Propalästinensische Aktivisten haben den Tag der offenen Tür im Auswärtigen Amt benutzt, um die Nahostpolitik der Bundesregierung mit teils unzutreffenden Vorwürfen zu verurteilen. Außenminister Johann Wadephul (CDU) hatte am Sonntagnachmittag zu einem Bürgerdialog in den Weltsaal des Auswärtigen Amts in Berlin geladen. Eine Stunde lang beantwortete er dabei Fragen der Besucher, dabei kam es zu einem Zwischenfall. Mehrere propalästinensische Aktivisten störten die Veranstaltung mit Zwischenrufen, einer wurde von der Polizei aus dem Saal geführt.
Aus dem Publikum wurden die meisten Fragen zum Umgang der Regierung mit der Lage im Gazastreifen gestellt. Ob es noch im Interesse Deutschlands sei, Waffen an Israel zu liefern, fragte eine Person, die in den Farben der palästinensischen Flagge gekleidet war. Den von der Regierung beschlossenen Waffenstopp erwähnte sie nicht.
In der Tat sei die Lage in Gaza unerträglich, sagte Wadephul. Man müsse versuchen, »irgendeine Regelung zu finden«, so der CDU-Politiker. »Dass die jetzige humanitäre Hilfe dafür unzureichend ist, das weiß ja jeder.« Mehr Hilfe liefern könne Deutschland jedoch nur, wenn es einen Waffenstillstand gebe.
Eine zweite Aktivistin kritisierte, dass die Bundesregierung sich jeder Art von Sanktion gegen Israel verweigere. Wadephul entgegnete der Frau, sie habe »übersehen, dass die Bundesregierung eine übrigens auch in der deutschen Öffentlichkeit durchaus zum Teil kritisierte Maßnahme ergriffen hat, nämlich keine Waffen mehr an Israel zu liefern, die im Gazastreifen eingesetzt werden können«. Dieser Waffenstopp sei der Regierung nicht leicht gefallen, fuhr Wadephul fort, aber er sei »notwendig angesichts der humanitären Situation«.
Der Außenminister gab der Terrororganisation Hamas die Hauptschuld an der gegenwärtigen Lage. »Wir sind deswegen da drin, weil die Terroristen der Hamas Israel am 7. Oktober 2023 überfallen haben«. Sie hätten unschuldige Menschen ermordet, Frauen vergewaltigt haben, Babys aufgeschlitzt. »Das ist das schlimmste Massaker an Jüdinnen und Juden gewesen, seit der Schoa.« Über solch eine Freveltat könne Deutschland nicht hinwegsehen.
Wadephul forderte die Freilassung der von der Hamas verschleppten Geiseln. Die Mehrzahl sei mittlerweile tot, so der Minister. »Und in welchem Zustand die übrigen sich befinden, wissen wir nicht genau.«
Ein dritter Aktivist behauptete daraufhin, Wadephul sowie seine Vorgängerin Annalena Baerbock (Grüne) hätten Lügen verbreitet und diese nie korrigiert. So seien die Vergewaltigungen von israelischen Frauen und die getöteten Babys am 7. Oktober nie bestätigt worden. Das seien »Lügengeschichten«, die das Auswärtige Amt dem Volk verkaufe. Wadephul brach daraufhin das Gespräch über Gaza ab. Er werde sich nicht mit Propaganda auseinandersetzen, sagte er. Wer die Gräueltaten des 7. Oktober in Abrede stelle, verabschiede sich von einer vernünftigen Diskussion. »Derartige Gespräche führe ich nicht.«
Später erhob sich der Mann und lief mit einer Palästinaflagge in Richtung Bühne, dabei rief er »Free Palestine«. Nachdem er der Aufforderung, sich wieder zu setzen, nicht nachgekommen war, wurde er von der Polizei aus dem Saal geführt. Sowohl die Aktivisten als auch Wadephul erhielten für ihre Wortmeldungen teils starken Beifall.
Kontrovers, aber weniger polemisch
Auch andere außenpolitische Fragen wurden diskutiert, darunter das Verhältnis zu US-Präsident Donald Trump, zur Ukraine und zu China, teils ebenso kontrovers, aber weniger polemisch. Eine Frau erinnerte an das Schicksal jener Afghanen, die in Pakistan auf eine Ausreise nach Deutschland warten, darunter ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr. Pakistan hatte jüngst einen Teil von ihnen nach Afghanistan abgeschoben. Die Frau überreichte dem Außenminister eine von 100.000 Menschen unterschriebene Petition. »Die Zusagen, die gemacht wurden von der Vorgängerregierung, sind rechtlich bindend«, sagte die Frau und fragte: »Müssen wir weiter klagen für alle diese Personen?«
Sie könne klagen, müsse das aber nicht tun, antwortete Wadephul. Er habe bereits im Bundestag zugesichert, »dass alle Personen, die eine rechtliche verbindliche Zusage bekommen haben, aufgenommen werden«. Es finde eine Sicherheitsüberprüfung statt, die leider nicht in seiner Verantwortung liege. Als Minister sei er aber an Recht und Gesetz gebunden, so Wadephul. »Nach meiner Auffassung haben wir das zu erfüllen.«
Viel Applaus erhielt auch Wolfram Jarosch, dessen Kind Maja T. seit 14 Monaten rechtswidrig in Ungarn in Untersuchungshaft sitzt. »Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen und deswegen muss Ihr Kind zurück nach Deutschland», versprach Wadephul. Er habe mit seinem ungarischen Kollegen über das Thema gesprochen und werde das bald wiederholen. »Für Deutschland ist das keine Kleinigkeit.«