Der Vogelfluch

1. Grassierende Seuche

Zehntausende Hühner, Gänse und Puten müssen gekeult werden, Kraniche verenden: Die Vogelgrippe breitet sich in Deutschland aus, wie meine Kollegin Alina Schadwinkel berichtet: »Erste Schätzungen gehen davon aus, dass bisher etwa 2000 Kraniche auf dem alljährlichen Vogelzug nach Süden in den deutschen Rastgebieten an der Geflügelpest verendeten.« (Hier mehr.)

Ich gehöre leider zu jener Gattung Mensch, die bei jeder Meldung über solche Seuchen mit dem reflexhaften Griff zur Sterillium-Flasche (Virugard!) reagiert und sich eine Maske wünscht. Aber der Text von Alina hat mich einerseits beruhigt: »Bis jetzt sind in Deutschland keine Fälle bekannt, in denen sich Menschen durch kranke Vögel oder deren Kot angesteckt haben.« Andererseits haben sich mir vor allem die Wörter »bis jetzt« ins Hirn gebrannt.

Aber auch ohne den Übersprung auf den Menschen hat die Tierseuche heftige Folgen: Geflügelhöfe müssen bei einem Ausbruch alle ihre Tiere vorsorglich töten – auf Rügen etwa 55.000 Legehennen, im niedersächsischen Landkreis Cloppenburg 20.500 Puten.

  • Antworten auf alle wichtigen Fragen finden Sie hier: Die Vogelgrippe breitet sich rasant aus – wie gefährlich ist das?

2. Der Reiser von China

Eigentlich sollte Johann Wadephul von Sonntag bis Dienstag nach China reisen. Doch das Auswärtige Amt verschob die Reise – was eigentlich einer vorläufigen Absage gleichkommt, auch wenn es diplomatisch so nicht genannt wird.

»Wie in Berlin zu hören ist, hatten unter anderem jüngste kritische Äußerungen Wadephuls zur Rolle Chinas gegenüber Taiwan und zum Krieg Russlands gegen die Ukraine die Chinesen verärgert, wichtige Gesprächspartner wurden nicht zugesagt«, berichtet mein Kollege Severin Weiland. Zugleich soll Peking auf Korrekturen der deutschen Kritik an China vor dem Besuch gedrängt haben. Severin sagt: »Wadephuls vorläufige Absage signalisiert daher der kommunistischen Führung im Einparteienstaat zumindest eines – bei aller Abhängigkeit Deutschlands von wichtigen chinesischen Importen, etwa bei seltenen Erden, lässt sich Berlin nicht vorführen.«

  • Mehr zur verschobenen Reise hier: Wadephul verschiebt Chinareise kurzfristig

  • Und mehr zu Chinas Masterplan für die Wirtschaft hier: So rüstet Peking im Technologiekrieg mit dem Westen auf 

3. Dunk-elziffern

»Der Betrug ist unglaublich!« Mit einigem Pathos hat Trumps FBI-Chef Kash Patel die Festnahme mehrerer Basketball-gnihi-Größen verkündet. (Mehr hier.) Es gehe um »Betrug und Diebstahl und Raub in Höhe von zweistelligen Millionen-Dollar-Beträgen«; es soll Verbindungen zur sizilianischen Mafia geben. Profisport trifft Cosa Nostra.

»Zum einen geht es um manipulierte Sportwetten«, berichtet mein Kollege Sebastian Stoll. So soll ein bekannter Spieler eine Verletzung vorgetäuscht haben, um früher vom Platz zu gehen. »Zum anderen geht es um illegale Pokerrunden, bei denen NBA-Prominente als Köder benutzt worden sein sollen, offenbar von mehreren Familien der Cosa Nostra – mit dem Ziel, andere Kartenspieler zu hohen Einsätzen zu locken.« Wenig sei dem Zufall überlassen worden: Geschummelt wurde demnach mit Kameras, speziellen Kontaktlinsen, gezinkten Mischmaschinen und sogar einem Röntgenspieltisch.

Das Ganze habe aber auch eine politische Dimension, sagt Sebastian: »Zwar deutet nichts darauf hin, dass irgendetwas an den Ermittlungen inszeniert sein könnte, dennoch spielt das politische Klima in den USA eine Rolle.« So stammt von Trump der Satz, die NBA sei »zu einer Art politischer Organisation geworden – und das ist keine gute Sache«. Und wie Trump bisweilen mit politischen Gegnern umgeht, ist bekannt. Für Patel in jedem Fall ein großer Wurf.

