1. Hickhack bei der Wehrdienstreform
Wenn jemand einen besseren Weg wisse, solle er ihn nennen: So hat Unionspolitiker Jens Spahn heute im Bundestag den Vorschlag seiner Partei für ein Losverfahren beim neuen Wehrdienst kommentiert. Das Los soll entscheiden, wenn die Bundeswehr nicht genügend Freiwillige findet (hier dazu unsere SPIEGEL-Leserdebatte).
Danach ging der Schlagabtausch im Bundestag über den neuen Wehrdienst am Nachmittag erst richtig los. Dennoch fand ich Spahns Nebensatz entlarvend, weil er so ideenlos und defensiv wirkte. Was klar ist: Deutschland muss verteidigungsfähig werden. Alles Weitere ist Gegenstand eines Koalitionsstreits. Viele sind mit dem Gesetzentwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) unzufrieden, was wiederum Pistorius erzürnt (mehr dazu lesen Sie hier ).
Und was denken die Jungen? Meine Kollegin Anastasia Trenkler hat mit dem Vorsitzenden der Schüler Union, Manuel Stroh, gesprochen. Er fordert mehr Mitsprache und »ein wasserdichtes Konzept, mit dem meine Generation planen kann.«
Auch über die Rentenreform debattierte der Bundestag heute übrigens (mehr dazu hier ). Längst ist klar: Das System braucht eine grundlegende Neuordnung. Anliegen der Jüngeren finden auch hier kaum Gehör.
Vielleicht sollte man für neue Einsichten einmal beide Themen zusammen denken: Wie würde wohl die Idee ankommen, per Los zu entscheiden, wer mit 63 in Rente gehen kann und wer nicht? Unvorstellbar, dass ein Politiker sich mit so einem Vorschlag in die Nesseln der Rentnerrepublik setzte. Junge zum Dienst an der Waffe zuzulosen ist dagegen denk- und sagbar. Das zeigt exemplarisch, wie respektlos Deutschlands Politik jungen Menschen mitunter begegnet.
Wem mutet man Dinge zu, wen schont man? Letztlich ringt Politik immer um diese Fragen – und sollte ihre Entscheidungen allen Altersklassen besser erklären können.
Lesen Sie hier das ganze Interview: »Ich erwarte ein wasserdichtes Konzept, mit dem meine Generation planen kann«
2. Und wieder grüßt … das Coronavirus
Auf diesen Trend könnte ich als Mutter eines Kitakindes gut verzichten: Die Zahl der Covid-19-Fälle in Deutschland steigt gerade wieder. Das zeigen ans Robert Koch-Institut (RKI) übermittelte Daten. Durch die Herbstferien könnten die Zahlen aus dem aktuellen Bericht stärker schwanken und sich nachträglich noch verändern, heißt es vom RKI außerdem.
Zwar soll der Anstieg der Corona-Aktivität immer noch niedriger sein als im Vorjahr um diese Zeit. Das tröstet mich aber nur wenig. Es ist wohl die neue, leidige Realität im Herbst und Winter, dass man sich damit abfinden muss, dass neben allen ohnehin schon herumschwirrenden Keimen und Viren auch das Coronavirus einfach noch obendrauf kommt. Ich muss sagen: Das bleibt ätzend, auch wenn die Coronapanik – zum Glück und dank wirksamer Impfstoffe – abgeflaut ist.
Falls Sie bei Corona irgendwann wie ich die sofortige Alarmiertheit abgelegt und den Überblick verloren haben: Aktuell ist die Linie XFG, auch Stratus genannt, am weitesten verbreitet. Das ist eine Linie der Omikron-Variante (dieser Name sagte mir trotz meiner Corona-Abgestumpftheit noch etwas).
Laufend aktualisierte Gesundheitsdaten finden Sie im SPIEGEL-Erkältungsmonitor .
3. Ein tragischer letzter Aufstieg
Der tödliche Kletterunfall von Ex-Biathletin Laura Dahlmeier, 31, bewegte Deutschland. Ein SPIEGEL-Team hat für die aktuelle Titelstory die dramatischen Geschehnisse am Laila Peak in Pakistan rekonstruiert . Die Kollegen konnten mit Dahlmeiers Vater Andreas sprechen sowie mit Profibergsteiger Thomas Huber. Er war mit Dahlmeier befreundet und hatte einen – vergeblichen – Bergungsversuch unternommen.
