Viele Menschen halten zu Hause exotische Tiere wie Giftschlangen oder Geierschildkröten. Oft haben sie irgendwann genug von ihnen. Was passiert dann? Meine Kolleginnen Anika Freier und Julia Koch haben nachgefragt. Ihre Geschichte lesen Sie hier .
Schildkröten auf Bundesstraßen, Würgeschlangen an Bushaltestellen, Papageien im Gebüsch, Giftspinnen im Wohngebiet: Was Menschen in Deutschland an exotischen, teils streng geschützten oder gefährlichen Kreaturen zu Hause hegen, wird laut meinen Kolleginnen meist nur sichtbar, wenn die Tiere unverhofft auftauchen.
So wie die zwölf Kilogramm schwere Geierschildkröte, die Bauarbeiter Mitte Mai in einem Kanal im schleswig-holsteinischen Kellinghusen entdeckten. Das Riesenreptil, dessen kräftige Kiefer einen Besenstiel knacken könnten, war wohl in einem Nebenfluss der Elbe ausgesetzt worden und von dort aus in den Kanal gepaddelt. Im Artenschutzzentrum in Sparrieshoop, wo es nun lebt, bekam das Weibchen den Namen »Gabi«.
Solche Funde, so schreiben Anika und Julia, sind der sichtbare Ausdruck eines Trends zum extravaganten Haustier. Allein im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Tierschutzorganisation PETA knapp 180.000 Reptilien aus Ländern außerhalb der Europäischen Union nach Deutschland importiert. Der Markt wächst laut Experten auch für exotische Säugetiere, vor allem, wenn sie klein und niedlich sind.
Anna-Caroline Wöhr ist Fachtierärztin für Tierschutz an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Sie hat gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen eine Art Bestandsaufnahme der exotischen Haustiere in Deutschland vorgelegt: Für die »Exopet«-Studie befragte das Team Tierhalterinnen und -halter, Amtstierärzte und niedergelassene Veterinäre. Im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums haben sie »Fakten und Wissen zur Heimtierhaltung« zusammengetragen.
Bei den Reptilien stießen sie auf viel Tierleid, vor allem wegen sogenannter Haltungsfehler. Beispiel Bartagame – das Schuppentier ist ein beliebter Mitbewohner: Oft werden die Tiere falsch ernährt, überfüttert oder sie bekommen zu wenig Licht. So berichteten es die für die Exopet-Studie befragten Tierärzte.
»Für die Haltung von Versuchstieren haben wir in Deutschland sehr strenge Regeln«, sagt Tierärztin Wöhr, »für die meisten Haustiere gibt es dagegen überhaupt keine.« Dabei wären die dringend nötig.
Herzlich
Ihre Kerstin Kullmann
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Foto: Amelie Niederbuchner / DER SPIEGELJean-Christophe Bott / EPA