Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange ist nach heftiger Kritik im Zusammenhang mit der Entlassung des Verfassungsschutzchefs zurückgetreten. Das erklärte sie auf einer Pressekonferenz in Potsdam. Die SPD-Politikerin stand seit Tagen in der Kritik, auch in den eigenen Reihen.
Lange hatte vor knapp zwei Wochen den Leiter des Landesverfassungsschutzes, Jörg Müller, entlassen. Das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame Zusammenarbeit sei nicht mehr gegeben, teilte Lange schriftlich mit. Müller solle in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, so das Innenministerium damals. Die Leitung der Verfassungsschutzabteilung solle im Juli neu besetzt werden.
Die überraschende Entscheidung fiel in eine Zeit, in der bundesweit über den Umgang mit der AfD und deren Einstufung als »gesichert rechtsextreme« Partei im Bund diskutiert wurde. Lange forderte immer wieder eine »inhaltliche Auseinandersetzung« mit der AfD. Ein Verbotsverfahren lehnte sie ab.
Darstellung der Ministerin warf Zweifel auf
Vergangene Woche hatte sie öffentlich gemacht, dass der Verfassungsschutz in Brandenburg die AfD als gesichert rechtsextrem einstuft. Die Einstufung sei am 14. April erfolgt, die Ministerin sei aber erst am 5. Mai informiert worden. Das sei der Grund für die Entlassung des Verfassungsschutzchefs.
Er habe sie »über bedeutende Sachverhalte nicht ordnungsgemäß und viel zu spät unterrichtet«, sagte Lange nun. Durch den »zeitlichen Ablauf der Ereignisse« habe sie ihre Fraktion vor den Kopf gestoßen. Der daraus entstandene Unmut sei berechtigt. An der Darstellung der Ministerin hatte es immer wieder Zweifel gegeben. Die »Welt« berichtete über eine E-Mail, laut der die SPD-Politikerin früher informiert worden sein könnte als von ihr angegeben.
Die SPD-Fraktion hatte Lange wegen des Streits zuletzt zum Rapport einbestellt. Fraktionschef Björn Lüttmann teilte danach zwar mit, die Fraktion spreche der Ministerin nach »intensiver Aussprache« das Vertrauen aus. Doch vier Fraktionsmitglieder veröffentlichten eine eigene Mitteilung – und erklärten, dass es für sie »nach wie vor offene Fragen« gebe. Auch aus den Reihen der Jusos gab es Kritik an Lange. Der Ministerin wurde aus den eigenen Reihen eine »politisch motivierte« Entscheidung unterstellt.
»Ich hätte mir gewünscht, dass es diese Entscheidung nicht geben muss«, erklärte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zum Rücktritt. Lange erweise damit dem Land, der Landesregierung und der Partei »einen großen Dienst«. Der Streit ist für ihn heikel, weil seine SPD-BSW-Koalition im Landtag nur über eine Mehrheit von zwei Stimmen verfügt.
Anmerkung der Redaktion: Im Anlauf einer früheren Version stand Landesamt für Verfassungsschutz. In Brandenburg ist das aber kein eigenes Amt, sondern eine Abteilung des Innenministeriums. Wir haben die Stelle geändert.