Wie Murdochs Machtmaschine Trump manipulierte

Amerika unter Donald Trump erscheint oft wie eine Satireversion der USA von vor 2016. Ein gutes Beispiel dafür ist die Idee, die Trumps sehr prorussische  Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard jüngst entwickelt haben soll: Die – an sich – täglichen »Intelligence Briefings« der US-Geheimdienste, die ein Präsident normalerweise bekommt, will Gabbard, eine frühere »Fox News«-Mitarbeiterin, demnach künftig als Video produzieren lassen. Sodass sie »aussehen und sich anfühlen wie eine Fox-News-Sendung«. Das berichtete der TV-Sender NBC News .

Warum? Weil Trump sich für diese Briefings bislang einfach nicht interessiert. Das quälte die Geheimdienste  schon in seiner ersten Amtszeit. Fox News dagegen interessiert ihn sehr.

»Verleumderischer Müll«

Bis Ende Mai hatte Trump 14 Intelligence Briefings wahrgenommen, im Schnitt weniger als eines die Woche. Zum gleichen Zeitpunkt ihrer jeweiligen Präsidentschaft waren es 90 bei Joe Biden, 63 bei Barack Obama – und 55 bei Trump in seiner ersten Amtszeit. Schon damals wurde das Briefing angepasst: weniger Text und mehr Bilder und Grafiken. »Das Problem mit Trump ist, dass er nicht liest«, sagte eine mit dem Sachverhalt vertraute Person nun zu NBC, »er sieht die ganze Zeit fern«.

NBC verwies auf vier informierte Quellen und berichtete über Details. Etwa, dass ein Fox-News-Produzent angeheuert werden sollte, um Geheimdienstinformationen für Trumps Sehgewohnheiten aufzubereiten. Das Weiße Haus ließ erklären, das sei »verleumderischer Müll aus ungenannten Quellen«.

Dass der Präsident sehr viel fernsieht, ist unstrittig. Legendär ist der bizarre Moment, in dem Trump forderte , das seit 1973 als Museum betriebene Gefängnis Alcatraz auf einer Insel in der Bucht von San Francisco wiederzueröffnen. Wenige Stunden zuvor war »Flucht von Alcatraz« mit Clint Eastwood in einem lokalen TV-Sender in Florida gezeigt worden , wo Trump sich zu diesem Zeitpunkt aufhielt. Am nächsten Tag erklärte er, auf Alcatraz angesprochen, an ihm sei ein Filmemacher verloren gegangen.

Wechselseitige Besessenheit

Meistens sieht Trump aber Fox News, den immer noch erfolgreichsten »Nachrichten«-Sender  der USA. Wieder und wieder postet er Fox-News-Clips auf »TruthSocial«, wieder  und  wieder  nimmt er öffentlich Stellung zu Dingen, die er dort gesehen hat. Er kritisiert auch gern öffentlich, wenn Fox-Besitzer Rupert Murdoch nicht tut, was Trump möchte. Hier ein Beispielpost  vom 24. April 2025, von Trumps eigener Social-Media-Plattform:

»Rupert Murdoch hat mir vor Jahren gesagt, dass er seinen Trump-hassenden, fake FoxNews-Meinungsforscher loswerden wird, aber er hat das nie getan. Dieser ›Meinungsforscher‹ sieht mich, und MAGA, seit Jahren falsch. Und wenn er schon dabei ist, sollte er Veränderungen beim China-liebenden ›Wall Street Journal‹ herbeiführen! Es ist beschissen!!!«

Fox News ist besessen von Trump, und Trump ist besessen von Fox. Da geht es ihm wie seinen Anhängern: Fox News »besetzt einen einzigartigen Schnittpunkt, weil es verbreitetes Vertrauen genießt und ein Publikum hat, das falschen Behauptungen Glauben schenkt«, so die »Washington Post« vor vier Jahren . Wenn man die Welt via Fox News wahrnimmt , musste man beispielsweise vergangenes Wochenende zu dem Schluss kommen, dass nicht Millionen gegen Trump auf den Straßen waren, sondern nur ein paar Krawallmacher – und dass die peinliche Militärparade  an Trumps Geburtstag ein voller Erfolg war.

