In den kommenden 15 Jahren könnte es wegen des Klimawandels vorwiegend in Städten bestimmter Weltregionen zu extremer Wasserknappheit kommen. Zu diesen Regionen zählen primär der Mittelmeerraum, der Süden Afrikas und Teile Nordamerikas. Bis zum Jahr 2100 könnten 750 Millionen Menschen, davon 470 Millionen in Städten, von extremer Wasserknappheit betroffen sein.
Über diese Prognose berichten Vecchia Ravinandrasana und Christian Franzke von der Pusan National University in Busan, Südkorea, im Fachmagazin »Nature Communications« .
Extremfall Stunde-null-Dürre
Die Analysen stützen sich auf 100 Simulationen mit aktuellen Klimamodellen. Die Forschenden wollten herausfinden, wann in einer Region mit sehr großer Wahrscheinlichkeit – also zu mehr als 99 Prozent – zum ersten Mal eine »Stunde-null-Dürre« auftritt.
Dieser Begriff wurde 2018 geprägt, als die Stadt Kapstadt in Südafrika einen Rationierungsplan für Wasser für den Fall vorlegte, dass die Reserven in den Reservoirs im Laufe des Jahres aufgebraucht sein würden. Weil 2018 doch wieder mehr Regen fiel, musste der Plan nicht umgesetzt werden. Doch Ravinandrasana und Franzke gehen davon aus, dass es in dürreanfälligen Regionen früher oder später zu einer solchen Stunde-null-Dürre kommen wird.
Eine Stunde-null-Dürre sehen die Wissenschaftler als extremes Ereignis an, bei dem mehrere Faktoren über einen längeren Zeitraum zusammenkommen: geringe Niederschlagsmengen und hohe Verdunstung, geringe Wassermengen in Flüssen, nicht angepasste Wasserentnahmen durch den Menschen.
Diese Faktoren bezogen die Studienautoren durch Indizes mit Schwellenwerten in die Berechnungen ein, außerdem einen Index, der sich auf die Zeit bis zum Austrocknen von Stauseen bezieht. Dann führten sie die Simulationen in einem Szenario mit mäßigem Treibhausgasausstoß bis 2100 (im Fachjargon SSP2-4.5) und mit hohen Emissionen (SSP3-7.0) durch.
Hunderte Millionen Menschen in beiden Szenarien betroffen
Bei hohen Treibhausgasemissionen zeigten die Simulationen, dass in 35 Prozent aller Regionen mit einem großen Risiko für Dürren bereits innerhalb der kommenden 15 Jahre eine Stunde-null-Dürre auftreten wird. Betroffen sein werden der Süden Afrikas, Teile Nordamerikas – darunter Kalifornien und Texas – sowie der gesamte Mittelmeerraum. In Nordafrika würden auch Regionen weitab von der Küste in Mitleidenschaft gezogen werden.
Doch selbst bei niedrigeren Emissionen können die Forschenden keine Entwarnung geben. »Selbst wenn wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen, werden Hunderte Millionen Menschen weiterhin mit beispielloser Wasserknappheit konfrontiert sein«, wird Ravinandrasana in einer Mitteilung ihrer Universität zitiert.
Als besonders gravierend sehen Ravinandrasana und Franzke den Umstand an, dass die vorhandenen Wasserspeicher in den Ländern rund ums Mittelmeer schon bald nicht mehr ausreichen werden. »Unseren Berechnungen zufolge könnten aufgrund der zunehmenden Schwere des hydrologischen Stresses 14 Prozent der großen Wasserreservoirs bereits während ihrer ersten Stunde-null-Dürre-Ereignisse austrocknen, mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Lebensgrundlage der Menschen«, sagt Franzke.
Gefährdete Wasserspeicher gibt es demnach vor allem in Spanien, Griechenland, Türkei, Algerien und Marokko.
Wasserversorgung sichern
»Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist, dass in den Hotspots dieser Extremdürren, beispielsweise im Mittelmeerraum oder im südlichen Afrika, die Erholungsphasen zwischen den Dürren kürzer werden als die Dürren selbst«, sagte Rike Becker vom Imperial College London, die nicht an der Studie beteiligt war. Das bedeute, dass immer weniger Zeit bleibt, um Wasserspeicher wieder zu füllen, und dies sollte in zukünftigen Wasserspeicher- und Wasserversorgungsplänen berücksichtigt werden, betonte Becker.
Vergangene Woche hatten Forschende berichtet, dass der globale Wasserkreislauf zunehmend aus dem Gleichgewicht gerät . Extreme Trockenheit und heftige Überschwemmungen traten im Jahr 2024 laut dem Bericht »State of Global Water Resources« der Weltorganisation für Meteorologie oft gleichzeitig in verschiedenen Regionen auf, etwa in Südamerika, Afrika, Nordamerika und Europa. Eine Ursache ist der Klimawandel, der zu höheren Temperaturen und damit zu verstärkter Verdunstung und intensiveren Regenfällen führt.
Gletscher weltweit verlieren seit Jahren an Volumen, was die Wasserverfügbarkeit langfristig gefährdet. Die Autorinnen und Autoren des Berichts warnen, dass das, was früher als Ausnahme galt, heute vielerorts zur Regel geworden ist, und fordern einen effizienteren Umgang mit Wasser.
Indem Menschen Regenwasser nutzen, Wasser wiederverwenden, Speichermöglichkeiten ausbauen und effizienter mit Wasser umgehen, lässt sich dazu beitragen, die Versorgung zu sichern.