Regierung streitet über Neubau von Straßen – ohne den Verkehrsminister

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) verzichtet nach einem Kreislaufzusammenbruch vor gut einer Woche weiter auf öffentliche Auftritte. »Der Minister arbeitet zu Hause in der Eifel und nimmt keine öffentlichen Termine vor Ort oder in Berlin wahr«, sagte ein Sprecher dem SPIEGEL. Wann Schnieder sein Amt wieder voll ausüben wird, ließ er offen.

Schnieder hatte während einer Koalitionsklausur am 30. September einen Kreislaufkollaps erlitten und war zur Untersuchung ins Krankenhaus gekommen. Anschließend sagte der 57-Jährige vorerst alle Termine ab. Ein Grund für Schnieders gesundheitliche Probleme könnte eine verschleppte Erkältung sein.

Fehlen wird Schnieder damit auch beim Koalitionsausschuss, der am Mittwochabend zusammenkommt. Dort soll ihn sein Staatssekretär Christian Hirte vertreten. Der Ausschuss besteht aus Spitzen von Regierung und Koalitionsparteien, an seinen Treffen nehmen aber auch einzelne Minister teil, wenn es um Themen aus ihrem Ressort geht.

Am Mittwoch wäre eigentlich auch Schnieder gefragt. Denn der Koalitionsausschuss soll sich mit einem Verkehrsthema befassen, das in den vergangenen Wochen für Streit sorgte: der Frage, inwiefern Schnieder auch Geld für Neubauprojekte für die Straße erhält.

Zwar soll ein erheblicher Teil des neuen Sondervermögens Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIK) in den Verkehr fließen. Diese Mittel sind aber für den Erhalt bestehender Infrastruktur vorgesehen.

Parallel zur Einführung des Sondervermögens wurde zudem der Verkehrsetat im regulären Haushalt gekürzt, wovon auch Straßenbauprojekte betroffen sind. Schnieder forderte deshalb 15 Milliarden Euro zusätzlich und legte Listen über insgesamt 74 Autobahn- und 99 Bundesstraßenprojekte vor, die andernfalls gefährdet seien.

Bundesfinanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) reagierte ablehnend auf die Forderung. In einem Brief wies er Schnieder darauf hin, dass dieser den Planungen zugestimmt habe und selbst für eine Priorisierung verantwortlich sei. Zudem forderte er vom Verkehrsminister regelmäßige Berichte über den Abfluss bewilligter Gelder. In der Vergangenheit wurden regelmäßig Milliarden an bereits bewilligten Investitionen aus dem Bundeshaushalt nicht abgerufen. Als selbst ernannter »Investitionsminister« will Klingbeil das ändern.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte versucht, im Streit zwischen Schnieder und Klingbeil zu vermitteln. Er stellte mehr Gelder für den Aus- und Neubau von Straßen in Aussicht und versprach, sich für eine flexiblere Nutzung des Sondervermögens einzusetzen. Nach SPIEGEL-Informationen zeichnet sich in der Neubaufrage aber weiterer Streit ab. So sollen lediglich fünf der von Schnieder aufgelisteten Projekte komplett baureif sein. Das Bundesverkehrsministerium wollte diese Zahl zunächst weder bestätigen noch dementieren.

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