Der Riesensaurier, der wohl gern Krokodile fraß

In Patagonien haben Forschende die Überreste einer bisher unbekannten Art der Megaraptoren entdeckt. In der Lago-Colhué-Huapi-Formation der Provinz Chubut, Argentinien, fanden sie diverse Fossilien: einen Teil des Schädels sowie Arm-, Bein- und Schwanzknochen. Sie gehören zu »Joaquinraptor casali«, einem Raubsaurier, der in der späten Kreidezeit gelebt und gejagt haben soll – womöglich auch Krokodile.

Das nur teilweise erhaltene Skelett stammt aus der späten Kreidezeit und ist circa 70 bis 66 Millionen Jahre alt, wie ein Forscherteam im Fachmagazin »Nature Communications«  berichtet. Es zählt demnach zu den vollständigsten und jüngsten Funden eines Megaraptors weltweit.

Mit einer geschätzten Länge von rund sieben Metern und einem Gewicht von mehr als 1000 Kilogramm soll Joaquinraptor zu den Spitzenprädatoren seiner Zeit gehört haben. Benannt ist er nach Joaquín, dem Sohn des Erstautors Lucio Ibiricu, Paläontologe am Patagonischen Institut für Geologie und Paläontologie.

Krokodil als letzte Mahlzeit?

Nach jetziger Kenntnis waren Megaraptoren einst im heutigen Südamerika, Australien und Teilen Asiens weitverbreitet. Charakteristisch für diese Raubsaurier sind ihre langgestreckten Schädel und die beeindruckend großen, kräftigen Krallen.

Als das Team um Ibiricu an den Überresten arbeitete, bemerkten sie, dass ein Knochen, der zwischen den Kiefern eingeklemmt war, nicht zum Skelett gehörte: Es handelte sich vielmehr um den Knochen einer vorderen Gliedmaße eines Krokodilverwandten.

Es war ein derart bizarrer Fund, dass die Teammitglieder scherzten, der Dinosaurier sei »an einem Krokodilbein erstickt«, erzählte Matt Lamanna, Paläontologe am Carnegie Museum, der »New York Times« . »Wir glauben das zwar nicht wirklich, aber wir halten es auch nicht für völlig ausgeschlossen«, sagte Lamanna weiter, der die Studie mitverfasst hat.

Er ergänzte: »Entweder hat der Dinosaurier gerade an diesem Tier gefressen – oder die Natur spielt uns hier einen gewaltigen Streich.«

Erfolgreich bis zum Schluss

Abgesehen von Krokodilen könnten sich Joaquinraptoren laut den Forschenden von pflanzenfressenden Dinosauriern ernährt haben. Darunter könnten Jungtiere der riesigen, langhalsigen Titanosaurier gewesen sein, die die Region bevölkerten, aber auch Entenschnabel-Dinosaurier (Hadrosaurier) und möglicherweise weiteren Arten.

»Megaraptoren gehören zu den am wenigsten verstandenen Dinosauriern überhaupt«, sagte Ibiricu. Das früheste bekannte Mitglied dieser Linie lebte vor etwa 130 Millionen Jahren. Der aktuelle Fund zeigt, dass Megaraptoren bis zum Ende der Dinosaurierära – als vor 66 Millionen Jahren ein Asteroid die Erde traf – erfolgreich waren.

Bislang, sagte Ibiricu, waren die meisten Fossilien von Megaraptoren äußerst unvollständig, was das Wissen über ihr Aussehen, ihr Verhalten, ihre Ernährung und ihre Stellung im Stammbaum der fleischfressenden Dinosaurier stark einschränkte. Dass nun große Teile des Schädels von Joaquinraptor erhalten sind, liefert neue Erkenntnisse.

Untersuchungen von Rippen- und Beinknochen ergaben zudem, dass Joaquinraptor bei seinem Tod wahrscheinlich etwa 19 Jahre alt war – vermutlich bereits geschlechtsreif, aber womöglich nicht ausgewachsen.

Unterschiede zu T. rex

Der anatomische Unterschied zwischen Joaquinraptor und Tyrannosaurus, der zur gleichen Zeit in West-Nordamerika lebte, ist auffällig: Während T. rex durch einen massiven Schädel, riesige Zähne und winzige Arme geprägt war, hatte Joaquinraptor vermutlich lange Arme und gefährliche Klauen, die er bei der Jagd einsetzte.

»Das deutet darauf hin, dass diese beiden Linien räuberischer Dinosaurier unterschiedliche Anpassungen entwickelten, um letztlich dasselbe Ziel zu erreichen – nämlich andere Tiere, darunter Dinosaurier, zu fangen, zu überwältigen, zu töten und zu fressen«, sagte Lamanna.

Warum diese Gruppen verschiedene evolutionäre Wege eingeschlagen haben, bleibe ein Rätsel, sagte er weiter. Aber es zeige: »In der Kreidezeit gab es mehr als einen Weg, ein Spitzenprädator zu sein.«

Joaquinraptor-Knochen in der Ausgrabungsstätte

Foto: Marcelo Luna / AP

Ausgrabung in der Chubut-Provinz, Argentinien

Foto: Marcelo Luna / AP

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