ETFs sind unglaublich beliebt. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Sparerinnen und Sparer begonnen, mit dieser bequemen, kostengünstigen Anlageform fürs Alter vorzusorgen. Die Abkürzung ETF steht für Exchange Traded Funds, auf Deutsch spricht man von börsengehandelten Indexfonds.
9,5 Millionen Sparpläne auf solche ETFs haben Anleger bis 2024 allein in Deutschland abgeschlossen . Die Produkte haben das Zeug, für die Altersvorsorge prägend zu werden, die Lebensversicherung des 21. Jahrhunderts quasi. Eine deutlich bessere Altersvorsorge, kostengünstig, renditestark und unkompliziert für die Sparerinnen und Sparer. So habe ich schon vor zehn Jahren gegenüber Managern der großen Fondsgesellschaften argumentiert.
Ein Bauchweh gab es schon damals und es wird stärker. Die Fondsgesellschaften schicken sich nämlich seit einigen Jahren an, den Begriff ETF als Werbeslogan zu benutzen und dabei den Ruf ihrer Topprodukte durch ETF-Labels auf immer neuen Anlageformen infrage zu stellen. Konkret sind das:
Varianten, die nicht notwendig einem Index folgen,
Varianten, die speziellen Ideen folgen, dafür vielleicht sogar einen eigenen Index entwickeln, aber die nicht durch marktbreite weltweite Investitionen das Risiko einer Kapitalanlage in Aktien einhegen,
und Varianten, die auch nicht unbedingt günstig sind.
Es werden mittlerweile Produkte als ETFs verkauft, die kompliziert sind und deren Qualität für die Kunden schwerer zu durchschauen ist. Zudem sind sie oft teuer. Das heißt, die Fondsgesellschaften und die vertreibenden Banken und Broker kassieren mehr. Gleichzeitig wird der falsche Eindruck aufrechterhalten, dass man mit einem solchen Produkt in der Geldanlage gewissermaßen nichts falsch machen könne.
Eine bei den Fondsgesellschaften besonders populäre Variante solcher ETFs sind im Augenblick die sogenannten aktiven ETF. Diese Fonds werden wie alle anderen ETF direkt an der Börse gehandelt, aber ihr Kurswert orientiert sich nicht unmittelbar an einem Index, sondern wird durch ein Management beeinflusst, das auch bezahlt werden will. Gab es 2022 rund 80 solcher Fonds in Deutschland zu kaufen, sind inzwischen über 300 Fonds an der Frankfurter Börse Xetra registriert. 50 Milliarden Euro sollen in diesen Fonds stecken.
Allein JPMorgan ist mit fast 50 solcher Fonds am Start. Vom sieben Jahre alten Dickschiff JPM US Research Enhanced Index ETF, in dem 12,5 Milliarden Dollar Anlagekapital stecken, und der sein erklärtes Ziel erreicht hat, besser als der US-Aktienindex SP 500 zu sein . Bis zum im Januar 2024 in Irland aufgelegten JPMorgan Active US Growth UCITS ETF USD (dist). Beim kleinen Growth-Fonds hat das Fondsmanagement aktuell in Nvidia, Meta, Microsoft, Amazon und Apple investiert und bislang über 300 Millionen Dollar an Einlagen eingesammelt. 2025 hat es in Dollar gerechnet bisher 8,8 Prozent erwirtschaftet , während der US-Index Nasdaq 100 über zehn und der MSCI World in Dollar fast zwölf Prozent im Plus steht . 8,8 Prozent Plus in Dollar sind in Euro ein Verlust, weil der Dollar gegenüber dem Euro so stark an Wert gewonnen hat.
Auch Fonds-Marktführer Blackrock und Europas größte Fondsgesellschaft Amundi sind mit einigen aktiven ETF beim Trend dabei.
Vor- und Nachteile der aktiven ETF
Vorteile haben die gemanagten ETFs zumindest gegenüber klassischen gemanagten Fonds. Erstens sind die Kosten in vielen Fällen deutlich niedriger, etwa halb so hoch. Zweitens kann die Anlegerin wie bei klassischen ETFs quasi täglich sehen, was denn genau im eigenen Fonds drin ist.
Aber dann hört es auf. Sie kann nicht wie beim klassischen ETF durch einen schnellen Blick auf den Index erfahren, ob sich die Anlage verglichen mit der Konkurrenz gut entwickelt. Vielmehr muss sie wie vor 20 Jahren regelmäßig die Kursentwicklung kontrollieren. Es kann nämlich sein, dass das Fondsmanagement des aktiven ETF schlecht gewirtschaftet hat und die Geldanlage gar nicht gut läuft, obwohl der Markt drumherum sich hervorragend entwickelt. Für mehr Kontrollaufwand und mehr Ungewissheit bezahlt der Kunde dann auch noch höhere Gebühren.
