Die Grünen sind verärgert über das Vorgehen der SPD bei der Auswahl einer neuen Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hatte am Donnerstag in der Sendung Frühstart bei RTL/n-tv gesagt, man habe eine neue Kandidatin gefunden. Es gebe einen Namen. Öffentlich sagen wollte er ihn aber nicht. Auch intern wurden weder Union noch Grüne bislang über den Personalvorschlag informiert.
»Dass Matthias Miersch jetzt öffentlich angekündigt hat, er habe einen Namen für eine Person, ohne aber notwendige Gespräche mit allen demokratischen Fraktionen hierzu geführt zu haben, ist nach dem bisherigen Verlauf der gescheiterten Wahl unklug und heizt zudem unnötig Spekulationen an«, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann dem SPIEGEL. »Nach dem chaotischen, ungeheuerlichen Vorgang um die gescheiterte Richterwahl zum Bundesverfassungsgericht gilt es nun, weiteren Schaden vom höchsten Gericht, von vorgeschlagenen Personen und dem Wahlverfahren abzuwenden.«
Union und SPD waren im Juli mit der Wahl neuer Richter für Karlsruhe gescheitert. Die von der SPD vorgeschlagene Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf wurde von der Union im Richterwahlausschuss zunächst durchgewunken, in der Fraktion von CDU/CSU dann aber von großen Teilen abgelehnt. Die Wahl im Plenum des Deutschen Bundestages musste kurzfristig abgesagt werden, Anfang August zog die Rechtswissenschaftlerin daraufhin ihre Kandidatur zurück. Seitdem warten alle Beteiligten gespannt auf einen neuen Vorschlag der SPD.
Nach den beispiellosen Vorgängen rund um die Richterwahl sitze das Misstrauen zwischen den Koalitionspartnern offenbar tief, sagte Haßelmann dem SPIEGEL. Sie erinnerte daran, dass es für eine erfolgreiche Richterwahl auch Stimmen aus der demokratischen Opposition brauche, also auch von den Grünen.
»Die Koalition und insbesondere die beiden Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn und Matthias Miersch müssen jetzt beweisen, dass sie noch verlässlich und handlungsfähig sind«, sagte Haßelmann. Spahn und Miersch sollten sich darum kümmern, die anstehende Richterwahl demokratisch abzusichern, so die Grünenpolitikerin. »Wir halten Gespräche zwischen den demokratischen Fraktionen für notwendig.«