  • Alle Hintergründe hier: Das steckt hinter dem Skandal im US-Basketball

Was heute sonst noch wichtig ist

  • Mann zündet Handgranate – mindestens vier Tote an Bahnhof in der Ukraine: In der Ukraine ist in einem Zug eine Handgranate explodiert. Laut den Behörden wurden mindestens vier Menschen getötet, zwölf weitere wurden verletzt. Hintergrund ist offenbar eine Personenkontrolle.

  • Mehrheit stimmt Merz’ Aussagen zu Migranten ohne dauerhaften Aufenthaltsstatus zu: Für seine Äußerung zu Migranten im Stadtbild hatte der Kanzler heftige Kritik eingesteckt. Eine Umfrage zeigt nun: Die Mehrheit der Menschen kann Merz’ Aussage zu Migranten ohne Bleiberecht folgen – besonders die Älteren.

  • Organisierte Kriminalität verursacht Milliardenschaden in Deutschland: Die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen kriminelle Banden ist im vergangenen Jahr gestiegen. Die Täter agierten zunehmend professionell, warnt das Bundeskriminalamt. Teils rekrutieren sie Minderjährige.

Meine Lieblingsgeschichte heute: Die Qual der Zahl

Eine Lehrerin berichtet, wie ihre Tochter aus dem Alltag ihrer Schulklasse erzählt: Akkuladung 67 Prozent? Die Kinder reagieren mit wippenden Handbewegungen und gröhlen: »Siiiiiix seeeeveeeennnn«. Man ist im Mathebuch bei Seite 67 angekommen? Die Kinder »schmeißen sich weg vor Lachen«.

Das »6 7 Meme« ist in Schulklassen und Spielplätzen der letzte Schrei. Im Wortsinn. Legionen von Eltern, Lehrkräften, Trainern rätseln, was es zu bedeuten hat. Meine Kollegin Kim Staudt hat sich auf die Suche nach dem Ursprung des Trends begeben und enträtselt, was es bedeutet: nichts.

Und vielleicht ist es gerade deshalb so populär. Weil nicht alles einen tieferen Sinn haben muss. »6 7« ist ein Insiderwitz der Generation Alpha und mittlerweile auch bei älteren Jugendlichen. »Sie wollen sich von Erwachsenen abgrenzen, die die Bedeutung nicht verstehen«, schreibt Kim. »Ein ›Wir gegen sie‹-Gefühl bei den Heranwachsenden, mit dem sie die Älteren mitunter in den Wahnsinn treiben.«

  • Hier die ganze Geschichte: Wie das »6 7 Meme« Lehrkräfte in den Wahnsinn treibt 

Was heute weniger wichtig ist

Transfermarkt: Die Katze des Frankfurter Bundesligaprofis Michy Batshuayi, 32, benötigt dringend eine Bluttransfusion. Das Tier wurde von einem Auto angefahren und verletzt. Batshuayi nutzt seine Instagram-Reichweite von knapp drei Millionen Followern, um nach Hilfe zu suchen. »Sie ist in kritischem Zustand und muss dringend operiert werden«

Mini-Hohl

Hier finden Sie den ganzen Hohl.

Cartoon des Tages

Und am Wochenende?

Könnten Sie Trüffeleis mit Meersalz und schwarzen Trüffeln zubereiten, das neueste heiße Eis gewissermaßen. Der anstehende Winter verlange »mehr Dichte, mehr Komplexität, mehr Handwerk«, wie SPIEGEL-Kochkolumnist Max Strohe schreibt. Mango sei vorbei. Und wenn es doch etwas mit Frucht sein soll, gäbe es noch Soufflé mit Safranbirnen und einem Eis von weißer Schokolade. Strohe fand es »herausragend. Wohlschmeckend. Abwechselnd warm und kalt, eine Wundertüte«. (Lesen Sie hier seine ganze Kolumne .)

Einen schönen Abend. Herzlich

Ihr Oliver Trenkamp, Blattmacher in der Chefredaktion

Einsatzkräfte der Feuerwehr entsorgen in Thüringen verendete Kraniche in einem Container

Foto: Matthias Bein / dpa

Außenminister Johann Wadephul

Foto: Michael Kappeler / dpa

FBI-Direktor Kash Patel: »Das ist die Insiderhandelsgeschichte der NBA schlechthin.«

Foto:

John Angelillo / UPI Photo / IMAGO

»6 7 Kid« oder »Mason 67«: Er steht für eine Generation von Kindern, die das »6 7«-Meme unaufhörlich verwenden

Foto: budgetz / YouTube
Foto: Arne Dedert / dpa

Aushang in den Toiletten einer Behörde in Neustadt an der Weinstraße

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Klaus Stuttmann

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