Die SPD treibt die Debatte über einen Verbotsantrag gegen die AfD voran. Auf dem Bundesparteitag in Berlin forderte sie sofortige, ernsthafte Vorbereitungen eines solchen Verfahrens. »In dem Moment, wo der Verfassungsschutz sagt, das ist eine gesichert rechtsextreme Partei, darf es kein Taktieren mehr geben«, sagte Parteichef Lars Klingbeil. »Es ist unsere historische Aufgabe, die wieder aus den Parlamenten herauszukriegen.«
Die Delegierten beschlossen am Sonntag einstimmig in Berlin einen Antrag des Parteivorstands, der zur Sammlung von Belegen für die Verfassungswidrigkeit die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe fordert. Bei ausreichenden Belegen will die SPD dann darauf dringen, dass »unverzüglich« ein Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt wird.
Merz bisher »skeptisch«
Auch die Grünen hatten sich zuletzt für eine Arbeitsgruppe ausgesprochen. »Wir müssen frühzeitig handeln, bevor diese Partei weiter systematisch unsere Demokratie untergräbt«, sagte ihr Parteichef Felix Banaszak den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Kanzler Friedrich Merz sagte der Wochenzeitung »Die Zeit« Mitte Mai jedoch noch, er sehe die Rufe nach einem Verbotsverfahren »sehr skeptisch«.
Dem schlossen sich nun weitere Mitglieder der Union an: Nach Ansicht des CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführers Steffen Bilger (CDU) reichen die bisherigen Erkenntnisse für einen Verbotsantrag nicht aus. »Spätestens nach dem ›Compact‹-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts muss zudem jedem klar sein, welche hohen rechtlichen Hürden ein Verbotsverfahren hätte«, sagte er den Funke-Zeitungen. Erst vor wenigen Tagen hatte das Bundesgericht das Verbot des rechtsextremen Magazins für rechtswidrig erklärt .
Die Forderung nach Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD war lauter geworden, nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die Partei als gesichert rechtsextrem eingestuft hatte .
Was im Gutachten des Verfassungsschutzes steht, lesen Sie hier .
Bislang zwei Parteiverbote
Dagegen setzt sich die Partei mit einem Eilantrag zur Wehr. Bis zu einer Entscheidung hat der Inlandsgeheimdienst die neue Einstufung auf Eis gelegt und führt die AfD daher weiter nur als sogenannten Verdachtsfall. Mehrere AfD-Landesverbände werden bereits seit Längerem als gesichert rechtsextrem bewertet. Über ein Parteiverbot müsste auf Antrag von Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat das Karlsruher Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entscheiden.
Verfassungswidrig sind Parteien, die »nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden«. So steht es im Grundgesetz.
Das BVerfG hat bislang zwei Parteiverbote ausgesprochen: 1952 wurde die NS-Nachfolgepartei Sozialistische Reichspartei (SRP) verboten, 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Gegen die rechtsextreme Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) gab es gleich zwei Verbotsverfahren, Karlsruhe lehnte ein Verbot aber schließlich 2017 ab.