SPD warnt den Kanzler vor deutscher Isolation in der Nahostpolitik

Nach Genehmigung eines Bauprojektes im Westjordanland erhöht die SPD den Druck auf den Kanzler, sich weiteren Sanktionen gegen Israel anzuschließen. Die SPD habe sich bereits für eine »Ganz- oder Teil-Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens« mit Israel ausgesprochen, sagte Adis Ahmetović, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, dem SPIEGEL. »Zusätzlich braucht es gezielte Sanktionen gegen einzelne Minister der israelischen Regierung. Der Kanzler ist gefordert, sich den europäischen Initiativen anzuschließen – bevor wir uns in Fragen der Nahostpolitik weiter isolieren.«

Am Donnerstag hatte die israelische Regierung den Bau Tausender Wohnungen im Westjordanland genehmigt. Es geht um das strategisch wichtige Gebiet E1 östlich von Jerusalem. Der rechtsextreme israelische Finanzminister Bezalel Smotrich begründete die neuen Siedlungspläne damit, einen palästinensischen Staat begraben zu wollen . Die Bebauung würde den nördlichen Teil des Westjordanlands (Samaria) vom südlichen (Judäa) abtrennen, damit wäre das Territorium eines zukünftigen palästinensischen Staates zerschnitten.

»Die Ausweitung des Krieges über fast ganz Gaza und die parallel betriebene illegale Siedlungspolitik im Westjordanland stellen einen erneuerten Bruch des Völkerrechts dar«, kritisierte Ahmetović. »Beides führt zu mehr Vertreibung, Toten und minimiert Chancen, die Geiseln aus den Händen der Hamas zu holen. Zudem untergräbt diese Strategie der israelischen Regierung die Perspektive auf eine Zweistaatenlösung.«

Auch die Bundesregierung lehne das Bauprojekt »entschieden ab«, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts vergangene Woche. »Der Siedlungsbau verstößt gegen das Völkerrecht und einschlägige Resolutionen des UN-Sicherheitsrats.« Außenminister Johann Wadephul (CDU) sagte am Donnerstag beim Besuch in Indonesien, der Weg zu einer Zweistaatenlösung dürfe nicht verbaut werden.

Einer gemeinsamen Erklärung von 21 Staaten schloss sich Deutschland allerdings nicht an. Zu den Unterzeichnern gehörten neben Großbritannien, Frankreich und Italien auch Australien und Kanada. Deutschland unterschrieb die Erklärung hingegen nicht. Darin wird die Entscheidung der israelischen Regierung verurteilt. »Wir fordern dringend ihre sofortige Rücknahme«, heißt es darin.

In der kommenden Woche plant Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) eine Reise nach Israel und in die palästinensischen Gebiete. Ende August trifft Außenminister Wadephul dann seine EU-Amtskollegen beim informellen EU-Außenministertreffen in Kopenhagen. Dort geht es auch um die Frage weiterer Sanktionen. Eine Aussetzung des EU-Forschungsprogramms Horizon mit Israel hat Wadephul bislang abgelehnt. Einen Stopp von Waffenlieferungen hatte CDU-Chef Friedrich Merz auch lange abgelehnt, ihn dann aber nach der Ankündigung einer neuen Gaza-Offensive der israelischen Armee doch Anfang August vollzogen .

Israels Finanzminister Bezalel Smotrich bei der Präsentation der neuen Siedlungspläne

Foto: Ronen Zvulun / REUTERS

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