Spahns Parteifreundin distanziert sich von Sonderermittlerin

Jetzt ist das Parlament an der Reihe: Am Mittwoch steht im Haushaltsausschuss des Bundestags die Aufarbeitung von Maskenkäufen in der Coronapandemie auf dem Programm. Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat dem Ausschuss am Dienstag den Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof zugeleitet.

Worum es geht: Der ehemalige Gesundheitsminister und aktuelle Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) steht wegen seines Vorgehens zu Beginn der Pandemie unter Druck, als Masken knapp waren. Das Ministerium schaltete sich 2020 in die Beschaffung ein und ging Lieferverträge ohne weitere Verhandlungen zu festen hohen Preisen ein. Wegen später nicht abgenommener Masken klagten Lieferanten, aus Rechtsstreitigkeiten drohen dem Bund Milliardenrisiken.

Über Teile des 168-seitigen Sudhof-Berichts haben der SPIEGEL und andere Medien in den vergangenen Wochen berichtet. So soll der damalige Gesundheitsminister Spahn eine Firma aus seiner westfälischen Heimat bei der Logistik der Maskenbeschaffung bevorzugt haben . Die Sonderermittlerin Sudhof rätselte zudem, warum der Bund nicht gegen die überforderte Logistikfirma vor Gericht zog .

Indirekte Kritik an Lauterbach

In einer 16-seitigen Stellungnahme an den Haushaltsausschuss distanziert sich die neue Gesundheitsministerin Warken von dem Sudhof-Bericht. Das Papier liegt dem SPIEGEL vor. Es enthält in Teilen scharfe Kritik am Vorgehen Sudhofs und damit indirekt auch am bisherigen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der seine Parteifreundin engagiert hatte. Die Sozialdemokratin war zuletzt Staatssekretärin im SPD-geführten Bundesverteidigungsministerium.

Das Papier Warkens enthält Kritik am Vorgehen Sudhofs sowie an inhaltlichen Bewertungen der Sonderermittlerin. Zu Ersterem heißt es in dem Bericht: »Welche Methodik und Quellen Frau Dr. Sudhof für ihr Papier genutzt hat, ergibt sich überwiegend nicht aus dem vorliegenden Papier der ›Sachverständigen Beraterin‹. Es werden teilweise Tatsachen vorgetragen, die durch Quellen nicht untermauert sind. Nur vereinzelt konnten Quellen rekonstruiert werden.«

Kritisiert wird auch, dass Ex-Gesundheitsminister Spahn »als Betroffener jedoch nie befragt worden sein soll«. Zudem wird der Umgang mit dem Bericht der Sonderermittlerin bemängelt.

Obwohl Warken mitteilen lässt, dass der Sudhof-Bericht »noch keiner endgültigen Auswertung unterzogen werden konnte«, stellt das Ministerium zentrale Kritikpunkte der Sonderermittlerin infrage. Das betrifft vor allem Vorwürfe Sudhofs Richtung Ex-Minister Spahn. Dabei geht es um die Einmischung Spahns in die Maskenbeschaffung und Preisgestaltung.

Konkret wird auf Seite acht bemängelt, im Sudhof-Bericht gebe es keine »vertieften Aussagen« zur Überforderung des Beschaffungsamts des Verteidigungsministeriums. Ihre Darstellung sei daher »lückenhaft und damit falsch«.

Das Warken-Papier liest sich deshalb in Teilen wie eine Verteidigungsschrift ihres Parteifreunds. Dazu gehört auch die Herleitung der damaligen Coronalage, die den öffentlichen Äußerungen Spahns in diesem Zusammenhang sehr ähnelt.

Sudhof selbst wollte sich auf SPIEGEL-Anfrage nicht zu den Vorwürfen äußern.

Lauterbach verteidigt Sudhof

Lauterbach verteidigte seine Parteifreundin. »Frau Sudhof hat sehr gründlich, umfassend und ohne Weisungen gearbeitet. Sie hat mit ihrer Arbeit wesentlich dazu beigetragen, die Prozesse im Ministerium zu verbessern«, sagte Lauterbach dem SPIEGEL. »Selbstverständlich liegen alle ihre Quellen auf einem Server des Ministeriums. Auf Wunsch teile ich Frau Warken gern mit, auf welchem Laufwerk sie das findet.«

Union und SPD haben in der vergangenen Woche angekündigt, eine Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Pandemie einzusetzen. Gesundheitsministerin Warken hat entschieden, die Enquete-Kommission mit einer Projektgruppe im Ministerium zu unterstützen.

Anders als ein Untersuchungsausschuss sind solche Kommissionen eher auf Konsens ausgelegt. Das dürfte das politische Risiko für Unionsfraktionschef Spahn reduzieren.

Unionsfraktionschef Spahn

Foto: Frederic Kern / Future Image / IMAGO

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