 28 Prozent – ein Zeichen, dass auch mehr Menschen im Oktober unterwegs sind und entsprechend Geld ausgeben.

Ermittelt haben dies die Expertinnen und Experten von Travel Data + Analytics, die dafür die Buchungsstände vom Juli auswerteten. Die Datenanalysten sind überzeugt: Der Oktober hat sich zu einer echten Reisealternative entwickelt.

Und Vorteile hat so ein Herbsturlaub. Na klar, in Spanien, der Türkei und Griechenland etwa kann es immer noch herrlich warm sein, zugleich sind die beliebtesten Orte dort weniger überlaufen. Unterkünfte und Flüge sind billiger als in den Sommermonaten, in denen die Preise zuletzt noch mal kräftig angestiegen sind. Wer flexibel ist, findet herbstliche Rabatte. Zum Beispiel jene, die ihre freie Zeit ohne Kinder oder abseits der Ferien verplanen können, eventuell für die zweite, vielleicht kürzere Reise des Jahres. Familien mit schulpflichtigen Kindern haben es schwerer, da die Touristiker dann die Preisschraube festgedreht halten.

Für mich hat ein Herbsturlaub einen zusätzlichen Reiz. Jetzt müssen nicht mehr die großen Urlaubsträume erfüllt werden, Zeit ist jetzt für jene Dinge, die sonst zu kurz kommen: für Hobbys, für Kulturausflüge oder den Trip mit Freunden. So war ich gerade für eine Woche zum Zeichnen in Istanbul. Andere machen sich auf zur Motorradtour mit den Kumpels, andere wandern ohne Gepäck durch Liechtenstein, arbeiten sich in einem dänischen Ferienhäuschen durch einen Bücherstapel oder ziehen sich für ein Yoga-Retreat zurück. Herrlich herbstlich.

Wie gestalten Sie den Urlaub im Herbst? Nehmen Sie die meisten Urlaubstage in den Sommermonaten oder in der Nebensaison? Wohin sind Sie unterwegs? Erzählen Sie uns von Ihren herbstlichen Reisen und besonderen Aktivitäten in einer Mail an reise.leserpost@.de . Einige Ihrer Tipps möchten wir gern auf SPIEGEL.de veröffentlichen.

Was kann der Herbst? Meine Lesetipps

  • Wem angesichts der Vielfalt der Möglichkeiten die wirkliche Inspiration für eine Auszeit im Oktober oder November fehlt, kann seinen »Herbstreisetyp« herausfinden. Bei unserem Klick-Test entscheiden Sie : Wollen Sie lieber an einer Küste in Südfrankreich entlangwandern oder in die Chemnitzer Oper gehen? Erkunden Sie gern die Kathedralen von Saragossa, oder begeben Sie sich lieber auf Nordlichterjagd in Norwegen?

  • Wieso verfärbt sich das Laub – und wann und wo am schönsten? Das hat unsere Autorin Lea Brelage die Agrarmeteorologin Bianca Plückhahn vom Deutschen Wetterdienst (DWD) gefragt. Der Deutsche Wanderverband hat kurze und weite Wanderwege in den schönsten Herbstwäldern Deutschlands beigetragen, Tipps gibt es auch für Österreich und die Schweiz. Ob auf dem Urwaldsteig Edersee in Hessen oder dem Wilden Kaiser – hier wird’s bunt .

  • Und wenn es doch Kanada mit Laubfärbung sein soll, hat Ole Helmhausen einen besonderen Tipp für Sie: Er war unterwegs im Norden British Columbias, in einer teils industriell geprägten Landschaft, die dennoch wild und schön sein kann .

  • Ein ganz besonderer Ort ist die Hamburger Insel Neuwerk in der Nordsee, die ich kürzlich besucht habe. Immer weniger Menschen sind dort gemeldet, der Stadtteil im Watt droht auszusterben. Jetzt hat der Senat der Hansestadt beschlossen, dem Stillstand mit einigen Millionen Euro zu begegnen. Was ist auf dieser Insel passiert, die für ihre Ruhe so geliebt wird?  Noch bis Ende Oktober fährt die Fähre ab Cuxhaven hinüber, solange bleiben die Hotels dort geöffnet.

Hingucker – das Bilderrätsel

Halloween naht! Die einen lieben es als orangenes Gruselfest und haben Spaß am »Süßes oder Saures«-Klingelterror. Die anderen sind einfach nur genervt vom Konsumrausch. Die Bräuche, die in der Nacht vor Allerheiligen zelebriert werden, haben sich längst von den USA aus gen Europa verbreitet – und im Rest der Welt. In welchem Land wartete wohl diese Verkäuferin vor ihrem Skelett-geschmückten Laden? Die richtige Antwort finden Sie am Ende des Newsletters.

Reiseträume – unsere Frage, Ihre Antwort

Wo zieht es Sie hin im Spätsommer, haben wir Sie gefragt. Und Leser Julien Brühl aus Berlin schrieb uns von einem Ziel in der Nordsee, das sich auch großartig für Oktobertage eignet. Hier sind seine Tipps:

»Amrum ist Kult. Sogar Regisseur Fatih Akin hat der Insel einen Film gewidmet, der am 9. Oktober in die Kinos kommt. Die Insel ist einfach und umweltfreundlich zu erreichen, mit dem Zug nach Dagebüll und dann mit der Fähre über die Nordsee. In vielen der Dörfer lassen sich Fahrräder ausleihen, mit denen man die Insel erkunden kann. Die flache Topografie der Insel macht das Radfahren besonders leicht, auch wenn einem mal ein stärkerer Wind ins Gesicht bläst. Die richtige Kleidung gehört daher immer dazu.

