Seit April führt der Franzose Jean-Paul Alary den Panzerbauer KNDS. Der Konzern, der 2015 aus der Münchner Krauss-Maffei Wegmann und der französischen Nexter Defense Systems hervorgegangen ist, baut unter anderem den Kampfpanzer Leopard 2. Jetzt hat sich Alary erstmals dazu geäußert, wie er mit der Gruppe von der europäischen Aufrüstung profitieren und sich im Wettbewerb mit Rheinmetall positionieren will.
Angesichts der neuen geopolitischen Situation sei es notwendig, eine neue Führungs- und Kapitalstruktur zu etablieren, sagte Alary. Der Verwaltungsrat habe ihn beauftragt, das Unternehmen auf einen Börsengang vorzubereiten. »Aber eine Entscheidung ist noch nicht gefallen«, sagte der Manager, der im Frühjahr auf den deutschen Frank Haun gefolgt war.
Er hoffe auf eine Entscheidung in den kommenden Monaten, »je früher, desto besser, damit wir bald mutige Entscheidungen treffen können«.
Die deutschen Miteigentümerfamilien Bode und Braunbehrens möchten sich von Anteilen trennen. Die Pläne sind heikel, da auf französischer Seite der Staat beteiligt ist und beide Seiten stets darauf bedacht sind, dass die jeweiligen Interessen gewahrt werden, etwa wenn es um die Arbeitsteilung innerhalb des Konzerns geht – und somit um Arbeitsplätze.
»Es muss auch in der nächsten Phase des Unternehmens eine gute Repräsentanz französischer und deutscher Aktionäre geben«, sagte Alary. Es gebe dazu auch Gespräche mit der Bundesregierung.
Ziel der neuen Struktur sei es, KNDS für weitere Länder zu öffnen. »Wir wollen ein europäischer Champion sein.« Ein möglicher Börsengang solle auch zusätzliche Investitionsmöglichkeiten schaffen und »mutige Übernahmen« ermöglichen. Einer möglichen Beteiligung von Rheinmetall im Zuge des Umbaus erteilte Alary indirekt eine Absage. »Rheinmetall würde KNDS kein strategisches Element hinzufügen.« Der Einstieg von Finanzinvestoren könne hingegen eine Option sein.
Während Rheinmetall-Chef Armin Papperger mit dem Düsseldorfer Konzern mittlerweile auch Kampfjet-Teile baut, an der Marinesparte von Thyssen-Krupp interessiert war und auch ein Satelliten-Joint-Venture betreibt, will Alary, dass KNDS »ein reiner Landsystem-Player« bleibt. »Für uns ist das Spielfeld klar, da gibt es genug zu tun.«
KNDS wolle rund eine Milliarde in neue Kapazitäten investieren, dabei gehe es jetzt vor allem um die deutschen Standorte, an denen der Kampfpanzer Leopard 2 und der Radpanzer Boxer gebaut werden. »Wir wollen bei KNDS bis 2028 die Zahl der produzierten Fahrzeuge gegenüber 2023 insgesamt vervierfachen«, sagte Alary.
Dazu solle zum einen mehr aus den bestehenden Werken herausgeholt werden, etwa durch den Übergang von Zwei- zu Dreischichtbetrieb, zum anderen die Kapazität solcher Werke erweitert werden. So wird das Werk in Kassel um 30 Prozent vergrößert, vor allem um ein Logistikzentrum. Auch den Standort in München-Allach baut KNDS gerade aus.
Außerdem hatte KNDS im Winter angekündigt, vom Bahnkonzern Alstom ein Werk in Görlitz zu übernehmen. Zunächst sollten vor Ort 350 Mitarbeiter übernommen werden, mittlerweile sieht man bei KNDS eher einen Bedarf von 420 Beschäftigten. Bis Ende des Jahres sollen dort erste Teile für Leopard und Boxer gefertigt werden. KNDS denke jedoch auch über den Bau oder die Übernahme eines weiteren Werks in Deutschland nach.
Um die hohe Nachfrage bedienen zu können, will Alary zudem das Lieferantennetz ausbauen. »Wir brauchen Zulieferer auch aus dem Nichtrüstungsbereich«, sagte er, etwa aus der Automotive-Branche. Viele Autozulieferer, die unter dem Strukturwandel in der eigenen Branche leiden, sehen in der Verteidigungsindustrie eine neue Geschäftsmöglichkeit. Die Umstellung gilt jedoch als schwierig.
Weiter sagte Alary, bei der neuen Aufstellung – sei es über einen Börsengang oder auf anderem Wege – gehe es außerdem darum, eine Führungsstruktur zu schaffen, die es erlaube, schneller als bislang auf das Tempo der aktuellen geo- und rüstungspolitischen Veränderungen zu reagieren. Bislang gilt KNDS als schwerfällig, in den zehn Jahren seit Gründung sind der deutsche und der französische Teil nur wenig zusammengewachsen. Alary will das ändern.
KNDS, Rheinmetall und der französische Rüstungskonzern Thales entwickeln gemeinsam ein Bodenkampfsystem der Zukunft, MGCS. Das Projekt kommt jedoch nur sehr zäh voran, was auch an den komplizierten Entscheidungswegen bei KNDS sowie der schwierigen Abstimmung zwischen allen drei Partnern liegt. An MGCS wolle er festhalten, sagte Alary.
Für den Übergang arbeitet KNDS an der Weiterentwicklung des Leopard 2. Rheinmetall ist dagegen mit dem italienischen Konzern Leonardo eine Kooperation eingegangen, um mit dem Panther einen weiteren Kampfpanzer zu bauen. »Wir sehen uns das genau an«, sagte Alary zu der Konkurrenzsituation, »aber derzeit sehen wir in dem Panther keine Bedrohung.«