Was auf gesetzlich Versicherte im nächsten Jahr zukommt

Die Bundesregierung will mit einem Sparpaket verhindern, dass die Krankenkassenbeiträge im kommenden Jahr weiter steigen. Das Kabinett hat dazu an diesem Mittwoch Maßnahmen beschlossen, durch die Ausgaben von etwa zwei Milliarden Euro eingespart werden sollen. Den größten Beitrag soll eine Begrenzung der Vergütungsanstiege im Krankenhausbereich leisten. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) erklärte, damit könne der durchschnittliche Zusatzbeitrag auf dem heutigen Niveau gehalten werden.

Am Nachmittag hat dann der Schätzerkreis für die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) seine Finanzprognose für das kommende Jahr vorgelegt: Aus den Schätzergebnissen ergebe sich für 2026 ein rechnerischer durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz von 2,9 Prozent, teilte das Bundesamt für Soziale Sicherung nach Beratungen des Gremiums mit. Dies liegt auf dem derzeitigen Durchschnittsniveau.

Wie wird sich all das auf die Versicherten auswirken? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wo ist das Problem?

Erst zu Jahresbeginn hatte es eine Welle von Beitragserhöhungen gegeben. Den 58,6 Millionen beitragszahlenden Kassenmitgliedern drohte über Monate, dass es zum 1. Januar 2026 noch teurer wird. Denn die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) steuern absehbar auf neue Löcher zu – trotz Darlehen, die der Bund über seinen Zuschuss von 14,5 Milliarden Euro hinaus bisher plante. Noch mehr Haushaltsmittel waren nicht drin. Am Wochenende kündigte Warken deshalb an, mit schnellen Sparmaßnahmen gegenzusteuern, um Versicherten und Arbeitgebern höhere Ausgaben vorerst zu ersparen.

Was hat das Kabinett beschlossen?

Die Ministerin will eine ermittelte Lücke von zwei Milliarden Euro für 2026 füllen. Den Großteil soll eine Änderung einbringen, die den Anstieg der Vergütungen für die Kliniken begrenzt. Dadurch sollen Mehrausgaben von bis zu 1,8 Milliarden Euro vermieden werden. Zudem werden die Verwaltungskosten der Krankenkassen gedeckelt, was rund 100 Millionen Euro einsparen soll. Die Fördersumme des Innovationsfonds für die Versorgungsforschung wird für 2026 einmalig von 200 Millionen auf 100 Millionen Euro halbiert.

Was genau macht der Schätzerkreis?

Das Gremium mit Fachleuten des Ministeriums, des Bundesamts für Soziale Sicherung und des GKV-Spitzenverbands legt seine Schätzung jedes Jahr vor, um Orientierung bei der nötigen Höhe der Beitragssätze zu geben. Dabei können auch frische Gesetzespläne berücksichtigt werden, solange es nicht nur reine Absichtserklärungen sind: Erst vergangene Woche etwa hatte das Kabinett Änderungen der Krankenhausreform gebilligt, die den Kassen Mehrausgaben von 2,5 Milliarden Euro ersparen sollen. Nun kam also noch der aktuelle Kabinettsbeschluss hinzu.

Wie geht es dann weiter?

Auf der Basis der Schätzung gibt das Bundesgesundheitsministerium nun zum 1. November einen »durchschnittlichen ausgabendeckenden Zusatzbeitrag« für 2026 bekannt, der eine Orientierungsmarke darstellt. Die Kassen entscheiden dann je nach ihrer Finanzlage selbst, ob sie an den Zusatzbeiträgen für ihre Versicherten drehen. Diese kommen zum allgemeinen Beitragssatz von einheitlich 14,6 Prozent des Bruttolohns hinzu. Da der rechnerische Zusatzbeitrag der Schätzer auf dem aktuellen tatsächlichen Niveau liegt, ist nicht mit großen Beitragssprüngen zu rechnen – zumindest bei der Empfehlung des Ministeriums.