Einer aktuellen Studie zufolge  hat Fox News »die Anzahl der Republikaner in allen Wahlkreisen erhöht und deren politische Präferenzen nach rechts verschoben«. Fox ist die wichtigste Propagandawaffe der Republikaner. Und damit gleichzeitig selbst sehr mächtig. Davon machte der Sender in den vergangenen Wochen reichlich Gebrauch –erfolgreich, wie sich jetzt zeigt.

Unter den Personen, die Trump in öffentliche Ämter berufen hat, zählte »Newsweek«  im Mai 23 ehemalige Fox-Leute. Die bekanntesten sind Verteidigungsminister Pete Hegseth, Geheimdienstkoordinatorin Gabbard, der stellvertretende FBI-Chef Dan Bongino und der gegenwärtige US-Botschafter in Israel, der ehemalige Fox-News-Moderator Mike Huckabee. Der amtierende Verkehrsminister Sean Duffy war früher bei Fox Business.

»Ein fernsehgelenkter Staat«

Der TV-Komiker Bill Maher scherzte im Mai: »Ich habe schon von staatlich gelenktem Fernsehen gehört; das hier ist ein fernsehgelenkter Staat.«

Dass auch das keine Satire ist, zeigt sich nun in geopolitischem Ausmaß. Hinter den Kulissen und auf offener Bühne stritten diverse gegenwärtige und ehemalige Fox-Leute darüber, ob die USA nun Iran angreifen sollen oder nicht. Der Sender selbst hatte sich offenbar klar für einen Kriegseintritt der USA entschieden.

Dass das, was dort läuft, unmittelbaren Einfluss auf den Präsidenten haben könnte, wird sogar im laufenden Programm kommentiert: Trump »sieht wahrscheinlich diese Sendung«, sagte der »konservative« Radio-Talker Clay Travis  diese Woche in einem Gespräch mit dem Fox-News-Host und gelegentlichen Trump-Berater Sean Hannity. Beide plädierten energisch dafür, dass die USA in den Krieg eingreifen sollten.

»MAGA« streitet mit »MAGA«

»Ein Gast nach dem anderen hat bei Fox Trumps Ego geschmeichelt – sie loben den Präsidenten und drängen gleichzeitig durch seinen Fernseher auf eine US-Intervention«, so CNN. Trump ist wie viele Fox-Zuschauer: ein weißer Mann  im Rentenalter , oft schlecht informiert, aber sehr meinungsstark. Nur, dass Trump gleichzeitig Oberbefehlshaber der mächtigsten Militärmaschinerie der Menschheitsgeschichte ist.

»Fox-Moderatoren haben unglaubliche Macht über Trumps Handeln«, warnte das Portal »MediaMatters « Mitte der Woche (Donald Trump hasst es ). »Und in den letzten Tagen haben diese Leute ihre Plattform genutzt, um dem US-Präsidenten zu sagen, dass US-Angriffe auf Iran sowohl wichtig sind als auch mit vermutlich geringen Kosten erfolgreich sein könnten. Sie wissen, auf welche Knöpfe sie drücken müssen, und sie hämmern so fest darauf ein, wie sie können.«

Unterdessen berichtete Fox News selbst darüber , dass Trumps »MAGA«-Bewegung in der Sache gespalten sei.

Ex-Fox-Host Tucker Carlson , der vor allem durch äußerst russlandfreundliche Positionen auffällt, kämpft erbittert gegen den bei Fox bevorzugten Kriegseintritt (Iran und Russland sind bekanntlich Verbündete). Den republikanischen Senator Ted Cruz blamierte Carlson öffentlich, indem er vorführte, dass der nicht einmal wusste, wie viele Menschen in Iran leben.

Bomben und Bibelzitate

Der »MAGA«-interne Machtkampf war auch ein Machtkampf unter gegenwärtigen und ehemaligen Fox-Leuten: hier die bedingungslose Pro-Israel- und Pro-Kriegseintritt-Haltung, dort die isolationistische »Nur keine weiteren Kriege«-Fraktion. Beide Seiten scharten Anhänger um sich. »Tucker Carlson ist auf einem Irrweg, es ist schade, wie tief er gefallen ist«, kommentierte ein »stolzer Elefant« (das Wappentier der Republikaner) bei »X«. »Jetzt mag ich Tucker noch mehr«, ein anderer »MAGA«-Account.

