Neue Zahlen machen Hoffnung auf ein Ende der Krise am Wohnungsmarkt. Nach einer langen Durststrecke wurden im ersten Quartal des Jahres erstmals wieder mehr neue Wohnungen genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Die insgesamt 55.400 neuen Einheiten vom Einfamilienhaus bis zur Geschosswohnung bedeuten ein jahresbezogenes Wachstum um 3,4 Prozent, wie das Statistische Bundesamt berichtete.
Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sieht damit die Talsohle durchschritten, in die der Wohnungsbau durch steigende Zins- und Materialkosten gestürzt wurde. »Der Bau dürfte sich zwar weiter zunächst auf niedrigem Niveau bewegen, aber der Trend zeigt nun klar nach oben«, sagte der wissenschaftliche IMK-Direktor Sebastian Dullien. Gestiegene Kaufkraft und gesunkene Zinsen dürften dabei stützen.
Im ersten Quartal stieg allerdings nur die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser deutlich: Hier gab es ein Plus von 15,3 Prozent auf 10.600. Bei den Zweifamilienhäusern gab es dagegen einen Rückgang von 8,9 Prozent auf 3000 Genehmigungen. Bei der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart, den Mehrfamilienhäusern, stagnierte die Entwicklung nahezu: Hier wurden 28.800 Wohnungen genehmigt und damit zehn mehr als ein Jahr zuvor.
Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) zeigte sich zurückhaltend in seiner Bewertung. »Im Koalitionsvertrag ist ein umfangreiches Paket für den Wohnungsbau geschnürt«, sagte Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller. »Nun gilt es, das Konjunkturprogramm für den Wohnungsbau auch umzusetzen – es darf auf keinen Fall zu einer Hängepartie werden.«
Günstig auswirken könnten sich verbesserte Finanzierungsbedingungen: Baukredite seien in den letzten Wochen wieder etwas günstiger geworden, berichtete der Kreditvermittler Dr. Klein. Nach einem Höchststand von 3,4 Prozent im März sind die Sollzinsen für ein Modelldarlehen mit 10 Jahren Laufzeit aktuell auf 3,19 Prozent zurückgegangen.
Ein Berg von nicht realisierten Wohnungen
Im vergangenen Jahr war die Genehmigungszahl in Deutschland um knapp 17 Prozent auf den niedrigsten Stand seit 2010 gefallen. Die Behörden hatten gerade noch 215.900 neue Einheiten genehmigt. Allerdings gibt es auch noch einen Berg von rund 800.000 genehmigten und bislang nicht realisierten Wohnungen, den sogenannten Bauüberhang. Ein nicht unbeträchtlicher Teil könne zu den gegenwärtigen Bedingungen nicht finanziert werden, mutmaßt die Branche.
Mehr neue Wohnungen sind auch das erklärte Ziel der neuen Bundesregierung. Die neue Bundesbauministerin Verena Hubertz hat mit den Genehmigungszahlen schon vor ihrem Amtsantritt etwas Rückenwind erhalten. Die SPD-Politikerin hat für die ersten 100 Tage ihrer Amtszeit angekündigt, einen »Wohnungsbau-Turbo« anzuwerfen.
Unter dem Motto »Tempo, Technologie und Toleranz« will Hubertz Genehmigungsverfahren beschleunigen, moderne Bauweisen voranbringen und die Ausweisung von mehr Bauland ermöglichen.