Russlands Staatschef Wladimir Putin hat seine Landsleute am vergangenen Dienstag während eines Auftritts im russischen Staatsfernsehen mit einem schmerzhaften Eingeständnis aufgeschreckt. »Wir haben nicht genug Kartoffeln«, erklärte er. Die Ernte des vergangenen Jahres sei bereits aufgebraucht.
Der Engpass hat direkte Auswirkungen auf den Alltag vieler Menschen in Russland. Kartoffeln zählen dort zu den Grundnahrungsmitteln und sind zentraler Bestandteil der russischen Küche. Seit Jahresbeginn sind die Preise für Kartoffeln um 52 Prozent gestiegen, während die Ernte um zwölf Prozent zurückging. Über die Reaktionen in der russischen Bevölkerung ist bislang nichts bekannt.
Russland hofft nun auf Hilfe aus dem Ausland, speziell auf Belarus. Doch auch dort sind die Vorräte bereits aufgebraucht. Machthaber Alexander Lukaschenko rief seine Landsleute bereits zu zusätzlichen Anstrengungen auf. »Wir müssen so viel anbauen, dass es für uns und für Russland reicht«, sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge bei einer Besprechung mit regionalen Funktionären in Minsk.
Belarus ist stark von der Landwirtschaft geprägt. Die Kartoffel galt auch als Symbol der Herrschaft Lukaschenkos, der einst Direktor eines staatlichen Landwirtschaftsbetriebs war. Im größtenteils planwirtschaftlich geführten Staat im Osten Europas sind aber zuletzt Versorgungsmängel aufgetreten. Der große Nachbar habe zuletzt die Reserven von Belarus aufgekauft, begründete Lukaschenko den Mangel. Beide Länder sind durch den Wirtschafts- und Verteidigungspakt Russisch-Belarussische Union stark miteinander verflochten.
»Wir müssen unseren Brüdern, den Russen, helfen«, sagte Lukaschenko. Und wenn Belarus etwas könne, dann sei es der Kartoffelanbau. Dies sei auch wirtschaftlich lukrativ. Tatsächlich sind auch in Russland die Preise für Lebensmittel stark angestiegen, wobei die Teuerungsrate für Kartoffeln zu den höchsten zählt.
Wegen der sich ausweitenden Krise hat die belarussische Regierung vor wenigen Wochen die staatlich festgelegten Gemüsepreise erhöht. In dieser Woche hob sie sogar das Einfuhrverbot für Obst und Gemüse aus der EU auf. Das Embargo hatte Minsk im Dezember 2021 als Antwort auf westliche Sanktionen verhängt – kurz vor Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine waren die Beziehungen zum Westen bereits stark gespannt.
Anmerkung der Redaktion: In der ursprünglichen Fassung stand, dass der Kartoffelmangel auch russischen Wodka betrifft. Für dessen Produktion werden aber hauptsächlich verschiedene Getreidesorten verwendet. Wir haben den Satz deshalb gestrichen.