Steuerschaden durch Influencer wohl deutlich geringer als vermutet

Steuerfahnder nehmen derzeit Tausende Unterlagen sogenannter Influencer unter die Lupe. Denn Mitte Juli hatte das Ministerrium des nordrhein-westfälische Fianzministers Marcus Optendrenk erklärt, dass Influencer den Fiskus allein dort um rund 300 Millionen Euro betrogen haben sollen. Die Steuerfahnder analysierten demnach ein Paket mehrerer Social-Media-Plattformen, aus denen sich der mutmaßliche Millionenschaden ergibt. Auch andere Bundesländer sollen betroffen sein.

Doch aktuelle Recherchen des manager magazins lassen den Schluss zu, dass der Schaden wohl beträchtlich niedriger ausfällt. Bei den 300 Millionen Euro handelt es sich nicht um die zurückzuzahlende Steuerschuld, sondern um den zugrunde liegenden Umsatz. Die Steuer wird jedoch vor allem auf den Gewinn fällig und hängt dann wiederum vom persönlichen Steuersatz ab.

Das Finanzministerium erklärt auf Nachfrage des manager magazins lediglich: »Die konkrete steuerliche Auswirkung steht naturgemäß erst nach Abschluss der Steuerverfahren fest.« Ansonsten halte sich das Ministerium aus »ermittlungstaktischen Gründen« bedeckt.

Offenbar nur kleine Summen pro Person

In vielen Fällen jedoch dürften diese Ermittlungen ins Leere laufen, schreibt das manager magazin. Hinweise liefere bereits der größte Einzelposten in den zur Verfügung stehenden Datensammlungen. So hatten die Steuerbehörden in Bayern 1000 Datensätze beim Internetriesen Google und dessen Konzernschwester YouTube beschafft.

Das Umsatzvolumen dieses Datensatzes beläuft sich auf etwa 200 Millionen Euro – verteilt auf den Zeitraum von mehreren Jahren. »Teilt man den Umsatz durch die Anzahl der Datensätze sowie die Jahre, in denen die Umsätze erzielt wurden, bleibt am Ende pro Nase nur noch eine kleine Summe übrig«, erklärt ein Insider gegenüber dem manager magazin. »Der Aufwand, das auszuermitteln, lohnt sich kaum.«

Noch ein zweiter Faktor mache die Steuerfahndung ineffektiv: So verteile zum Beispiel das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität in Nordrhein-Westfalen die Daten an die Abteilungen für Betriebsprüfungen der jeweils zuständigen Finanzämter. Vom Strafrecht hätten die dortigen Sachbearbeiter wenig Ahnung, durchsuchen dürften sie ebenfalls nicht.

Angesichts der geringen Befugnisse und der vergleichsweise kleinen Beträge pro Influencer dürfte sich der Ermittlungseifer in Grenzen halten. Und endgültig versanden Ermittlungen dann womöglich, wenn die Influencer aus dem Ausland heraus agieren oder von dort Einnahmen erzielen.

Verwandte Artikel

Next Post