Forscher stoßen auf mehr als 1000 Atommüllfässer im Atlantik

Wissenschaftler haben vier Wochen nach Beginn einer Expedition im Nordostatlantik bereits mehr als 1000 Atommüllfässer entdeckt, wie eine Sprecherin der französischen Forschungsorganisation CNRS mitteilte. Das internationale Team war Mitte Juni vom westfranzösischen Brest aus mit ihrem Schiff »L’Atalante«  ins Westeuropäische Becken des Atlantiks aufgebrochen, um dort nach solchen Fässern zu suchen.

Die 21 Expertinnen und Experten untersuchen zudem, welchen Einfluss diese auf das örtliche Ökosystem haben. Mit dabei ist auch ein Forscher vom Thünen-Institut für Fischereiökologie in Bremerhaven.

Hunderttausende Atommüllfässer landeten vor Jahren im Ozean

Zwischen den Fünfziger- und Achtzigerjahren haben etliche Staaten nuklearen Abfall in den Ozeanen entsorgt. Dafür suchten sich die Verantwortlichen damals Stellen, die fernab der Küste und von menschlicher Aktivität lagen. Der strahlende Sondermüll stammt vorwiegend aus der Industrie und aus Laboren.

Erst 1993 wurde die Entsorgung von Atommüll im Ozean untersagt. Mindestens 200.000 Fässer werden allein im Nordostatlantik vermutet – in 3000 bis 5000 Meter Tiefe. Bis zum 11. Juli und der Rückkehr des Schiffes nach Brest sollen rund 300 Quadratkilometer Meeresboden kartiert sein.

Das Problem: Wo genau sich der Nuklearmüll befindet, ist nicht bekannt. Auch über den Zustand der Tonnen und ob sie einzeln oder in Gruppen liegen, weiß man nicht viel. Die Schiffscrew der »L’Atalante« ist derzeit in dem Gebiet unterwegs, in dem wahrscheinlich gut die Hälfte der Abfälle versenkt wurde.

Das Team will eine Karte mit Atomfass-Funden erstellen und etliche Proben von Wasser, Boden und Tieren nehmen. Unterstützung bekommen sie dabei vom autonomen Tauchroboter Ulyx, der unter anderem über eine Kamera für 3D-Bilder und ein Sonarsystem zur Ortung von Gegenständen mit Schall verfügt.

Patrick Chardon, Leiter des Projekts NODSSUM (Nuclear Ocean Dump Site Survey Monitoring) geht davon aus, dass bei den allermeisten nuklearen Abfällen im Nordatlantik die Radioaktivität nach etwa 300 bis 400 Jahren weitestgehend verschwunden sein dürfte. Die Fässer seien damals so konzipiert worden, dass sie dem Druck der Tiefe standhalten. Allerdings seien die Behälter nicht dicht gewesen. Die Forschenden vermuten daher, dass schon seit Längerem Radioaktivität entwichen sein könnte. Bei den entsorgten Abfällen handelt es sich um schwach- und mittelradioaktive Stoffe.

Die Forscher gehen davon aus, dass das Meer eine enorme Verdünnungskraft hat. »All diese wurden in Fässer mit Zement gefüllt und ins Meer geworfen (...) All diese Faktoren bedeuten, dass beispielsweise beim Schwimmen keine Gefahr besteht«, erklärte der CNRS-Forscher Javier Escartin in französischen Medien.

An Bord der »L’Atalante«: Noch bis zum 11. Juli kartieren die Forscher den Meeresboden

Foto: Flotte Océanographique Française / dpa

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