Mich ärgert das. Nicht etwa, weil Fondsmanager neue Konzepte ausprobieren und dafür Gebühren kassieren wollen. Sondern weil sie über den Namen ihrer Produkte so tun, als ob es sich um fast schon klassische, preisgünstige, relativ sichere Anlageformen handelt. Meine Kollegen bei »Finanztip« haben aktive ETF gefunden, die fast ein Prozent Kosten im Jahr verlangen und damit fünf- bis zehnmal so teuer sind wie die von »Finanztip« normalerweise empfohlenen marktbreiten weltweit anlegenden ETFs, die Indizes wie den MSCI World, den MSCI All Countries oder den FTSE All Countries abbilden .
Etikettenschwindel
Ich würde so etwas Etikettenschwindel nennen. Dabei ist mir schon bewusst, dass es sich nicht buchstäblich um einen Schwindel handelt. Denn das Label ETF heißt ja nur, dass der Fonds direkt an der Börse gehandelt wird. Im Alltag sind viele Anleger und auch die Verkäufer von Produkten aber dazu übergegangen, gedanklich das Kürzel ETF mit dem Erfolgsmodell marktbreiter, weltweiter Aktienindexfonds zu verbinden.
Um den Etikettenschwindel zu beenden, gäbe es einen ganz einfachen Trick. Man nennt jeden Fonds nach seinen wirklichen Eigenschaften:
Also zum Beispiel Eriks wunderschöner Fonds mit großen Rüstungsaktien aus Europa ETF, kurz EWFGRAE-ETF,
Oder Timothys 50 Tech-Aktien aus Nordamerika ETF – T50TAANA ETF
oder Amelies Solarfonds ausschließlich aus Europa ETF – ASAAE ETF.
Und was den Erfolg angeht, könnte sich die Branche auch ehrlich machen. Lassen Sie uns das noch einmal ganz nüchtern betrachten. Es könnte ja sein, dass die Aktienauswahl von Erik, Timothy oder Amelie in den unruhigen Zeiten mit Ukrainekrieg, Gazakrieg und Handelskrieg deutlich besser funktioniert als die banalen Indizes.
Das war in der Vergangenheit aber eher selten so. Es gibt zu diesem Thema eine extrem ernüchternde Datenbank der Ratingagentur Standard & Poor’s. Demnach haben nach 15 Jahren fast 90 Prozent der aktiven US-Fonds, die in große amerikanische Aktien investieren, schlechter abgeschnitten als der Index. In der EU sind nach zehn Jahren sogar 97 Prozent schlechter als der Index, wenn man nur auf die Fonds schaut, die in den globalen Aktienmarkt investieren .
Zu aktiven ETFs gibt es in der Breite noch keine Erkenntnisse. Dafür sind sie noch zu jung. Meine Kollegen bei »Finanztip« haben sich als Beispiel einmal den »JPM Global Research Enhanced Index ETF« von JPMorgan (ISIN: IE00BF4G6Y48) angeschaut. Dieser hat ganz direkt das Ziel, besser zu performen als der Weltaktienindex MSCI World.
Ein Blick auf die Renditen zeigt: Der aktive ETF von JPMorgan lief in den vergangenen Jahren tatsächlich etwas besser als ein passiver MSCI-World-ETF. Von Anfang 2020 bis Ende 2024 erreichte er eine Rendite von 13,89 Prozent pro Jahr. Beim besten passiven ETF im »Finanztip«-ETF-Vergleich waren es »nur« 13,09 Prozent pro Jahr.
Aber: Diese etwas bessere Performance ist keine Garantie für die Zukunft. Das zeigt der Blick auf die Rendite im bisher doch recht turbulenten Börsenjahr 2025. Seit Jahresanfang liegt der JPMorgan-ETF mehr als ein Prozent schlechter als der Index. .
Die Konsequenz
Lassen Sie sich nicht aktiv verunsichern. Wenn Sie einen ETF-Aktienfonds zur erfolgreichen, entspannten, langfristigen Geldanlage kaufen wollen, achten Sie darauf, dass es wirklich ein Indexfonds ist, dass Sie den zugrunde liegenden Index in den Medien einfach verfolgen können. Oder nehmen Sie gleich einen von den 28 Fonds, die bei »Finanztip« empfohlen werden . Die günstigsten empfohlenen weltweiten marktbreiten ETF haben eine Kostenquote von 0,1 Prozent (UBS) oder 0,12 Prozent (Vanguard).
Wenn Sie stattdessen einen Fonds wie den ausgedachten von Erik, Timothy oder Amelie kaufen wollen, weil Sie das Werbeversprechen des konkreten Fondsmanagers überzeugend finden, seien Sie sich der Risiken bewusst und kontrollieren Sie wenigstens regelmäßig das Ergebnis der Anlageanstrengungen Ihres Fondsmanagers. Legen Sie sich dazu einen eigenen Maßstab zu, hilfsweise den Index, dem Ihr klassischer ETF folgt.
Natürlich kann Ihr gemanagter Fonds tatsächlich auch mal für einige Jahre besser sein als sein nahe liegender Index. Auf die lange Frist aber kaum – glauben Sie hier Standard & Poor’s.