Ehemaliger Goldman-Sachs-Banker Leissner muss zwei Jahre ins Gefängnis

Der ehemalige Investmentbanker Tim Leissner muss wegen seiner Rolle im Milliardenskandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB für zwei Jahre ins Gefängnis. Ein Gericht in New York verurteilte den 55-jährigen gebürtigen Frankfurter am Donnerstag (Ortszeit).

Nach Schätzungen amerikanischer und malaysischer Behörden sollen in einem ausgeklügelten System 4,5 Milliarden Dollar aus dem Fonds abgezweigt worden sein – mithilfe hochrangiger Manager des Fonds, der Investmentbank Goldman Sachs und des ehemaligen malaysischen Ministerpräsidenten Najib Razak.

Die Bank hatte Anleihen des Fonds 1MDB im Wert von 6,5 Milliarden Dollar verkauft. Doch das Geld, mit dem die wirtschaftliche Entwicklung des Landes angekurbelt werden sollte, versickerte teilweise auf Konten in Steuerparadiesen und in Briefkastenfirmen des Finanziers Jho Low, der auf der Flucht ist.

»Ich bereue meine Handlungen zutiefst« vs. »dreist und verwegen«

Leissner, ehemals Chef von Goldman Sachs in Südostasien, hatte sich 2018 wegen seiner Rolle in dem Skandal für schuldig bekannt. Vor Gericht entschuldigte er sich beim malaysischen Volk: »Ich bereue meine Handlungen zutiefst«, sagte Leissner, wobei zeitweise seine Stimme versagte. Er habe durch den Skandal seine Freiheit, seine Familie und seine finanzielle Unabhängigkeit eingebüßt. Er müsse seither Medikamente nehmen und habe seinen Lebenswillen verloren.

Richterin Margo Brodie sagte bei der Urteilsverkündung in New York, Leissner habe »dreist und verwegen« gehandelt. Seine Kooperationsbereitschaft mit der Regierung sei berücksichtigt worden, aber das könne den Schaden nicht wettmachen, den er in verschiedenen Ländern angerichtet habe. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Strafe unterhalb des üblichen Rahmens gefordert, weil sich Leissner kooperativ gezeigt habe. Sein Anwalt Henry Mazurek erklärte, Leissner werde seine Strafe antreten.

Der malaysische Minister Johari Abdul Ghani schrieb an die Nachrichtenagentur Reuters, die Haftstrafe sei »zu kurz«. »Angesichts der Tatsache, dass er einer der Köpfe hinter dem 1MDB-Skandal war, hätte er die Höchststrafe bekommen sollen«, so Ghani.

Leissner war 2018 verhaftet worden, blieb aber auf freiem Fuß, nachdem er den Ermittlern seine Unterstützung angeboten und gegen seinen ehemaligen Kollegen Roger Ng ausgesagt hatte. Der ehemalige Chef-Investmentbanker von Goldman Sachs in Malaysia hatte sich für nicht schuldig bekannt und war in Brooklyn zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. 2023 wurde er an Malaysia ausgeliefert.

Der ehemalige Ministerpräsident Najib war 2022 in einem Berufungsprozess wegen Machtmissbrauchs zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden und sitzt derzeit im Gefängnis. In einem Begnadigungsverfahren wurde das Strafmaß aber später halbiert.

Goldman Sachs war kurz vor dem Urteil in einem Schreiben an das Gericht in New York erneut auf Distanz zu Leissner gegangen. Er habe seine Kollegen über Jahre hinweg getäuscht und dem Bankhaus das einzige Strafverfahren in seiner 156-jährigen Geschichte eingebrockt. Die US-Investmentbank hatte 2020 in den USA eine Rekordstrafe von 2,9 Milliarden Dollar gezahlt und von Mitarbeitern 174 Millionen Dollar an Gehältern und Boni zurückgefordert.

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