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So verteidigt sich Frauke Brosius-Gersdorf

Ganz am Ende des Gesprächs bei »Markus Lanz« letzte Nacht im ZDF, da sprach Frauke Brosius-Gersdorf übers Aufgeben. Sie sagte das nicht explizit. Aber jeder, der zusah, konnte es sich denken.

Soll sie dem Druck der Rechtsaußen-Propaganda weichen, die aus dem Netz in Teile der Unionsfraktion gesickert war und vergangenen Freitag ihre Wahl ans Verfassungsgericht vorerst verhinderte?

»Es geht nicht mehr nur um mich«, sagte Brosius-Gersdorf. »Es geht darum, was passiert, wenn sich solche Kampagnen durchsetzen.« (Hier  mehr dazu, wer hinter der Netzkampagne gegen Brosius-Gersdorf steht.) Was mache das mit dem Land, mit der Demokratie, fragte sie. Das war das Plädoyer fürs Durchhalten. Dann füllte sie die andere Waagschale: Sobald eine Beschädigung des Verfassungsgerichts drohe, werde sie nicht an ihrer Nominierung festhalten. Und: »Ich will auch nicht verantwortlich sein für eine Regierungskrise.«

Wenn Sie das Gespräch nicht gesehen haben, schauen Sie es sich nachträglich in der Mediathek an. Es zeigt eine angegriffene, verletzte Frau, die sich aufrecht wehrt. »Ich vertrete absolut gemäßigte Positionen«, beharrte Brosius-Gersdorf. Zu Recht. (Eine detaillierte Analyse ihrer Positionen können Sie hier  nachlesen.) Einmal meinte Lanz, beim Thema Rente, da sei sie doch ganz bei der CDU von Ludwig Erhard, oder nicht? »Ich bin weder bei Ludwig Erhard noch bei Rosa Luxemburg«, entgegnete Brosius-Gersdorf: »Weil ich keine Politikerin bin, ich bin Rechtswissenschaftlerin.«

  • Mehr über das »Lanz«-Gespräch lesen Sie hier: Souveräner Auftritt, Euer Ehren 

Boomer für Boomer

Es ist so weit, die Boomer kommen. Nach und nach erreichen die geburtenstarken Jahrgänge aus den Fünfzigern und Sechzigern den Ruhestand. Für das Rentensystem verheißt das nichts Gutes, keine Überraschung, wissen wir alle seit vielen Jahren.

Dramatisch wird es trotzdem: Kommen heute auf 100 Leute im erwerbsfähigen Alter noch 33 Menschen im Rentenalter, werden es in zehn Jahren bereits 42 sein.

Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld? Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat einen Reformansatz entwickelt, der heute veröffentlicht werden soll: den »Boomer-Soli« – eine Abgabe auf alle Alterseinkünfte über einem bestimmten Freibetrag, aus deren Einnahmen niedrige Alterseinkünfte aufgestockt würden. Heißt: Nicht mehr nur die Jungen zahlen für die Alten, sondern zusätzlich zahlen reiche Alte für arme Alte.

Unserem Rentenexperten Florian Diekmann lag diese Studie vorab vor, er hat sie hier  analysiert. »Kleine Rentner vor Altersarmut schützen, die Beitragssätze für Jüngere nicht ins Untragbare steigen lassen, die Steuerkasse nicht überfordern – das alles wird man nicht zusammenbringen, ohne Leuten wehzutun«, sagt Florian: »Die Politik hat keine guten Optionen, sondern nur mehr oder weniger schlechte.« Den »Boomer-Soli« hält er deshalb für alles andere als perfekt, aber: Das Modell würde nach dem Verursacherprinzip auch jene Generationen heranziehen, die Jahrzehnte von niedrigen Beitragssätzen profitiert, aber für zu wenig Nachwuchs gesorgt haben.

In diesem Sinne, liebe Boomerinnen und Boomer, ich freue mich über Ihre Mails.

  • Die ganze Geschichte hier: Wie ein Boomer-Soli das Rentensystem retten könnte 

Rotation in der ukrainischen Regierung

Ministerpräsident Denys Schmyhal soll von seiner bisherigen Vizin Julija Swyrydenko im Amt beerbt werden. Das ukrainische Parlament in Kyjiw wird heute über die Entlassung Schmyhals entscheiden, am Donnerstag soll auf Wunsch des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Nachfolgerin gewählt werden.

Die 39-jährige Swyrydenko gilt als Wirtschafts- und Handelsexpertin. Seit Kriegsbeginn kümmert sie sich um das Anwerben internationaler Hilfen und Kredite. Zuletzt hat sie auch das zwischen Kyjiw und Washington hart umkämpfte Rohstoffabkommen ausgehandelt und zeigte sich dabei als zähe Verhandlungspartnerin.