Vermutlich haben die herabfallenden Steine die Bergsteigerin unmittelbar getötet. Ihr Helm, so berichtet Dahlmeiers Kletterpartnerin von den Momenten des Unglücks, war zertrümmert. »Laura Dahlmeier wird am Laila Peak bleiben«, sagt mein SPIEGEL-Kollege Gerhard Pfeil nach Abschluss seiner Recherche. Huber erzählte ihm, dass er vor seiner Abreise vom Laila Peak noch eine kleine Gedenktafel am Stein befestigen konnte: »Es ist ein wunderschöner Ort, wo Laura jetzt ihre Ruhe findet«, so der Extremkletterer.
• Lesen Sie hier die aktuelle SPIEGEL-Titelgeschichte: »Laura, halte durch«
Was heute sonst noch wichtig ist
Frankreichs Regierung übersteht beide Misstrauensabstimmungen in der Nationalversammlung: Frankreichs Premier Sébastien Lecornu und sein neues Kabinett haben Misstrauensanträge der Linken und Rechten überstanden. Der Regierungschef geht gestärkt daraus hervor, die politische Krise ist damit aber nicht gelöst.
Schlagerproduzent Jack White ist tot: Er hat 400 Gold- und Platin-Schallplatten erhalten, schrieb Hits wie »Looking for Freedom« und »Fußball ist unser Leben«: Nun ist der Komponist und Musikproduzent Jack White gestorben. Er wurde 85 Jahre alt.
Trump erlaubt CIA verdeckte Einsätze in Venezuela: Die US-Regierung will ihre Aktionen gegen mutmaßliche Drogenkartelle in Südamerika ausweiten. Zuletzt versenkte das Militär mehrere Boote vor der Küste Venezuelas. Jetzt habe man das Land selbst »im Blick«, sagte der Präsident.
Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen
Regel Nummer eins – Trump besser nicht korrigieren: In seinen spektakulären Erinnerungen erzählt Jens Stoltenberg aus dem Innenleben der Nato. Und er schreibt, was der Westen aus seiner Sicht gegenüber Russland falsch gemacht hat .
Was heute weniger wichtig ist
Not keeping up with the Kardashians: Wie geht Co-Parenting mit dem umstrittenen Rapper Kanye West? Es ist »nicht einfach«, sagt Ex-Frau Kim Kardashian, 44. Die beiden haben vier gemeinsame Kinder. Im Podcast »Call Her Daddy« erklärte die Unternehmerin gegenüber Host Alex Cooper: »Ich ziehe die Kinder groß, in Vollzeit. Sie leben bei mir.« West, 48, hatte in der Vergangenheit behauptet, seine Ex-Frau habe die Kinder »entführt«. Am Vorwurf der Entfremdung sei aber nichts dran, betonte Kardashian. Auf die Nachfrage von Cooper, wann West seine Kinder das letzte Mal gesehen habe, antwortete Kardashian: »Es ist wahrscheinlich schon ein paar Monate her, seit wir von ihm gehört haben.«
Mini-Hohl
Hier finden Sie den ganzen Hohl.
Cartoon des Tages: Wehrpflichtdebatte
Und heute Abend?
Seit Kurzem ist die neue Video-KI der Firma OpenAI, Sora 2, auf dem Markt, zumindest in Nordamerika. Mit ihr lassen sich realistisch erscheinende Kurzclips per Texteingabe erstellen. Auch mit schwierigen Bewegungsabläufen wie Skateboardfahren oder Akrobatik kann das Tool augenscheinlich gut umgehen, die Tonspur der Videos ist ebenfalls oft beeindruckend gut. Seit wenigen Tagen kann man die KI in Deutschland zumindest über Zweitanbieter nutzen. Der offizielle Start in Europa steht noch an. In der Zwischenzeit kann man sich mit bemerkenswert kreativen oder sogar cineastischen Sora-2-Videos auf das neue Zeitalter der KI-Videos einstimmen, etwa mit diesem actiongeladenen Schneesturmclip , den ein Nutzer veröffentlicht hat.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Herzlich
Ihre Angela Gruber, Autorin im Wirtschaftsressort
Verteidigungsminister Pistorius
Foto: Mike Schmidt / SZ Photo / picture allianceCoronatest
Foto: Jens Kalaene / dpaDer neue SPIEGEL, jetzt digital und morgen am Kiosk
Politiker Stoltenberg, Trump (vorn), Macron (2. Reihe l.), Merkel (M.) beim Nato-Gipfel in Großbritannien 2019
Foto: Francisco Seco / dpaKim Kardashian und Kanye West 2020: Die beiden haben 2014 geheiratet und sich 2022 scheiden lassen
Foto:Chris Chew / UPI Photo / IMAGO
Beschriftung einer Tür in der Ausstellungshalle der Nordart in Büdelsdorf
Soll der Zufall entscheiden, welche jungen Männer zur Musterung eingeladen werden?
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Helena Baumeister / DER SPIEGEL