In einem gemeinsamen Appell unter dem Titel »Rentenpaket zurückziehen« dringen laut einem Medienbericht 22 namhafte Ökonomen und andere Wissenschaftler darauf, dass die Bundesregierung ihr Vorhaben stoppt. Zu den Unterzeichnern zählt auch der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats des Finanzministeriums von SPD-Chef Lars Klingbeil, wie das »Handelsblatt« berichtet. In einem Gastbeitrag für die Zeitung kritisiert der Beiratsvorsitzende Jörg Rocholl gemeinsam mit zwei Mitunterzeichnern – Ifo-Chef Clemens Fuest und dem Vorstand der Stiftung Marktwirtschaft, Michael Eilfort –, dass die Reformpläne gegen zentrale Prinzipien erfolgreicher Rentenpolitik verstießen.
Vor allem die Haltelinie beim Rentenniveau und die geplante Ausweitung der Mütterrente belasteten die öffentlichen Finanzen erheblich, schreiben sie. »Es wäre für das Vertrauen in die Politik fatal, wenn jetzt Entscheidungen durchgedrückt würden, die bereits in wenigen Jahren zwangsläufig drastische negative finanzielle Folgen hätten.« Und: »Solange es an einem überzeugenden Reformkonzept sowie einem tragfähigen Ausgleich fehlt, ist es besser, den gesetzlichen Status quo … wirken zu lassen.«
Die Unionsfraktion im Bundestag lehnt den Vorstoß der Ökonomen jedoch ab. Ohne das Paket würde zum Beispiel die geplante Aktivrente nicht kommen, sagte der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger (CDU), in der Sendung »Frühstart« von RTL/n-tv. Mit der Aktivrente sollen Rentner bis zu 2000 Euro im Monat steuerfrei dazuverdienen können. Auf diese Weise soll unter anderem dem Fachkräftemangel begegnet werden.
»Stichhaltige« Argumente
Er teile das Verständnis der Ökonomen, dass es bei der Rente nicht so weitergehen könne wie bisher. Bei der geplanten Rentenkommission, die Vorschläge zur langfristigen Alterssicherung machen soll, sei deren Rat auch willkommen. Bei dem kurzfristigen Rentenpaket verwies der CDU-Politiker aber auf den Koalitionsvertrag, auf den sich auch die SPD berufen könne.
Das Rentenpaket soll zum 1. Januar in Kraft treten, vorausgesetzt, die Beteiligten können ihren Streit darüber beilegen. Die Junge Gruppe der Unionsfraktion lehnt den Gesetzentwurf wegen hoher langfristiger Kosten ab – ohne sie hätte die Koalition keine sichere Mehrheit bei einer Parlamentsabstimmung. Die SPD wiederum lehnt Änderungen an dem Paket ab. Dazu gehören auch die sogenannte Haltelinie beim Renten-Sicherungsniveau, die ausgeweitete Mütterrente und die geplante Frühstartrente, wonach Kinder ab dem sechsten Lebensjahr pro Monat zehn Euro vom Staat für ein Altersvorsorgedepot bekommen sollen. Die Jusos fordern sogar eine noch höhere Haltelinie.
Bilger ließ offen, ob eine Einigung noch diese Woche gelingt. Die Bedenken der jungen Leute hätten auch etwas »Stichhaltiges«, räumte er ein. Die Rente werde Thema im Koalitionsausschuss an diesem Donnerstag sein.