»Schmyhal ist ein farbloser, aber zuverlässiger Bürokrat. Dass er ausgewechselt wird, hat nichts mit konkreten Vorwürfen zu tun – man kann das schon daran sehen, dass er künftig das wichtige Verteidigungsressort übernehmen soll«, hat mir unser Osteuropa-Reporter Christian Esch erläutert. Schmyhal habe sich zudem erstaunliche fünf Jahre im Amt gehalten. Selenskyj setze auf Rotation, »er will so die Regierung erneuern und zugleich den Druck aus der Gesellschaft senken«. (Lesen Sie hier  Christians jüngste Reportage von der Front im Donbass.)

Der bisherige Verteidigungsminister Rustem Umjerow, ein Vertrauter des Präsidenten, könnte nun auf den wichtigen Posten des Botschafters in den USA wechseln. So wird es in Kyjiw erwartet.

  • Mehr Hintergründe hier: Julija Swyrydenko soll Ministerpräsidentin der Ukraine werden

Lesen Sie hier den aktuellen SPIEGEL-Leitartikel

  • Alle aussteigen, bevor es zu spät ist! Die deutschen Kulturdebatten über den Nahostkonflikt gleichen einem endlosen Kreislauf aus Skandalisierung und Ablenkung – angetrieben von Politik und Medien. Aber eben auch von den Künstlern selbst. Zeit, das zu ändern. 

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Verlierer des Tages…

…ist unser Nachbarplanet Mars. Das Auktionshaus Sotheby’s in New York versteigert heute einen Teil von ihm: einen knapp 25 Kilogramm schweren Meteoriten aus Marsgestein, offizielle Bezeichnung »NWA 16788«, der mit Abstand schwerste Marsbrocken, der je auf der Erde entdeckt wurde. Ein sogenannter Meteoritenjäger – was es nicht alles gibt! – soll ihn vor zwei Jahren in einer entlegenen Region in Niger gefunden haben.

Wie hat der Brocken die 225 Millionen Kilometer vom Mars zur Erde zurückgelegt? Vor mehr als 140 Millionen Jahren soll er durch einen Asteroideneinschlag aus dem Mars herausgeschlagen worden sein. Wann er auf die Erde traf? Unklar. Weil er nur »minimale« Verwitterungsspuren aufweise, geht Sotheby’s von einem »eher kürzlich zurückliegenden« Einschlag aus. Sein Wert wird auf bis zu vier Millionen US-Dollar geschätzt. Der Auktionserlös wird allerdings nicht auf den Mars überwiesen.

  • Schwerster je gefundener Marsbrocken wird versteigert

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Jetzt geht sogar Mike Johnson auf Konfrontation zum US-Präsidenten: »Wir müssen alles auf den Tisch legen«: Im Streit über den Fall Epstein stellt sich der mächtige Sprecher des Repräsentantenhauses gegen Donald Trump. Seine umstrittene Justizministerin weicht Fragen derweil aus.

  • Trump sieht Fortschritte bei Zollgesprächen mit der EU: Zölle in Höhe von 30 Prozent auf Waren aus der EU – so hat es Donald Trump zuletzt angekündigt. Aber es laufen weitere Gespräche. Am Ende werde jeder »glücklich« sein, so der US-Präsident.

  • Rund die Hälfte der Viertklässler kann offenbar nicht sicher schwimmen: Sommerzeit ist Badezeit, aber der Bundesverband der Schwimmmeister ist alarmiert. Besonders viele junge Menschen verfügen demnach nicht über ausreichende Schwimmfähigkeiten. Auch Eltern seien gefragt.

Heute bei SPIEGEL Extra: Leben von der Dividende – der Traum vom passiven Einkommen

Es klingt verlockend: Mit dividendenstarken Aktien können Sie ziemlich sichere und regelmäßige Einkünfte erzielen. Doch lohnt sich das wirklich? Und wie viel Geld brauchen Sie dafür? 

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr Sebastian Fischer, Autor im SPIEGEL-Hauptstadtbüro

Juristin Brosius-Gersdorf in der Lanz-Sendung

Foto: Markus Hertrich / dpa

Boomer-Pärchen beim Einkaufsbummel in Düsseldorf

Foto: Michael Gstettenbauer / IMAGO

Künftige Premierministerin Swyrydenko

Foto: Kay Nietfeld / picture alliance

Marsbrocken zur Versteigerung

Foto: Eduardo Munoz / REUTERS
Foto:

Julia Haack / Westend61 / IMAGO

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