Am Mittwoch hatte ein Gericht für internationalen Handel in New York fast alle von US-Präsident Donald Trump unter Berufung auf ein Notstandsgesetz angeordneten Zölle für rechtswidrig erklärt. Die zusätzlichen Abgaben auf Importe würden »aufgehoben und ihre Anwendung dauerhaft untersagt«, ordnete das Gericht an. Die Entscheidung war ein großer Rückschlag für Trumps aggressive Handelspolitik – hatte aber nicht mal 24 Stunden Bestand.
Die Regierung wandte sich umgehend an die nächsthöhere Instanz. Das zuständige Berufungsgericht in Washington hob die Anordnung der New Yorker Richter am Donnerstag wieder auf – vorerst. Das Berufungsgericht will den Fall nun prüfen und forderte alle Parteien auf, im Juni weitere Stellungnahmen einzureichen.
»Das ist ein großer Sieg für den Präsidenten«, sagte Trumps Wirtschaftsberater Kevin Hassett dem US-Sender Fox News. Hassett betonte, der Fall sei juristisch »hieb- und stichfest«. Finanzminister Scott Bessent sekundierte: »Der Präsident hat absolut das Recht, die Handelspolitik für die USA festzulegen.«
Trump-Sprecherin spricht von schamlosem Machtmissbrauch
Trump selbst bezeichnete die Entscheidung der ersten Instanz als »so falsch und so politisch«. Auf Truth Social schrieb er: »Hoffentlich wird der Supreme Court diese schreckliche, das Land bedrohende Entscheidung SCHNELL und ENTSCHLOSSEN rückgängig machen.« Der Präsident müsse die Macht haben, Zölle zu verhängen, betonte er.
Seine Sprecherin Karoline Leavitt hatte zuvor erklärt, die Richter hätten »schamlos ihre richterliche Macht missbraucht, um die Entscheidungsgewalt von Präsident Trump an sich zu reißen«.
Endgültig entschieden ist allerdings auch nach dem Urteil im Sinne Trumps noch nichts. Denn dem Berufungsgericht ging es zunächst nicht um die Sache selbst, sondern nur um die Suspendierung der Zölle. Die Regierung könnte den Fall also gewinnen, aber auch genauso unterliegen wie in der ersten Instanz. Zudem ist es auch nicht der einzige laufende Rechtsstreit um Trumps Zölle. Bei einem Bezirksgericht, ebenfalls in der Hauptstadt Washington, unterlag die Regierung am Donnerstag. Auch diese Entscheidung dürfte in die nächste Instanz gehen.
Alles läuft auf den Supreme Court zu
Voraussichtlich landen die meisten Fälle am Ende ohnehin vor dem Supreme Court. Davon spricht auch Trump bereits, der das Oberste Gericht auf seiner Seite wähnt. Der Präsident hatte die Mehrheit der neun Richterinnen und Richter während seiner ersten Amtszeit aufgrund mehrerer Nachbesetzungen weit nach rechts verschoben.
Auf der anderen Seite entscheiden selbst die konservativen Richter in der Sache längst nicht immer in seinem Sinne.
Sollten die Gerichte am Ende gegen Trump entscheiden, dann würde das keineswegs das Ende des Zollregimes bedeuten. Denn Trump bliebe noch die Möglichkeit, andere gesetzliche Grundlagen zu bemühen, die Einfuhrabgaben ermöglichen. Trumps Sprecherin hat bereits angedeutet, dass man dies als Option in Betracht ziehe. Allerdings wäre es wahrscheinlich, dass auch dagegen wieder Klagen erhoben werden. Eine weitere Möglichkeit bestünde darin, Mehrheiten für eine entsprechende Entscheidung im Kongress zu suchen. Das wiederum würde Überzeugungsarbeit und Kompromissfähigkeit voraussetzen – beides zählt nicht zu Trumps Kernkompetenzen.
Trump ist ein großer Fan von Zöllen, das war auch schon in seiner ersten Amtszeit so. Er kann sie – der juristischen Lesart des Weißen Hauses zufolge – schlicht per Unterschrift anordnen. Gibt es zu viel Gegenwind, revidiert oder verschiebt er seine angedrohten Zölle bisweilen auch wieder – gern schlicht über eine Ankündigung auf seiner Plattform Truth Social. Die Zölle dienen ihm in erster Linie als Verhandlungsmasse, um Zugeständnisse der Handelspartner zu erreichen.
Verhandlungen laufen
Viele von ihnen, darunter die Europäische Union, verhandeln bereits mit den USA, um drohende Zölle durch neue Handelsabkommen zu vermeiden. Auch die deutschen Autohersteller haben bereits in Washington vorgesprochen. Im Fall der EU hat Trump zuletzt in Aussicht gestellte zusätzliche Zölle in Höhe von 50 Prozent des Warenwerts der Importe bis Anfang Juli ausgesetzt, um mehr Zeit für Verhandlungen zu lassen.
Die jetzt von dem New Yorker Gericht zunächst untersagten Zölle umfassen jene auf Importe, die der US-Präsident an dem von ihm so bezeichneten »Tag der Befreiung« Anfang April verhängt hatte. Er ordnete damals sogenannte wechselseitige Zölle an, die er mit dem Handelsdefizit des jeweiligen Handelspartners begründete – setzte diese aber wegen der Talfahrt an den Finanzmärkten dann vorläufig wieder aus.
Gleichzeitig hatte er universelle Zölle in Höhe von zehn Prozent verhängt, die Waren aus fast aller Welt erfassen. Ebenfalls betroffen sind bestimmte Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China.
Hinzu kommen Abgaben, die unter Berufung auf einen anderen gesetzlichen Rahmen im Raum stehen: Zölle auf bestimmte Produkte wie Stahl, Aluminium und Autos sowie Abgaben auf Produkte wie Arzneimittel und Halbleiter, die die US-Regierung angedroht hat. Dabei beruft sich Trump auf die nationale Sicherheit.
Die Unsicherheit für Handelspartner, Verbraucher und Märkte dürfte absehbar bestehen bleiben: Trumps Zölle könnten vor Gericht Bestand haben, oder er könnte aufgrund einer anderen Rechtsgrundlage neue Abgaben auf Importe ankündigen. Unternehmen schätzen Planungssicherheit – das Hin und Her bei den Zöllen ist für Exporteure eher Gift.