Wie viel muss ich nun für die Krankenversicherung 2026 zahlen?

Wenn die eigene Krankenkasse sich an diese Empfehlung hält, sollte sich der Zusatzbeitrag nicht oder kaum ändern. Da aber die Finanzlage einzelner Kassen natürlich vom Durchschnitt abweichen kann, muss das nicht so sein: Der neue Satz kann dann nach oben oder nach unten abweichen (wobei letzteres derzeit nicht häufig vorkommen dürfte). Zum Zusatzbeitrag wird der allgemeine Beitragssatz von derzeit 14,6 Prozent addiert. Beide zusammen beziehen sich auf den Bruttolohn.

Ist ein Arbeitnehmer beispielsweise bei der Techniker Krankenkasse (TK) versichert, dann zahlt er bislang insgesamt 17,05 Prozent (also 14,6 Prozent allgemeiner Beitrag + 2,45 Prozent Zusatzbeitrag) von der Höhe des Bruttolohns für die Krankenversicherung. Dabei teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer diesen Betrag hälftig. Beträgt das Brutto beispielsweise 3000 Euro im Monat, beläuft sich der Krankenkassenbeitrag auf 511,50 Euro. Also werden auf der Lohnabrechnung 255,75 Euro abgezogen, denselben Betrag zahlt auch der Arbeitgeber.

Selbstständige zahlen allerdings das Doppelte – weil sie ja keine Möglichkeit haben, den Beitrag mit einem Arbeitgeber zu teilen wie Angestellte.

Die Höhe der Beiträge im kommenden Jahr legen die Kassen nun individuell in den kommenden Monaten fest. Auch die TK aus dem oben genannten Beispiel.

Wie kritisch ist die Finanzlage der Kassen?

Für das laufende Jahr hatte das Ministerium einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 2,5 Prozent bekannt gegeben. Das war schon ein großer Sprung von 0,8 Punkten. Tatsächlich liegen die Zusatzbeiträge inzwischen im Schnitt bei 2,94 Prozent, wie es vom GKV-Spitzenverband heißt. Grund sind stark steigende Ausgaben. Die gingen im ersten Halbjahr 2025 um acht Prozent auf 154 Milliarden Euro hoch, die Einnahmen wuchsen nur um 5,5 Prozent. Nach den jüngsten Beitragsanhebungen verbuchten die Kassen bis Ende Juni ein Plus. Sie müssen aber parallel auch Reserven auf Mindesthöhen auffüllen.

Was ist mit den Pflegebeiträgen?

Warken kündigte an, auch bei der Pflegeversicherung eine Lücke von knapp zwei Milliarden Euro für 2026 zu schließen, um die Beiträge stabil zu halten. Anders als die Krankenkassen-Zusatzbeiträge legt die Politik die Pflegebeiträge direkt fest – und eine Erhöhung zum 1. Januar hätte schon auf dem Weg sein müssen, wie Warken mit Blick auf Fristen erläuterte. Erst Anfang 2025 waren die Beiträge um 0,2 Punkte gestiegen. Für Arbeitnehmer mit einem Kind liegt der Beitrag nun bei 3,6 Prozent des Bruttolohns, ohne Kinder sind es 4,2 Prozent.

Wie lange halten die Lösungen?

Klar ist: Bei der Operation geht es jetzt um Sofortmaßnahmen. Daneben haben zwei Kommissionen begonnen, über Vorschläge für eine grundlegende Reform zu beraten. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflege hat gerade einen ersten Zwischenstand vorgestellt – die Palette der Vorschläge reicht von Begrenzungen der Eigenanteile bis zur Überprüfung des Pflegegrad-Systems. Eine Kommission zur Krankenversicherung soll bis März erste Vorschläge zur Stabilisierung der Beitragssätze ab 2027 machen. Bis Ende 2026 sollen weitere Ideen folgen.

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