Dax-Konzerne werden in den nächsten Jahren Hunderte Millionen Euro ausgeben, um ihre Klimabilanzen zu verbessern. Von 2025 bis 2030 dürften die 40 Unternehmen insgesamt Zertifikate für knapp 33 Millionen Tonnen CO₂ kaufen, prognostiziert die Berliner Investitions- und Handelsplattform Goodcarbon, die selbst solche Gutschriften anbietet. Sie hat die jüngsten Nachhaltigkeitsberichte der Konzerne ausgewertet. 28 Dax-Unternehmen berichten darin von freiwilligen Kompensationen. Goodcarbon schätzt, dass die Zertifikate bis 2030 etwa 500 Millionen Euro kosten werden.
Die Aussagekraft solcher CO₂-Gutschriften ist jedoch gering. Zum einen decken die Papiere nur einen Bruchteil der tatsächlich emittierten Mengen ab. Allein 2024 stießen die Dax-Konzerne insgesamt 173 Millionen Tonnen CO₂ aus, mehr als das 15-fache dessen, was sie im selben Jahr über Zertifikate kompensieren wollen. Darüber hinaus müssen Betreiber von Kraftwerken und energieintensiven Industrieanlagen Ausstoßrechte im EU-Emissionshandel erwerben. Die Goodcarbon-Analyse betrachtet nur zusätzliche freiwillige Käufe von Zertifikaten.
Zertifikat ist nicht gleich Zertifikat
Zudem schwankt die Qualität der Gutschriften. Mit teureren »Removal«-Zertifikaten finanzieren die Konzerne Projekte, die CO₂ aus der Atmosphäre entfernen, etwa indem sie Wald aufforsten. Billiger und weiter verbreitet sind jedoch Papiere, die in den Schutz bestehender Wälder vor drohender Abholzung oder in den Ausbau erneuerbarer Energien investieren – oft in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Größter Käufer ist laut Analyse Volkswagen. Der Autokonzern kompensiert Emissionen aus der Lieferkette, Produktion und Logistik von E-Autos, 2024 im Volumen von 6,7 Millionen Tonnen CO₂. Doch die freiwillige Aktion soll nach diesem Jahr enden.
Ein weiterer Großnachfrager ist DHL. 2024 hat der Logistikkonzern 1,1 Millionen Tonnen CO₂ kompensiert, um klimaneutrale Sendungen anbieten zu können. Auch der Energieversorger E.on erwarb Gutschriften für knapp 0,7 Millionen Tonnen CO₂, um »grüne« Gasverträge anbieten zu können.
Statt Zertifikate zu kaufen, könnten Konzerne stärker auf erneuerbare Energien setzen. 2024 deckten die 40 Dax-Konzerne ihren Energiebedarf insgesamt zu 84 Prozent mit fossilen Energieträgern, berichtet die Beratungsfirma EY.