Der Mensch greift enorm in die Umwelt ein, verändert durch sein Handeln Ökosysteme und Lebensräume von Tieren. Das verändert auch die Tierwelt. Im Fachblatt »Molecular Biology and Evolution« berichten Forschende nun, wie sich Bären in Mittelitalien entwickelt haben, die in Gebieten mit Dörfern leben: In ihrem Genom fanden sie Hinweise darauf, dass die Bären weniger aggressiv sind als andere Bärenpopulationen.
Der Apennin-Braunbär (Ursus arctos marsicanus) hat sich vor 2000 bis 3000 Jahren von anderen europäischen Braunbären getrennt, darauf deuten frühere Forschungen hin, heißt es in der Studie. Die kleine Population lebe daher isoliert von anderen Bärenpopulationen in Mittelitalien – doch in der Nähe zu menschlichen Gemeinschaften. Das hatte verschiedene Auswirkungen und wahrscheinlich auch dazu geführt, dass die Population sich isoliert hat und mit der Zeit kleiner wurde, schreiben die Autoren, unter anderem, weil die Menschen landwirtschaftliche Flächen ausbreiteten und die Bevölkerungsdichte in Mittelitalien zunahm.
Weniger aggressiv
Für die Studie haben sich die Forschenden auf jüngere evolutionäre Veränderungen bei den Bären konzentriert und dafür stichprobenweise Genome analysiert. Diese verglichen sie dann mit einer größeren europäischen Population in der Slowakei und Studienergebnissen zu amerikanischen Braunbären.
Das Ergebnis: Bei den Appenin-Braunbären kam Inzucht häufiger vor als bei anderen Braunbärpopulationen, die genomische Vielfalt war kleiner. So weit, so erwartbar, meinen die Forschenden. »Noch interessanter ist jedoch, dass wir zeigen konnten, dass Apennin-Braunbären auch selektive Signaturen bei Genen aufweisen, die mit einer geringeren Aggressivität in Verbindung gebracht werden«, sagte Co-Autorin Giulia Fabbri einer Mitteilung zufolge.
Die Forschenden vermuten, dass der Mensch der Grund dafür sein könnte, weil er aggressive Exemplare getötet habe. Dadurch sei die Verbreitung genetischer Varianten begünstigt worden, die mit verminderter Aggressivität in Verbindung gebracht werden. Einerseits habe das zu einem demografischen Rückgang bei den Bären geführt, andererseits dazu, dass sich durch den unbeabsichtigten Selektionsdruck eine weniger konfliktreiche Beziehung zwischen Menschen und Bären entwickeln konnte. »Unsere Ergebnisse stützen die Hypothese, dass vom Menschen verursachte Selektion die Veränderungen im Verhalten begünstigt hat«, heißt es in der Studie.
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