Ich wär so gerne Milliardär

1. Schuften, rackern, schaffen

Das Unterbewusstsein ist schlimmer als jedes Autoradio. Es assoziiert verlässlich schlimme Ohrwürmer herbei. Der erste: »Ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt. Wir steigern das Bruttosozialprodukt«, quakt  die Band Geier Sturzflug im Hinterkopf beim Blick auf die Schlagzeilen. Dort heißt es: »Bundesregierung rechnet mit spürbarem Aufschwung ab 2026.« Demnach soll Deutschlands Konjunktur ab dem kommenden Jahr stärker wachsen. Für 2025 rechnet Schwarz-Rot mit einem Miniwachstum von 0,2 Prozent anstatt 0 Prozent. In den Jahren 2026 und 2027 soll es dann mit 1,3 und 1,4 Prozent bergauf gehen.

Was ist davon zu halten? Trendwende? Wirtschaftswunder? Oder nur ein Wunderchen? »Der Aufschwung steht auf wackeligen Beinen«, sagt mein Kollege Michael Brächer aus unserem Wirtschaftsressort. »Zumindest solange die Koalition die strukturellen Schwächen der deutschen Wirtschaft nicht angeht.« Es wäre nicht das erste Mal, »dass die Regierung die Hoffnung auf kommende Jahre vertagt«.

»Wenn früh am Morgen die Werksirene dröhnt. Und die Stechuhr beim Stechen lustvoll stöhnt«, geiert die Neue-Deutsche-Welle-Band im Hinterkopf weiter. Wobei das mit dem echten Leben nicht viel zu tun hat, wie ein weiterer Blick auf die Schlagzeilen zeigt: Die Industrieproduktion ist zuletzt wegen eines Einbruchs in der Automobilbranche deutlich stärker gesunken als erwartet. In den Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes ging die Fertigung im Monatsvergleich um 4,3 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.

  • Lesen Sie hier mehr: Bundesregierung rechnet mit spürbarem Aufschwung ab 2026

2. Geld, Geld, Geld, Geld, Geld

Schlimmer Ohrwurm zwei: »Ich wär’ so gerne Millionär, dann wär’ mein Konto niemals leer« , singt Sebastian Krumbiegel von den Prinzen, als das Autoradio anspringt. Hach, die größten Hits der Neunziger. Damals war ein Millionär noch wer. Heute müsste die Zeile eher lauten »Ich wär’ so gerne Milliardär«.

Das zeigt die neueste Rangliste der 500 reichsten Deutschen, die meine Kolleginnen und Kollegen vom manager magazin zum 25. Mal recherchieren und veröffentlichen (hier mehr dazu ). Demnach gibt es in Deutschland so viele Milliardärinnen und Milliardäre wie nie zuvor, nämlich 256: »Die Zahl umfasst Individuen ebenso wie Großfamilien, die ein entsprechendes Vermögen gemeinsam kontrollieren. Erstmals besitzen damit mehr als die Hälfte der 500 reichsten Deutschen ein Vermögen von 1000 Millionen Euro oder mehr.«

Auf den vorderen Plätzen liegen:

  1. Lidl-Gründer Dieter Schwarz, 86, mit einem geschätzten Vermögen von 46,5 Milliarden Euro.

  2. BMW-Großaktionäre Susanne Klatten, 63, und Stefan Quandt, 59, mit einem geschätzten Vermögen von 36,1 Milliarden Euro.

  3. Die Familien Albrecht und Heister, die den Discounter Aldi Süd kontrollieren, geschätztes Vermögen: 27,7 Milliarden Euro.

»Die Liste zeigt, wie Reichtum in unserem Land verteilt ist«, sagt meine Kollegin Simone Salden vom manager magazin. »Reichtum bedeutet Macht. Und Macht muss in einer Demokratie Kontrolle erdulden. Nie war die Liste deshalb so notwendig wie heute, um Transparenz herzustellen über die Großvermögen in Deutschland.«

Ach, nächster Ohrwurm, diesmal von Udo Lindenberg, einem Mann, der immerhin im Hotel Atlantic wohnt:

»Ach wie gerne wäre ich im Klub der Millionäre.
Doch da kommt man nicht so ohne weit’res rein.
Da muss man schon Erfinder oder Schwerverbrecher sein.«

  • Die ganze Liste finden Sie hier: Das sind die 500 reichsten Deutschen 

3. Lesen und lesen lassen

Kein Ohrwurm, aber noch eine Liste: Am 20. November 2025 vergibt der SPIEGEL erstmals den SPIEGEL Buchpreis. Eine renommierte Jury prämiert belletristische Literatur, die in diesem Jahr auf dem deutschen Markt erscheint. Die Besonderheit: Berücksichtigt werden nicht nur deutschsprachige Originalausgaben, sondern auch Übersetzungen internationaler Autorinnen und Autoren.