Carlson forderte, Trump solle »Israel fallen lassen«: »Lass sie ihre eigenen Kriege führen.« Der US-Botschafter in Israel und Ex-Fox-News-Moderator Mike Huckabee dagegen schmeichelte Trump mit einer Textnachricht, die Trump anschließend in Gänze und voller Lob bei Truth Social veröffentlichte. Huckabee erklärte darin, »Gott« habe Trump vor dem Attentatsversuch in Butler, Pennsylvania, bewahrt und nur »SEINE Stimme« sei nun die wichtigste, die zu Trump spreche – dass es um einen Angriff auf Iran ging, war dem Kontext zu entnehmen. Die religiösen Show-Fundamentalisten unter den »MAGA«-Leuten – auch Ted Cruz – begründen ihre Präferenz für US-Bomben gegen Iran gern mit Bibelzitaten.

Republikaner trauen Fox, Demokraten nicht

Die permanente Spirale der Wechselwirkungen zwischen dem Fernsehpräsidenten Trump, Fox News und ehemaligen Fox-News-Leuten hat noch eine weitere Komponente: Trumps Kernwählerschaft. 57 Prozent der Wählerinnen und Wähler, die den Republikanern zuneigen, gaben einer aktuellen Umfrage des Pew Research Center  zufolge an, regelmäßig Neuigkeiten von Fox News zu beziehen. Das ist ein einsamer Spitzenwert, auf Platz zwei und drei folgen bei diesen Leuten aber immerhin ABC News (27 Prozent) und NBC News (24 Prozent). Auf Platz vier dann schon der für Verschwörungstheorien und Desinformation berüchtigte Podcast von Joe Rogan, mit 22 Prozent.

Den Demokraten zugeneigte US-Bürger haben eine vielfältigere Nachrichtendiät: Es führen CNN (48 Prozent), NBC (47 Prozent), ABC (46 Prozent), CBS (39 Prozent), MSNBC (32 Prozent) und das National Public Radio (NPR, 32 Prozent). Nur 19 Prozent der Anhänger der Demokraten sagen über Fox News, man könne dem Sender »in der Regel trauen« – bei denen der Republikaner sind es 56 Prozent.

Trumps mediale Echokammer, in die er selbst immer wieder hineinfunkt, ist auch die mediale Echokammer der Mehrheit seiner Wählerinnen und Wähler. Zur Erinnerung: Fox News zahlte 2023 fast 800 Millionen Dollar  an den Wahlmaschinenhersteller Dominion Voting Systems. Vor Gericht drohte damals eine Niederlage aufgrund der fortgesetzten Desinformation bei Fox News  über vermeintlichen Wahlbetrug der Demokraten. Manche derer, die damals wider besseres Wissen Zweifel an Joe Bidens Wahlsieg säten , arbeiten jetzt für Trumps Regierung. Der Sender wiederum passt bis heute gelegentlich seine »Berichterstattung« an , um Trumps Lügen gerecht zu werden.

Der Patriarch bekämpft seine Kinder

Der 94-jährige Rupert Murdoch kämpft gerade vor Gericht gegen drei seiner eigenen Kinder – er will verhindern, dass sie nach seinem Tod die Kontrolle über das Medienimperium übernehmen können. Seine Kinder Prudence, Elisabeth und James haben mit der ultrarechten, weiterhin die Klimakrise herunterspielenden Ausrichtung der Murdoch-Medien ein Problem. Einzig der älteste Sohn Lachlan scheint bereit, die eher dem Öl und allem, was der Patriarch für »konservativ« hält, verpflichtete Linie weiterzuführen. »Wenn die Kontrolle über die Firmen an die Geschwister übergeht, die mit dem Status quo unzufrieden sind, steigen die Chancen für einen Verkauf oder eine Aufspaltung«, so der »Economist «.

Team Trump arbeitet unterdessen weiter am Kontakt mit Murdoch Senior und dessen Nachfolger. Vergangene Woche reiste Vizepräsident JD Vance  eigens auf eine Murdoch-Ranch im US-Bundesstaat Montana, wie Associated Press berichtet. Er traf sich demnach mit einer Runde aus Fox-News-Managern sowie Rupert und Lachlan Murdoch – persönlich, nicht vor dem Fernseher. Was dort zum Thema Iran und Israel gesagt wurde, wird man vermutlich nie erfahren.

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