Die linke oder die rechte? Spätestens in der Schule entscheiden sich die meisten menschlichen Kinder für eine Hand, die sie zum Schreiben nutzen. Ähnlich ist es bei Oktopussen, zeigt eine aktuelle Analyse.
Demnach setzen die Tiere nicht all ihre acht Arme gleichermaßen ein, sondern nutzen einige bevorzugt für bestimmte Tätigkeiten. Das hat ein Forschungsteam um Meeresbiologin Chelsea Bennice von der Florida Atlantic University in Boca Raton herausgefunden. Die Ergebnisse erschienen jüngst im Fachblatt »Scientific Reports« . Die Erkenntnis könnte laut den Forschenden bei der Entwicklung von Robotern helfen.
Das Ergebnis der Studie im Überblick:
Wenn sie etwas erkunden wollen, setzen Oktopusse vorwiegend ihre vorderen Arme ein. Auch sonst nutzen sie die vorderen Gliedmaßen häufiger, konkret kamen diese in 64 Prozent der untersuchten Fälle zum Einsatz.
Die hinteren Gliedmaßen nutzten die Meerestiere vorrangig dann, wenn sie schnell vorwärtskommen wollten.
Vorlieben bei acht Armen
Zwei Bewegungsmuster wurden besonders oft mit den hinteren Armen ausgeführt: das Rollen, bei dem ein Arm wie ein Förderband unter dem Körper über den Meeresboden gleitet. Und das Stelzen, bei dem ein Arm senkrecht nach unten gestreckt wird, um den Körper anzuheben.
Für die Studie wertete das Team 25 Videoclips von wild lebenden Oktopussen aus, die zwischen 2007 und 2015 im Atlantik und in der Karibik aufgenommen wurden. Gefilmt wurden der Gemeine Krake (Octopus vulgaris) sowie die nah verwandten Arten Octopus insularis und Octopus americanus.
Untersucht wurde, welche Arme die Tiere für welche Tätigkeiten einsetzen – etwa beim Kriechen oder Erkunden der Umgebung. Insgesamt wurden 15 verschiedene Verhaltensweisen analysiert. Zusätzlich erfassten die Forschenden zwölf unterschiedliche Armbewegungen sowie vier typische Bewegungsmuster der Arme, darunter das Strecken oder Einrollen.
Bedeutung für Forschung und Technik
Die Ergebnisse gehören den Wissenschaftlern zufolge zu den ersten, die eine aufgabenspezifische Nutzung einzelner Arme bei Oktopussen belegen. Vergleichbares Verhalten sei bisher nur von Primaten, Nagetieren und Fischen gut bekannt, heißt es in einer Mitteilung. Bei Fischen erfüllen die einzelnen Flossen bestimmte Aufgaben, die Schwanzflosse dient etwa hauptsächlich dem Antrieb, die Rückenflosse für Stabilität.
Die Oktopus-Experten betonen, dass die Erkenntnisse aus ihrer Studie für die Technik interessant sind. Die Verbesserung von Roboterarmen, die sich nach dem Vorbild von Oktopus-Armen bewegen, könnte von den detaillierten Analysen profitieren und diese dadurch flexibler eingesetzt werden.
Ein wild lebender Oktopus hebt einen seiner Arme: Die vorderen Gliedmaßen setzen die Tiere etwas häufiger ein
Foto: Chelsea Bennice / Florida Atlantic University / dpa