1. Und wieder gibt es Tote
Allein seit Dienstag sind in Suwaida im Süden von Syrien mehr als hundert Menschen getötet worden. So berichten es Beobachter vor Ort. Seit Tagen kommt es dort zu heftigen Zusammenstößen: Am vergangenen Donnerstag wurde offenbar ein Mann überfallen und ausgeraubt, der zur Religionsgemeinschaft der Drusen gehört. Nach allem, was man weiß, nahmen Verwandte des Opfers als Reaktion acht Beduinen als Geiseln; verantwortlich für den Überfall nämlich sollen Beduinen gewesen sein. Anschließend entführten Beduinenstämme zehn Drusen. (Hier mehr dazu.)
Am Montag schließlich schaltete sich die Regierung ein, am Dienstag verkündete sie eine Waffenruhe. Gelöst ist der Konflikt damit nicht, es wird weiter gekämpft. Am Mittwochnachmittag hieß es sogar, Angehörige der Drusen in Israel hätten die Grenze zu Syrien überquert, um sich in die Kämpfe einzumischen. (Hier mehr dazu.)
In unseren Redaktionskonferenzen sprechen wir immer wieder darüber, wie kompliziert die Lage im Post-Assad-Syrien ist. Es geht um große Fragen: Schafft es die neue Regierung von Präsident Ahmed al-Sharaa, so etwas wie ein Gewaltmonopol herzustellen? Schafft sie es, dass die vielen verschiedenen Bevölkerungsgruppen friedlich miteinander leben können?
Meine Kollegen Fritz Schaap und Mohannad Alkhalil Alnajjar aus dem Auslandsressort sind skeptisch, zumindest was die nähere Zukunft betrifft: »Mehr als 50 Jahre Assad-Diktatur und fast 14 Jahre Bürgerkrieg haben tiefe Gräben in der syrischen Gesellschaft hinterlassen. Es wird viel Zeit kosten, sie zu schließen«, sagt Fritz. So ähnlich sieht es Mohannad: »Ich glaube, dass der Konflikt in Syrien nicht so bald enden wird.«
Lesen Sie hier mehr: Warum in Suwaida die Gewalt eskaliert
2. Wurden noch mehr Kinder missbraucht?
Schon das Alias ist unheimlich: »White Tiger« nennt sich der Mann, der Minderjährige im Internet zu Gewalt gegen sich selbst gezwungen haben soll. Vor genau vier Wochen nahmen Hamburger Ermittler einen 20-Jährigen fest, der ihren Erkenntnissen nach hinter dem Alias und damit hinter den Taten steckt. (Hier mehr dazu .)
Nun deutet sich an: Es könnte noch mehr Opfer geben.
Nach der Festnahme des Mannes hätten sich weitere besorgte Eltern bei den Ermittlungsbehörden gemeldet, teilte die Staatsanwaltschaft Hamburg auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. Sie hätten die Befürchtung geäußert, dass auch ihre Kinder missbraucht worden sein könnten. Die Angaben würden nun geprüft. (Hier mehr Hintergründe.)
Der Fall ist grausam und verstörend: Der Festgenommene soll führendes Mitglied einer Gruppe namens »764« sein, die wiederum Teil eines gewaltverherrlichenden, sadistischen Onlinenetzwerks ist. Gemeinsam mit anderen soll er acht Kinder und Jugendliche im Alter von 11 bis 15 Jahren per Chat dazu gebracht haben, sich selbst zu verletzen. Zwei der Opfer stammen den Angaben der Ermittler zufolge aus Hamburg, eines aus Niedersachsen. Ein 13-jähriger US-Amerikaner wurde demnach sogar in den Suizid getrieben.
Mein Kollege Roman Höfner verfolgt den Fall seit 2023. Er sagt: »Es würde mich nicht überraschen, sollte ›White Tiger‹ nach der ersten Hausdurchsuchung 2023 weiterhin aktiv gewesen und die Zahl der Opfer noch viel größer sein. Außerdem gibt es sicher noch weitere deutsche Täter aus dem Netzwerk.«
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: »Starte dort, wo du die verletzlichsten Mädchen findest«
3. Jimi »Gernegroß« Ochsenknecht
Ich muss zugeben: Von meinem Radar war Jimi Blue Ochsenknecht verschwunden. Bis er am 25. Juni am Hamburger Flughafen festgenommen wurde. Seitdem schafft er es nicht mehr raus aus den Schlagzeilen: Auslieferungshaft in Hamburg, mehrere Tage Fahrt im JVA-Bus durch Deutschland, heute schließlich Überstellung nach Österreich.
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck wirft Ochsenknecht vor, Ende 2021 für knapp 14.000 Euro in einem Tiroler Hotel gefeiert, die Rechnung aber nicht bezahlt zu haben. Schwerer Betrug, so nennen das die Ermittler. Ochsenknechts Anwalt weist die Vorwürfe zurück. (Hier mehr dazu.)
Die offene Hotelrechnung wurde zwar mittlerweile beglichen, von Ochsenknechts Ex-Freundin. Das Verfahren gegen ihn aber läuft weiter. Raus aus den Schlagzeilen ist der 33-Jährige jedenfalls noch lange nicht. Denn SPIEGEL-Recherchen zeigen: Es gibt noch viel mehr Anschuldigungen gegen ihn. Ochsenknecht soll schon mehrfach die Zeche geprellt, Behörden und Polizisten angelogen haben. (Hier mehr dazu.)
»Insgesamt ergibt sich das Bild eines Gernegroß, der gut im Protzen ist, sich seine luxuriösen Vergnügereien aber gar nicht leisten kann«, sagt mein Kollege Lukas Eberle, der die Recherchen koordiniert hat.