Wer es ruhiger angehen möchte, kann einen Spaziergang auf den Dünen oder sogar eine Tageswanderung unternehmen. Die Natur strahlt eine enorme Ruhe aus. Im Spätsommer ist der Kniepsand, Europas breitester Badestrand, besonders schön und noch entspannter als sonst. Die Spannung, ob das Wetter mitspielt, macht den Reiz aus. Eine Kaffeepause ist überall möglich, und so hektisch, wie ich es etwa auf Sylt erlebt habe, ist hier nicht. Mein Lieblingsort dafür ist das Friesen-Café in Nebel . Abends ist die Kneipe Blaue Maus  in Wittdün noch immer beliebt.«

Hier gibt es Futter – für Kopf und Bauch

Gute Bücher und gutes Essen machen satt und glücklich. Wer den Kochlöffel schwingt, kann sich einen duftenden Hauch Urlaub in die Wohnung holen. Daher begleitet hier ein Rezept aus der Türkei einen Buchtipp über Istanbul – auch ein perfektes Oktoberziel.

Für den Kopf: In einer kleinen Buchhandlung im Viertel Karaköy liegt gleich am Eingang dieses großformatige Buch: »Monday to Sunday – Istanbul«. Ich kann gar nicht aufhören, durch die 360 Seiten zu blättern und mich festzulesen. An jeden Wochentag entführt es die Leserin in andere Viertel, vom Morgen bis in den Abend. An einem Tag etwa geht es zum Frühstück mit der Fähre vom europäischen Teil der Stadt in die asiatischen Viertel Kadıköy und Moda. Die Fotos preisen Kastanien und Muscheln auf der Straße an, Murals an Häuserwänden und ein Kulturzentrum in einem alten Gaswerk.

Herausgegeben haben dieses Reisebuch die frühere Chefredakteurin der »Vogue Turkey«, Seda Domaniç, und der Chef des Reiseveranstalters Istanbul Tour Studio, Sinan Sökmen – und das merkt man: Wie ein Magazin gestaltet und konzipiert, versammelt das Buch eine Masse an Reisetipps. Und was es dabei so aktuell und spannend macht – die fünfte aktualisierte Ausgabe erschien im Dezember 2024 –, sind die vielen Interviews mit Istanbulerinnen und Istanbulern. Köche, Designerinnen, Künstler, Journalistinnen und viele mehr erzählen über sich, beschreiben die Stadt aus ihrer Sicht und schlagen Erkundungsrouten vor.

Ein paar Tage später liegt es zu Hause in Hamburg und versetzt mich mit seinen großartigen Fotos gleich wieder zurück in diese vielfältige, bunte, lebendige Stadt am Wasser. Grund genug, wieder einen Flug nach Istanbul zu buchen. Auch wenn es viele der aufgeführten Läden, Bars, Cafés und Restaurants in diesem schnelllebigen Ort vielleicht nicht mehr geben sollte, hat das Buch für mich kein Verfallsdatum.

Für den Bauch: Während meiner Istanbul-Tage sind mir Fellah Köfte nicht auf einer Karte begegnet, der Geschmack und Duft von Harissa, Kreuzkümmel und Zimt aber sehr wohl. Kochbuchautorin Verena Lugert hat ihre Version der vegetarischen Bulgurbällchen ersonnen.

»Bulgur ist eine der ältesten Zubereitungen für Weizen«, so schreibt sie, »er wird schon in der Bibel unter dem Namen Arisah erwähnt und wurde schon vor Jahrtausenden in Vorderasien verwendet.« Bis heute sei er eine der wichtigsten Beilagen im Nahen Osten. Begleitet werden die scharfen Köfte von einem Knobi-Joghurt-Dip und einer Knobi-Tomatensoße. Wie’s geht, verrät sie hier.

Mit einem leichten Kreuzkümmel-Duft in der Nase wünsche ich Ihnen viel Spaß bei Ihren Herbsterkundungen, beim Schmökern und Nachkochen und immer: viel Reiseglück! Bis zum nächsten Mal!

Ihre Antje Blinda

* Auflösung des Bilderrätsels: Die Verkäuferin mit Handy sitzt vor einem Laden in der Straße Hàng Mã in Vietnams Hauptstadt Hanoi. Die Straße ist laut Wikipedia seit mehr als 500 Jahren bekannt für den Verkauf von Opfergaben aus Papier. Nun ist auch quietschorangener Schmuck für ein Fest im Angebot, das hauptsächlich in den USA gefeiert wird.

Kloster Preveli bei Plakias auf Kreta: Leserin Sylvia Meng verbringt seit 40 Jahren ihren Urlaub auf der Insel

Foto:

Fotografie Lisa + Wilfried Bahnm / imagebroker / IMAGO

Leuchtturm von Neuwerk: Viel Watt, viel Deich, viel Ruhe

Foto: Dieter Mendzigall / IMAGO

Hingucker: Ein Bild zum Rätseln

Foto:

Nhac Nguyen / AFP

Amrum: Weniger hektisch als Sylt, findet Leser Brühl

Foto: Rico Ködder / Depositphotos / IMAGO

Istanbul am Morgen

Foto: Marius Becker/dpa

Verwandte Artikel

Next Post