Das sind die 20 nominierten Titel:

· Natasha Brown, »Von allgemeiner Gültigkeit«, übersetzt von Eva Bonné (Suhrkamp)
· Kamel Daoud, »Huris«, übersetzt von Holger Fock und Sabine Müller (Matthes & Seitz)
· Constance Debré, »Play Boy«, übersetzt von Max Henninger (Matthes & Seitz)
· Dorothee Elmiger, »Die Holländerinnen« (Hanser)
· Percival Everett, »Dr. No«, übersetzt von Nikolaus Stingl (Hanser)
· Verena Güntner, »Medulla« (DuMont)
· Sebastian Haffner, »Abschied« (Hanser)
· Seán Hewitt, »Öffnet sich der Himmel«, übersetzt von Stephan Kleiner (Suhrkamp)
· Pierre Jarawan, »Frau im Mond« (Berlin Verlag)
· Mieko Kawakami, »Das gelbe Haus«, übersetzt von Katja Busson (DuMont)
· Rachel Kushner, »See der Schöpfung«, übersetzt von Bettina Abarbanell (Rowohlt)
· Jonas Lüscher, »Verzauberte Vorbestimmung« (Hanser)
· Thomas Melle, »Haus zur Sonne« (Kiepenheuer & Witsch)
· Scholastique Mukasonga, »Sister Deborah«, übersetzt von Jan Schönherr (Claassen)
· Leif Randt, »Let’s talk about feelings« (Kiepenheuer & Witsch)
· Yasmina Reza, »Die Rückseite des Lebens«, übersetzt von Claudia Hamm (Hanser)
· Irene Solà, »Ich gab dir Augen, und du blicktest in die Finsternis«, übersetzt von Petra Zickmann (S. Fischer)
· Szczepan Twardoch, »Die Nulllinie. Roman aus dem Krieg«, übersetzt von Olaf Kühl (Rowohlt Berlin)
· Benjamin Wood, »Der Krabbenfischer«, übersetzt von Werner Löcher-Lawrence (DuMont)
· Feridun Zaimoglu, »Sohn ohne Vater« (Kiepenheuer & Witsch)

Die Jury schreibt: »Der Krieg in der Ukraine, lesbischer Sex, libanesische Raketenprogramme, der Dschungel, die Malaisen von Mittelstands-Berlinern – die besten Bücher des Jahres öffnen auf ihre je eigene Art einen neuen Blick auf unsere Gegenwart. Gemeinsam haben sie dabei vor allem, dass es ihnen gelingt, auch über diese hinauszuschauen.«

  • Hier mehr dazu: SPIEGEL Buchpreis – das sind die 20 nominierten Titel

Was heute sonst noch wichtig ist

  • Maaßen verliert Machtkampf gegen Ex-AfD-Chef Meuthen: Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen hat seinen Rücktritt als Parteivorsitzender der WerteUnion erklärt und seinen Austritt angekündigt. Hintergrund ist ein Machtkampf innerhalb der Partei.

  • Nobelpreis für Chemie geht an drei Materialforscher: Sie werden für die Entwicklung von Materialien ausgezeichnet, die etwa Kohlendioxid aus der Luft filtern können: Susumu Kitagawa, Richard Robson und Omar Yaghi gewinnen den diesjährigen Chemie-Nobelpreis.

  • US-Opposition wirft Trumps Justizministerin Machtmissbrauch vor: Demokratische Senatoren werfen der US-Justizministerin Pam Bondi vor, ihr Amt als »politische Waffe« für Donald Trump und dessen Absichten zu benutzen. Sie bestreitet die Vorwürfe.

  • Alle eingeschlossenen Wanderer am Mount Everest gerettet: Hunderte Hiker, die am Mount Everest von heftigen Schneefällen überrascht wurden, sind wieder in Sicherheit. Sie saßen im sogenannten Karma-Tal auf einer Höhe von 4900 Metern fest.

Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen

Diese französische Landwirtin will Veggieburger aus Europa verbannen: »Ein Steak ist aus Fleisch gemacht – Punkt«: Die Französin Céline Imart will, dass vegetarische Produkte keine Wurst- oder Fleischnamen mehr tragen dürfen. Wie sie sich im EU-Parlament durchgesetzt hat.

Was heute weniger wichtig ist

Farmwille: Der in Kentucky geborene US-Schauspieler George Clooney, 64, hat einen großen Teil seiner Kindheit auf dem Land verbracht – und es laut eigener Aussage gehasst. Dennoch lebt er mit seiner Frau, der Menschenrechtsanwältin Amal Clooney, 47, und den Zwillingen Ella und Alexander, 8, auf einem Bauernhof in Frankreich. Seine Kinder sollten nicht »herumlaufen und sich Sorgen über Paparazzi machen müssen«, sagte er dem Magazin »Esquire «. Er wolle auch nicht, »dass sie mit berühmten Kindern von anderen verglichen werden«.

Mini-Hohl

Aus der »Goslarschen Zeitung«: »Gegen 8.40 Uhr hatte ein Anwohner den brennenden Transporter bemerkt, dem ein in Braunlage lebender Bürger gehört.«

Hier finden Sie den ganzen Hohl.

Cartoon des Tages

Und heute Abend?

Könnten Sie einer Empfehlung meines Kollegen Arno Frank folgen und die Doku »Ozzy: No Escape from Now«  bei Paramount+ gucken. Hier werde Ozzy Osbournes »Leidensweg zur Heldenreise« (hier die Rezension ).

Ihnen einen unterhaltsamen Abend. Herzlich

Ihr Oliver Trenkamp, Blattmacher in der Chefredaktion

Bremerhaven: Im laufenden Jahr wächst die Wirtschaft wohl kaum

Foto:

Sina Schuldt / dpa / picture alliance

Unter den 500 reichsten Deutschen (v.l.): Susanne Klatten, Fabian Veltins, Dieter Schwarz, Beate Heister und Alexander Kind

Illustration: Anja Reponen / manager magazin

20 nominierte Titel: Diese Bücher sind im Rennen um den SPIEGEL Buchpreis

Foto: Alexandra Polina / DER SPIEGEL

EU-Abgeordnete Céline Imart: Kampf für Fleisch

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