Wie es mit Ochsenknecht weitergeht, ist unklar. Erst einmal werde über die weitere Untersuchungshaft entschieden, heißt es von der Staatsanwaltschaft Innsbruck.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Prinz Protz
Was heute sonst noch wichtig ist
Netanyahu verliert Mehrheit im Parlament: Israels Regierungschef verliert den zweiten Koalitionspartner innerhalb weniger Tagen. Laut Berichten mehrerer israelischer Medien verlässt auch die ultraorthodoxe Schas-Partei das Bündnis.
Auftragsgutachten entlastet Brosius-Gersdorf: Die SPD-Verfassungsrichterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf hat ein Kurzgutachten in Auftrag gegeben. Dem zufolge ist ihr kein wissenschaftliches Fehlverhalten vorzuwerfen. Die Bewertung ist allerdings nur vorläufig .
RBB muss Ex-Intendantin Schlesinger Ruhegeld zahlen – zunächst für einen Monat: Im Streit zwischen dem RBB und seiner ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger hat das Gericht ein Urteil gefällt: Der Sender muss Schlesinger Ruhegeld zahlen. Fürs Erste allerdings nur für einen kurzen Zeitraum.
Bundesbank sieht deutsche Konjunkturerholung gefährdet, IMK nicht: Donald Trump droht der EU mit 30-prozentigen Zöllen ab August. Zu den möglichen Folgen gibt es widersprüchliche Meinungen: Die Bundesbank sorgt sich um Deutschlands Konjunktur, Ökonomen des IMK halten das Risiko für begrenzt.
İmamoğlu wegen Beleidigung zu Haftstrafe verurteilt: Der bereits inhaftierte Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu hat aus Sicht eines Gerichts einen Amtsträger beleidigt. Er ist nun zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Ihm hatte eine noch härtere Strafe gedroht.
Mein Lieblingsinterview heute: Message in a Bottle
Einmal eine echte Flaschenpost finden, das wäre was! Clint Buffington aus Utah hat es gleich 140-mal geschafft. Und nicht nur das: Nach jedem Fund hat er nach den Absendern gesucht, oft erfolgreich. Zuletzt kam er so in Kontakt mit einem Ehepaar von der Insel Usedom. Meine Kollegin Antje Blinda hat mit Buffington gesprochen. Er hat ihr erzählt, wie lange die Flasche der beiden Usedomer unterwegs war. Und wie er überhaupt dazu kam, am Strand nach Flaschen zu suchen.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Wie findet man 140-mal eine Flaschenpost, Mr. Buffington?
Was heute weniger wichtig ist
Evanesco! »Harry Potter«-Star Emma Watson, 35, darf ein halbes Jahr lang nicht Auto fahren. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend. Demnach soll sie vor knapp einem Jahr mit 38 Meilen pro Stunde (etwa 61 km/h) durch Oxford gedüst sein – erlaubt waren nur 30 Meilen pro Stunde (etwa 48 km/h). Auch eine Geldstrafe verhängte das Gericht: 1044 Pfund, gut 1200 Euro. Was Hermine dazu sagen würde? Watsons Anwalt jedenfalls erklärte, seine Mandantin »akzeptiere die Strafe«. Sie sei »in einer Position, eine angemessene Strafe zu zahlen«.
Mini-Hohl
Hier finden Sie den ganzen Hohl.
Cartoon des Tages
Und heute Abend?
Mein Kollege Janko Tietz hat Ihnen gestern an dieser Stelle eine Fußball-Doku für die fußballfreie Zeit empfohlen. Auch heute bleiben wir beim Thema, denn: Es geht wieder los! Das erste Viertelfinale der diesjährigen Frauen-Fußball-EM steht an. Norwegen trifft in Genf auf Italien, los geht’s um 21 Uhr, das ZDF überträgt live. (Hier geht’s zum Livestream )
Wussten Sie, dass die norwegische Nationalmannschaft bis vor einigen Jahren nicht nur für das Viertel-, sondern auch für das Halbfinale quasi gesetzt war? Und dass sie auf der Fifa-Weltrangliste nur knapp hinter der italienischen steht? Habe ich alles drüben bei den Kollegen von »11 Freunde« gelernt – die übrigens noch mehr Funfacts zum Klugscheißern oder Kneipenquizzen gesammelt haben.
Am Donnerstag spielt Schweden dann gegen England, am Freitag Spanien gegen die Schweiz. Und am Samstag heißt es Daumendrücken für Janina Minge, Ann-Katrin Berger und Co.: Deutschland trifft im letzten Viertelfinalspiel auf Frankreich. Anstoß ist jeweils um 21 Uhr.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Herzlich
Ihre Sophia Schirmer, stellvertretende Leiterin des Deutschlandressorts
Syrischer Ordnungshüter in Suwaida: Es wird weiter gekämpft
Foto: Bakr Alkasem / AFPSchauspieler Ochsenknecht 2022 in Berlin: Seit Wochen in den Schlagzeilen
Foto:Isa Foltin / Moët & Chandon / Getty Images
US-Amerikaner Buffington: 140 Flaschen gefunden
Foto:Privat
Schauspielerin Watson: 1044 Pfund Strafe
Foto: Gotham / GC Images / Getty ImagesEinblendung im Programm des Fernsehsenders n-tv
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Thomas Plaßmann
Norwegens Kapitänin Ada Hegerberg: Nur knapp hinter Italien
Foto:Molly Darlington - UEFA / UEFA / Getty Images