Inter-Fans gehen offenbar vorzeitig – und verpassen Triumph in der Verlängerung

Inter-Trainer Simone Inzaghi hatte es vor der Partie angekündigt : »Das Hinspiel war ein Unentschieden, und heute wollen wir versuchen, unseren Fans einen Traum zu erfüllen. Wir werden alles geben, was wir haben.«

Doch als im Halbfinal-Rückspiel der Champions League der Barcelona-Angreifer Raphinha in der 87. Minute zur 3:2-Führung für die Spanier traf (das Hinspiel war 3:3 ausgegangen, zu diesem Zeitpunkt wäre Inter ausgeschieden gewesen), glaubten einige Inter-Fans offenbar nicht mehr an den Traum vom Endspiel in München und verließen angeblich das Stadion.

Dumm nur, dass Inter in der dritten Minute der Nachspielzeit der Ausgleich gelang, das Spiel in die Verlängerung ging, Mailand dort sogar noch den Siegtreffer nachlegte und ins Finale der Königsklasse einzog.

In einem Video des TV-Senders und Champions-League-Rechteinhabers TNT Sports sind angeblich Fans zu sehen, die nach dem Tor aus dem Stadion gegangen sein sollen und verzweifelt versuchen, wieder zurück ins Stadion zu kommen, sie verweisen dabei auf ihre Eintrittskarten. Nur: Die Ordnerin lässt das nicht zu und droht laut der drittgrößten italienischen Zeitung »Corriere della Sera« damit, die Polizei zu rufen . Auch die »Gazzetta dello Sport« und die Zeitung »La Stampa« berichten über den Vorfall.

Der Hintergrund: Die Uefa-Regeln erlauben es nicht, ein Stadion nach dem Verlassen erneut zu betreten. In Paragraf 5.5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen  für Uefa-Eintrittskarten steht: »Ticketinhaber, die das Stadion verlassen, werden nicht wieder eingelassen.«

Auch in anderen TV-Runden war das Video, das nur wenige Sekunden andauert, Thema: »Du musst im Stadion bleiben«, sagte der TV-Experte und frühere Weltklassefußballer Thierry Henry in einer Analyserunde der TV-Sender CBS und Paramount+: »Es ist nicht vorbei. Was für ein Fan bist du? Bleib drin, bleib.«

Zur Ehrenrettung der italienischen Fankultur: Die Tifosi, die nicht vorzeitig gegangen waren, legten einen beeindruckenden Auftritt hin. Die Stimmung im Stadion war überragend, die Gesänge ohrenbetäubend. Beim 4:3-Siegtreffer durch Davide Frattesi in der Verlängerung feierten die Spieler gemeinsam mit den Fans, die Atmosphäre schien elektrisch aufgeladen.

Angesichts des TNT-Videos kamen bei einigen Fußballfans Erinnerungen an das Halbfinal-Rückspiel zwischen Real Madrid und Manchester City 2022 auf. Damals hatte Real im Santiago-Bernabéu-Stadion in der 89. Minute 0:1 zurückgelegen, das Hinspiel hatten die Königlichen 3:4 verloren. Auch hier gingen Fans vor dem Abpfiff.

Doch Real gelangen zwei späte Tore, es ging in die Verlängerung, später gelang dem Team sogar noch ein weiterer Treffer im heimischen Stadion – und der Einzug ins Finale. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie Real-Fans um Einlass bitten und betteln, gegen die verschlossenen Tore treten und die Ordner beschimpfen. Ohne Erfolg.

Die Inter- und Real-Fans sind nicht allein. Fans, die vorzeitig das Stadion verlassen, gibt es öfter – in einer Aufzählung des britischen Fernsehsenders BBC sind prominente Beispiele aufgelistet . Darunter: City-Fans, die die Meisterschaft 2012 verpassten und Liverpool-Anhänger, die nach dem 0:3 im Champions-League-Finale 2005 gegen AC Mailand zur Halbzeit gingen (Liverpool gelang das Comeback und der Titel).

Das Phänomen ist auch nicht nur auf den Fußball begrenzt: Der US-TV-Sender ESPN hat Interviews mit Football-Fans der New England Patriots geführt , die beim Super Bowl LI 2017 bereits auf dem Weg nach Hause waren, als dem Team um Tom Brady eine der spektakulärsten Aufholjagden der Sportgeschichte gelang.

Vielleicht ist das ein schwacher Trost für die Inter-Fans, die am Dienstagabend zu früh gegangen sind: Immerhin war es kein Endspiel.

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