Grundwasserlage offenbar in jedem zweiten Landkreis kritisch

In 201 von 401 Landkreisen und kreisfreien Städten wird mehr Grundwasser entnommen, als sich durch Niederschläge neu bilden kann. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung , die das Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) im Auftrag des Umweltverbands BUND durchgeführt hat. Nicht nur die bekannten Trockenregionen im Osten Deutschlands seien betroffen, sondern auch Ballungszentren wie die Rheinschiene und Regionen in Niedersachsen, teilte der BUND mit.

Schuld daran seien nicht nur vergangene Dürrejahre. »Die Ursachen für die zunehmende Knappheit sind vielfältig und komplex«, so der BUND. Die Art der Nutzung sei regional sehr unterschiedlich. Die Studie zeige, dass in vielen Gegenden das Grundwasser zu intensiv genutzt werde.

Nach Angaben des Umweltverbands wird die Hälfte des Grundwassers für die Versorgung mit Trinkwasser entnommen. Aber auch Bergbau, verarbeitendes Gewerbe und Landwirtschaft spielten eine Rolle, zudem benötige die chemische Produktion, etwa in Ludwigshafen, »erhebliche Mengen Grundwasser«.

In landwirtschaftlich stark genutzten Regionen wie dem Heidekreis nördlich von Hannover sorge Bewässerung für sinkende Pegelstände. Die Landwirtschaft habe bisher zwar nur einen kleineren Anteil am Gesamtverbrauch, aber ihr Bedarf sei in den vergangenen Trocken- und Dürrejahren gestiegen, so der BUND. »In einigen Landkreisen werden schon heute beträchtliche Mengen an Grundwasser zur Bewässerung genutzt.« Folgen des Klimawandels wie längere Dürrephasen verschärften also die teils kritische Lage beim Grundwasser.

BUND fordert, den Wasserverbrauch zu drosseln

Die Untersuchung unterscheidet zwischen »strukturellem« und »akutem« Grundwasserstress. Um herauszufinden, ob ein struktureller Stress vorliegt, verglichen die ISOE-Forschenden die Wasserentnahme und die langjährige Neubildung von Grundwasser miteinander. Einen strukturellen Grundwasserstress nehmen sie an, wenn die Grundwasserentnahme 20 Prozent über der langjährigen Neubildung von Grundwasser liegt. Auf diesen Richtwert verweist  auch das Umweltbundesamt. Eine Norm für strukturellen Grundwasserstress gibt es allerdings nicht. Zur Einschätzung von akutem Stress zogen die ISOE-Forschenden Daten heran, wie sich Grundwasserstände entwickeln.

Mit Blick auf strukturellen Grundwasserstress stützten die Forschenden sich auf öffentlich zugängliche Daten des Statistischen Bundesamts und der Statistischen Landesämter. Für ihre Analyse von akutem Grundwasserstress verwendeten sie Daten, die das Recherchenetzwerk »Correctiv« zusammengetragen und 2022 veröffentlicht  hatte.

Demnach sei für 141 Landkreise struktureller Grundwasserstress festgestellt worden, so der BUND. In 94 Landkreisen gebe es akuten Grundwasserstress. Da einige Landkreise in beide Kategorien fielen, weise die Analyse 201 von 401 Landkreisen als grundwassergestresst aus.

Der Umweltverband fordert, den Verbrauch von Wasser zu drosseln. Zudem müsse die Nutzung prio­risiert werden, damit Mensch und Natur verlässlich mit Wasser versorgt werden könnten. Alle sollten einen »fairen« Preis für Wasser zahlen. Derzeit seien die Entgelte Länder­sache.

Außerdem gelte es, die Widerstandsfähigkeit und Renaturierung von Ökosystemen zu stärken, so der BUND. Humusreiche Böden, Wälder, Auen und Moore könnten helfen, dass der Boden Nieder­schläge besser halte.

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