Ob ein vom Datenschutzbeauftragten gefordertes, millionenschweres Bußgeld gegen VW tatsächlich rechtskräftig eingetrieben worden wäre, ist unklar. Nun aber kann es wegen einer Behördenpanne erst gar nicht mehr dazu kommen: Die verlangte Buße in Höhe von 4,3 Millionen Euro wird laut einem Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover nicht weiter verfolgt, weil dem entscheidenden Schriftsatz die Unterschrift des zuständigen Mitarbeiters der Anklagebehörde fehlte.
Konkret geht es um Datenschutzverstöße bei der Aufarbeitung des VW-Dieselskandals, die der Landesdatenschutzbeauftragte gerügt hatte. Er wandte sich gegen die Weitergabe von Daten an den nach Auffliegen des Dieselskandals eingesetzten US-Aufseher Larry Thompson. VW habe seine Mitarbeiter darüber nicht ausreichend informiert und damit gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen, so der Vorwurf.
Gegen das verhängte Bußgeld wehrte sich VW vor Gericht – zunächst mit Erfolg: Das Landgericht Hannover gab dem Autobauer in erster Instanz Ende Februar recht. Die Staatsanwaltschaft legte dagegen Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) ein. Diese musste sie nun zurücknehmen. Denn bei der Begründung fehlte die eigenhändige Unterschrift des zuständigen Staatsanwalts, wie der Sprecher einräumte. Bei Einlegung der Rechtsbeschwerde sei ein formaler Fehler unterlaufen, sagte er zu dem Fall, über den zuvor das niedersächsische Politikjournal »Rundblick « berichtet hatte.
CDU: Massiver finanzieller Schaden beklagt
Egal, ob nun gegen die Datenschutzregeln verstoßen wurde oder nicht: VW muss kein Bußgeld zahlen. Das Urteil des Landgerichts zugunsten der Wolfsburger hat Bestand. Ob das OLG auch so entschieden hätte, bleibt offen, da es dort nun keine erneute Verhandlung gibt. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft sprach von einem Einzelfall, der auf der Verkettung unglücklicher Umstände beruht habe. Er verwies dabei auf die hohe Arbeitsbelastung in der Behörde.
Die oppositionelle CDU-Fraktion im Landtag dagegen sprach von einem Skandal und will die Sache im Rechtsausschuss beraten. Es gehe nicht um ein Versehen am Rande, sondern um einen folgenschweren Fehler, der dem Land Niedersachsen massiven finanziellen Schaden zufügt, sagte eine Sprecherin der Fraktion.
Keinen Erfolg hatte VW dagegen mit seiner Klage gegen die zugrunde liegende Datenschutz-Rüge selbst, über die nicht das Landgericht, sondern das Verwaltungsgericht zu entscheiden hatte. Dort konnte VW vor einer Woche nur einen Teilsieg erringen.
Zwar wurden zwei der insgesamt fünf Verwarnungen, die Niedersachsens Datenschutzbeauftragter 2023 ausgesprochen hatte, aufgehoben. Die entscheidende Rüge wegen der mangelhaften Datenschutzinformation, für die das Bußgeld fällig werden sollte, hatte dagegen Bestand. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, VW kann noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Auswirkungen auf das Bußgeld hat das aber nicht mehr.
Der Dieselskandal war im Herbst 2015 ans Licht gekommen, nachdem in den USA Manipulationen bei den Abgasmessungen an VW-Dieselmotoren aufgeflogen waren. Die rechtlichen Folgen des Abgasskandals kosteten VW bisher mehr als 32 Milliarden Euro.