Danke für den Fortschritt!

Als zuständiger Redakteur für Themen wie Archäologie und Geschichte stoße ich bei meinen Recherchen immer wieder auf Dokumente, die von der hohen Kindersterblichkeit in der Vergangenheit künden. Noch im späten 19. Jahrhundert starb mancherorts fast jeder zweite Mensch vor seinem fünften Geburtstag, oft an Krankheiten und Infektionen, die heutzutage aufgrund besserer Hygiene und Ernährung weitestgehend verschwunden sind oder sich leicht bekämpfen ließen.

Weil ich selbst zwei Töchter im Grundschulalter habe und mir nichts Schlimmeres vorstellen könnte als ihren Verlust, bin ich für keinen Fortschritt so dankbar wie für den in der Kindermedizin. Zu welch eindrucksvollen Leistungen Ärzte und Ärztinnen mittlerweile imstande sind, können Sie etwa im neuen Report von Anika Freier lesen.

Meine Kollegin berichtet vom kleinen Janosz, der sich zunächst prächtig entwickelte, dann aber im Alter von knapp sechs Monaten plötzlich nächtelang durchschrie. Die Ärzte tippten erst auf einen Wachstumsschub, der für manche Kinder sehr unangenehm sein kann. Doch dann wurde der Junge immer schwächer, nahm ab und wurde in einem Krankenhaus durchgecheckt. Eine Assistenzärztin entdeckte beim Abhören eine Unregelmäßigkeit, die zuvor niemandem aufgefallen war. Weitere Untersuchungen ergaben, dass Janosz unbedingt ein neues Herz brauchte, und zwar so schnell wie möglich.

In der Zeit, mit der ich mich beruflich am meisten beschäftige, hätte Janosz keine Überlebenschance gehabt; die Ärzte wären vollkommen ratlos gewesen, und die Eltern hätten allenfalls Trost im Gebet finden können. Doch der Fall des kleinen Jungen aus Berlin wäre nicht nur im Mittelalter und der frühen Neuzeit, sondern auch noch vor wenigen Jahren wahrscheinlich anders ausgegangen. Die Methode, nach der Janosz letztlich gerettet wurde, etabliert sich in vielen Staaten Europas gerade erst allmählich – und kommt einer Revolution in der Transplantationsmedizin nahe. Nur so viel sei verraten: Erwachsene würden den Eingriff nicht überleben .

Herzlich,

Ihr Guido Kleinhubbert

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Bild der Woche

Die Bempton Cliffs im englischen Yorkshire brauchen eigentlich keine Polarlichter, um schön auszusehen. Wenn das Himmelsspektakel sich aber zeigt, wird der Küstenabschnitt noch ein wenig fotogener, so wie am 2. September. Das Naturphänomen geht auf eine erhöhte Aktivität der Sonne zurück, die derzeit gemessen wird. Auch am Himmel über Deutschland wurden vergangenes und dieses Jahr etliche Male Polarlichter gesichtet. Es gibt Apps, die helfen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

(Feedback & Anregungen? )

Janosz mit seinen Eltern: Ein Fall, der wohl noch vor wenigen Jahren anders ausgegangen wäre

Foto: Lena Giovanazzi / DER SPIEGEL
Foto:

Mark Cosgrove / ZUMA Press / picture alliance

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