Umweltverbände kritisieren Vorhaben zur CO₂-Speicherung

Die weltweiten Emissionen steigen und steigen. Dabei hat sich die Weltgemeinschaft eigentlich verpflichtet, sie drastisch zu reduzieren, um weitere verheerende Folgen des Klimawandels möglichst zu verhindern. Als ein möglicher Ausweg aus dem Dilemma gilt die Speicherung von Kohlendioxid (CO₂) unter der Erde. Dadurch soll der Anteil des klimaschädlichen Gases in der Atmosphäre sinken. Der Bundestag berät am Donnerstag erstmals über einen entsprechenden Gesetzentwurf, der unter anderem die Nutzung solcher Anlagen in Deutschland kommerziell möglich machen soll.

CCS könnte Klimaschutz ausbremsen, fürchten Kritiker

Konkret geht es darum, aufgefangenes CO₂ zu exportieren oder unter der Nordsee einzulagern (Mehr dazu lesen Sie hier .) Laut Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) zielt das Gesetz auf industrielle Prozesse ab, in denen sich CO₂-Emissionen nicht vermeiden ließen, etwa in der Zement-, Kalk- und Aluminiumindustrie.

Umweltverbände fürchten jedoch, dass die Technologie auch in anderen Bereichen eingesetzt werden könnte, was negative Folgen für den Klimaschutz und die Energiewende in Deutschland hätte.

Man sei »in großer Sorge«, schreiben acht Umweltverbände in einem Brief an führende Fachpolitiker im Bundestag. »Die vorliegende Novelle würde einen breiten Einsatz von CCS auch für technisch vermeidbare Emissionen ermöglichen«, schreiben sie. CCS steht für Carbon Capture and Storage, also das Auffangen und Speichern von CO₂.

Der Gesetzentwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speichergesetzes im Überblick:

  • Bislang ist die CCS-Technologie in Deutschland auf wenige Pilotprojekte und Anlagen zu Forschungszwecken beschränkt. Mit dem neuen Gesetz soll sie auch im industriellen Maßstab erlaubt werden.

  • Zudem sieht der Gesetzentwurf vor, dem Bau von CO₂-Pipelines und Speichern ein überragendes öffentliches Interesse einzuräumen. Dadurch sollen Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

  • Kohlekraftwerke sollen explizit nicht an eine CO₂-Pipeline angeschlossen werden. Für Gaskraftwerke existiert keine solche Regelung in dem Entwurf.

Die Umweltverbände fordern von den Politikern, sicherzustellen, dass CCS nicht für Gaskraftwerke genutzt werden darf. Sie fürchten, dass Deutschland sonst länger vom Energieträger Gas abhängig bleibt: »Investitionen in CCS-Anlagen und -Infrastruktur würden den Einsatz von Gas, Kohle und Öl in der Industrie über mehrere Jahrzehnte zementieren.«

Bisher gibt es nur wenige CCS-Anlagen

Unterzeichnet haben das Schreiben der Deutsche Naturschutzring, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Greenpeace, Deepwave, Germanwatch, der WWF, die Deutsche Umwelthilfe und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu).

Unter Fachleuten ist umstritten, welchen Beitrag zum Klimaschutz CCS wirklich leisten kann. Laut einer aktuellen Studie im Fachblatt »Nature«  ist das Speicherpotenzial der Erde begrenzt auf etwa 1460 Gigatonnen CO₂. Rechnerisch würde das nur 36,5 Jahre ausreichen, um die jährlichen Emissionen von aktuell 40 Gigatonnen auszugleichen. CCS kann eine deutliche Reduktion von Treibhausgasen also nicht ersetzen.

Zudem müssten die Anlagen zur CO₂-Speicherung erst gebaut werden, außerdem gilt die Technologie als extrem teuer. Ohne staatliche Subventionen ist CCS bisher nicht rentabel. Ende August nahm die bisher größte kommerzielle CO2-Deponie Europas in Norwegen ihren Betrieb auf. Die CCS-Anlage Northern Lights  injizierte erstmals CO₂ in ein Reservoir unter der Nordsee, es stammt aus einem Zementwerk. Der norwegische Staat subventioniert das Projekt mit mehreren Milliarden.

Aktuell werden weltweit nur etwa 0,1 Prozent der weltweiten Emissionen (rund 50 Millionen Tonnen CO₂) abgeschieden. Im Jahr 2024 gab es laut dem Global CCS Institute weltweit zudem nur 50 laufende CCS-Projekte, davon fünf in Europa.

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