Eine Runde weitergewürgt

Ein Dosenöffner namens Maodo Lô: Es lief das dritte Viertel im Achtelfinale gegen Portugal, das Spiel war knapp, die deutsche Offensive stockte. Dann kam Maodo Lô, traf einen Dreipunktwurf, den zweiten überhaupt erst für Deutschland an diesem Tag, und das bei 25 Versuchen. Deutschland führte anschließend 47:43, Portugal kam noch mal kurz nahe, aber auch im vierten Viertel traf Lô weiter. Der gebürtige Berliner, in der Vorbereitung angeschlagen, ist oft der erste Ersatz für Kapitän Schröder. Dieses Mal wurde er zum wichtigsten deutschen Spieler. »Er war unser Held heute«, sagte Schröder über Lô, der das Spiel mit zwölf Punkten und vier verwandelten Dreiern beendete.

Ergebnis: Die deutschen Basketballer besiegen Portugal im EM-Achtelfinale 85:58 und ziehen ins Viertelfinale ein. Das Ergebnis klingt klarer, als es war, zur Pause lag Deutschland noch 31:32 hinten. Topscorer im deutschen Team waren Schröder und Franz Wagner mit je 16 Punkten.

Erstes Viertel: Zum ersten Mal startete die deutsche Mannschaft schlecht in ein Spiel. Von den ersten fünf Dreipunktwürfen war nur einer erfolgreich, im deutschen Spiel schlichen sich bisher unbekannte Fehler ein. Auch, weil Portugals Defense sich voll auf Spielmacher Dennis Schröder fokussierte, der nicht richtig in seinen Rhythmus fand. Deutschland führte nach dem ersten Abschnitt dennoch, weil bei Portugal nur NBA-Spieler Neemias Queta von den Boston Celtics Gegenwehr leistete. 17:12 führte das deutsche Team.

Angespannt: Das ist nicht der Anspruch der deutschen Mannschaft, die bei Buchmachern nach fünf überzeugenden Siegen in der Vorrunde als Topfavorit auf den Titel gilt. Man sah den Spielern die Unzufriedenheit an. Kurz vor Ende des ersten Viertels saßen Dennis Schröder und Franz Wagner, die beiden Topstars, gemeinsam auf der Bank. Beide gestikulierten und diskutierten, vielleicht schimpften sie auch ein wenig. In der spärlich besetzten Halle von Riga war es zwar nicht allzu laut, Bankgespräche konnte man aber nicht belauschen.

Zweites Viertel: Nur: Besser wurde trotz der laufenden Fehleranalyse nichts. Das deutsche Spiel stockte. Wagner verpasste mal einen einfachen Korbleger, selbst der sonst so robuste Isaac Bonga wurde teils aus der Zone unter dem Korb gedrängt. Deutschland nahm eine Auszeit, direkt danach verlor Schröder den Ball im Dribbling. Dann bekam Wagner nach einem Fehler der Portugiesen den Ball, mit langen Schritten lief er Richtung Korb, dunkte, die deutschen Spieler jubelten. Doch auch die Szene taugte nicht zum Turnaround. Danach gingen die Fehler weiter, das DBB-Team holte kaum Rebounds, wirkte kraftlos und lag zur Pause 31:32 hinten.

Mehr Außenseiter geht kaum: Dass Deutschland solche Probleme haben wird, kam einer kleinen Sensation gleich. Nicht nur wegen der starken Leistungen zuvor, sondern vor allem wegen des Gegners. Portugal ist keine Basketballnation. Das Team ist zum ersten Mal bei einer EM-Endrunde dabei. Nur Neemias Queta spielt in der NBA, und da auch nur eine kleine Rolle. Der Rest des Kaders ist teils in der zweiten spanischen Liga angestellt. In der Vorrunde überzeugte das Team dennoch mit starker Defense, auch gegen Serbien. Aber vorn klappte fast nichts, Portugal kam knapp als Vierter weiter.

Plan aufgegangen: »Wir gehen davon aus, dass Portugal versucht, das Spiel langsam zu machen. Die Gefahr ist, dass man sich davon einlullen lässt und wir nicht unser Spiel spielen«, sagte Trainer Alan Ibrahimagic am Tag vor dem Achtelfinale. Und was soll man sagen? Genau so kam es.

Drittes Viertel: Portugal schaffte es mit viel Leidenschaft, Deutschland auf ein überschaubares Niveau herunterzuziehen. Nichts war zu sehen von der traumhaft orchestrierten Offense aus der Gruppenphase. Deutschland kam nicht ins Rollen, Portugal blieb dran, führte zwischendurch sogar mal 40:39. Die deutsche Offense traf weiter kaum Würfe. Erst der Dreier von Lô sorge für einen Stimmungsumschwung. Nach zwei Punkten von Schröder von der Linie führte Deutschland 49:43, brach dann aber wieder ein. Mit einer knappen 52:51-Führung ging es ins letzte Viertel. Eine Sensation lag in der Luft.

Viertes Viertel: Die blieb dann aber aus, Deutschland fand gerade noch rechtzeitig zu seinem Spiel zurück. Was vor allem an Lô lag, der mit seinen verwandelten Dreiern die Führung kontinuierlich ausbaute. An ihm richteten sich auch die anderen auf, plötzlich lief das Spiel auch bei Tristan da Silva wieder. Und weil auch die Defense die dann doch sehr limitieren Portugiesen ernster nahm (Portugal schaffte nur sieben Punkte im Schlussviertel), wurde es am Ende deutlich.

Hier kommt Álex: Zum ersten Mal bei dieser EM stand der deutsche Bundestrainer Álex Mumbrú wieder an der Linie. Er lag lange mit einer Baucherkrankung im Krankenhaus, mittlerweile geht es ihm besser, am Freitag leitete er wieder das Training. Während des Spiels teilte er sich die Aufgaben mit Vertreter Ibrahimagic, noch reichen die Kräfte des Spaniers nicht, um das ganze Spiel an der Seite zu coachen. »Wir wissen, was er durchgemacht hat und sind froh, dass er wieder da ist«, sagte Schröder.

So geht’s weiter: Das DBB-Team hat nun einige Tage frei, das Viertelfinale steigt erst am Mittwoch. Gegner ist der Sieger des Duells zwischen Slowenien und Italien, das Spiel steigt am Sonntag. Eine Leistung wie über weite Teile gegen Portugal würde wohl das Aus bedeuten, aber dem Team ist zuzutrauen, dass es das weiß.

Lô und Obst beim Jubeln

Foto: Tilo Wiedensohler / camera4+ / IMAGO

Nicht zufrieden: Dennis Schröder

Foto: Stefanos Kyriazis / ZUMA Press Wire / dpa

Álex Mumbrú stand wieder phasenweise an der Seite

Foto: Beautiful Sports / Wunderl / IMAGO

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