Im Raum stehen mögliche Verstrickungen mit der Mafia, illegale Pokerrunden und Wettbetrug: Bereits 34 Personen sind im Zusammenhang mit dem Glücksspielskandal in der nordamerikanischen Profibasketballliga NBA festgenommen worden. Aber es geht nicht nur um einen Kriminalfall, das Geschehen hat auch eine politische Dimension. Debattiert wird über einen möglichen Rachefeldzug der Trump-Regierung.
Darum geht es – der Sportwettenskandal
Genau genommen enthält der Fall zwei verschiedene Ermittlungsstränge des FBI, die sich teilweise überschneiden. Bei der sogenannten Operation »Nothing But Bet« geht es übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge um verbotene Sportwetten. Spieler und Mittelsmänner sollen von Insiderinformationen über bevorstehende Matches profitiert haben. Im Fokus der Ermittlungen stehen sieben Spiele aus der Zeit von März 2023 bis März 2024, sechs Personen werden verdächtigt.
Unter Verdacht steht beispielsweise Terry Rozier, heute Profi bei Miami Heat. In seiner Zeit bei den Charlotte Hornets soll Rozier beispielsweise am 23. März 2023 ein Spiel wegen einer vorgetäuschten Verletzung vorzeitig verlassen haben. Zuvor waren den Ermittlungen zufolge hohe Wetten darauf platziert worden, dass Rozier eine bestimmte Punktzahl nicht erreicht. Auch der Ex-Spieler und -Trainer Damon Jones steht unter Verdacht. Er soll im Jahr 2023 Zugang zum Team der Los Angeles Lakers gehabt haben und die Information verkauft haben, dass ein prominenter Spieler des Teams zu einem Spiel nicht antreten könne. Der Name des Spielers geht aus den Akten nicht hervor, allerdings zeigen Spielberichte, dass Lakers-Star LeBron James am besagten Abend am 9. Februar 2023 mit Knöchelproblemen ausfiel.
Darum geht es auch – der Glücksspielskandal
Der zweite Ermittlungsstrang des FBI ist die sogenannte Operation »Royal Flush«. Hier geht es um illegale Pokerrunden, bei denen NBA-Prominente als Köder benutzt worden sein sollen, offenbar von mehreren Familien der Cosa Nostra – mit dem Ziel, andere Kartenspieler zu hohen Einsätzen zu locken. Prominentester Beschuldigter dürfte hier Chauncey Billups sein, als Spieler NBA-Champion, heute Coach der Portland Trail Blazers. Insgesamt drei Namen tauchen den Berichten zufolge in den Akten beider Fälle auf, darunter Damon Jones. In dem Fall der Wetten auf NBA-Spiele wird Billups zwar nicht namentlich genannt. US-Medienberichten zufolge passt aber die Beschreibung eines Mitbeschuldigten auf ihn.
Nach Ansicht der Ermittler überließ die Mafia bei den Pokerrunden nichts dem Zufall: Manipuliert wurde demnach mit Kameras, speziellen Kontaktlinsen, gezinkten Mischmaschinen und sogar einem Röntgenspieltisch. Der soll offenbar die verdeckten Karten gelesen haben können. Die Mischmaschine soll Karten erkannt und so markiert haben, dass Leute sie mit bestimmten Kontaktlinsen erkennen konnten. Außer den Opfern seien alle Beteiligten an den Runden über den Betrug eingeweiht gewesen. Mindestens 30 Personen sollen an den Betrugsrunden beteiligt gewesen sein.
Was sagt die NBA?
Die nordamerikanische Profiliga hatte zuletzt immer wieder mit schwächelnden Einschaltquoten zu kämpfen, ein groß angelegter Manipulationsskandal dürfte für sie zur Unzeit kommen. Entsprechend klar war eine erste Reaktion der NBA: Rozier und Billups seien »mit sofortiger Wirkung« von ihren Teams beurlaubt. »Wir nehmen diese Anschuldigungen mit äußerster Ernsthaftigkeit, und die Integrität unseres Spiels bleibt unsere oberste Priorität«, heißt es weiter.
Welche Rolle spielt FBI-Chef Kash Patel?
Die Operationen »Nothing But Bet« und »Royal Flush« stehen aber nicht nur für sich, sie n auch sinnbildlich die derzeitigen Verhältnisse in den Vereinigten Staaten wider. Das lässt sich unter anderem daran erkennen, wie hoch die US-Regierung das Thema hängt. So annoncierte Kash Patel die Festnahmen höchstpersönlich in einer Pressekonferenz. »Der Betrug ist unglaublich«, sagte der FBI-Direktor in deren Verlauf – und brachte dann die gesamte Profiliga damit in Verbindung . »Das ist die Insiderhandelsgeschichte der NBA schlechthin.«
Diese Aussagen riefen scharfe Kritik hervor. TV-Moderator Stephen A. Smith sagte im Sportsender ESPN , schon zuvor seien Sportler mit dem Gesetz in Konflikt geraten. »Aber man sieht nicht, dass der FBI-Direktor eine Pressekonferenz abhält. Das ist kein Zufall.« Anschließend deutete er an, dass es sich beim Vorgehen des FBI seiner Meinung nach um einen Rachefeldzug des US-Präsidenten gegen bestimmte Sportarten handeln könne -vielleicht treffe es als Nächstes die Frauenliga der NBA. »Seien Sie nicht überrascht, wenn die WNBA als Nächstes auf seiner Liste steht.« Dort habe es eine Menge Proteste gegen Trump gegeben. »Dieser Mann kommt«, sagte er mit Blick auf Donald Trump, ohne dessen Namen zu erwähnen.
Patel konterte daraufhin in dem Trump nahestehenden Sender Fox News , Smiths Tirade sei »das Dümmste, was ich je von jemandem in der modernen Geschichte gehört habe«. Zudem sagte er, die laufenden Ermittlungen in der NBA seien »nur der Anfang«.
Die Vorgeschichte: Trump und die NBA
Man tritt dem US-Präsidenten sicher nicht zu nahe, wenn man feststellt, dass er offensichtlich kein Freund der NBA ist. Schon in seiner ersten Präsidentschaft legte sich Trump regelmäßig mit Basketballgrößen wie LeBron James an, zudem war die Liga ein Zentrum der Black-Lives-Matter-Proteste .
Tatsächlich deutet nichts darauf hin, dass irgendetwas an den Ermittlungen in dem Fall inszeniert sein könnte. Und dennoch geschehen alle Dinge vor dem Hintergrund des derzeitigen politischen Klimas in den USA. So stammt von Trump, ebenfalls aus der ersten Präsidentschaft , der Satz, die NBA sei »zu einer Art politischer Organisation geworden – und das ist keine gute Sache«. Und wie Trump bisweilen mit politischen Gegnern umgeht, hat sich wahrscheinlich auch bis zur NBA herumgesprochen.
Terry Rozier im Trikot der Charlotte Hornets (am 3. März 2023)
Foto:Nell Redmond / USA TODAY Network / IMAGO
FBI-Direktor Kash Patel: »Das ist die Insiderhandelsgeschichte der NBA schlechthin.«
Foto:John Angelillo / UPI Photo / IMAGO