Neue Genanalyse soll Spur zum »asiatischen Einhorn« liefern

Die Saola zählt zu den weltweit seltensten Tieren: Erst 1993 wurde die Rinderart mit den antilopenartigen Hörnern (Pseudoryx nghetinhensis) wissenschaftlich beschrieben, als einziges großes Landsäugetier in den vergangenen 80 Jahren. Doch seit 2013 hat niemand mehr ein Exemplar gesehen, obwohl Forscher in den Regenwäldern des Truong-Son-Gebirges im Grenzgebiet zwischen Vietnam und Laos danach suchen. Aktuell kann weder bewiesen noch widerlegt werden, dass die Saolas existieren. In Anlehnung an das Fabelwesen werden sie auch »asiatisches Einhorn« genannt.

Trotzdem ist dänischen und vietnamesischen Biologen nun gelungen, das Erbgut der Saolas zu kartieren. Die Studie ist in der Fachzeitschrift »Cell«  erschienen. Die Universität Kopenhagen teilt mit, dass damit Hoffnung bestehe, die vom Aussterben bedrohte Art zu retten – falls sie nicht schon ausgestorben ist.

Das Team analysierte Jagdtrophäen von 26 verschiedenen Tieren und gewann daraus genug Informationen, um das komplette Saola-Genom zu erfassen. So ließ sich auch die Geschichte der Art rekonstruieren, die seit 14 Millionen Jahren einen eigenen Ast im Stammbaum der Evolution bildet, ohne nähere Verwandtschaft zu anderen noch lebenden Arten. Demnach schwinden die Saolas seit der jüngsten Eiszeit. In den vergangenen 10.000 Jahren lebten nie mehr als 5000 Exemplare zugleich, heute sollen es nach den optimistischsten Schätzungen noch 300 sein. Wegen der geringen genetischen Durchmischung drohen die Tiere noch anfälliger zu werden.

Zuchtprogramm hätte Erfolgschance

Doch aus der Genanalyse ergab sich eine Perspektive für ein zukünftiges Zuchtprogramm: »Wir waren sehr überrascht herauszufinden, dass die Saolas sich vor 20.000 bis 5000 Jahren in zwei verschiedene Populationen mit erheblichen Unterschieden geteilt haben«, wurde Hauptautor Genís Garcia Erill von der Universität Kopenhagen zitiert. Die beiden Zweige hätten im Laufe der Jahrtausende unterschiedliche Anteile an Erbgut verloren, sodass sich der Rest ergänze. »Wenn man sie kreuzt, dann könnten sie ersetzen, was ihnen fehlt«, sagte Garcia Erill.

Ein in der Studie enthaltenes Modell errechnete gute Überlebenschancen durch ein solches Zuchtprogramm, wenn zwölf lebende Saolas gefunden würden. Allerdings starben bisher alle gefangenen Tiere nach kurzer Zeit. Und sie müssten zuerst entdeckt werden.

Diese Aufgabe zumindest soll die neue Genanalyse erleichtern. »Viele Forscher haben erfolglos versucht, Spuren der Saolas durch DNA-Proben im Wasser oder sogar in Blutegeln zu finden«, berichtete Minh Duc Le von der vietnamesischen Nationaluniversität, ein Co-Autor der Studie. »Nun, da wir das komplette Saola-Genom kennen, haben wir einen viel größeren Werkzeugkasten, um diese winzigen Fragmente zu entdecken.«

Die Autoren räumten allerdings ernste Zweifel ein, ob überhaupt noch Saolas leben, die man finden könnte. Er hoffe darauf, sei aber nicht übermäßig optimistisch, so der Kopenhagener Biologe Rasmus Heller. Theoretisch gäbe es jedoch immer noch eine Resthoffnung: Sollte die derzeit heiß diskutierte  gentechnische Wiederbelebung ausgestorbener Tierarten je gelingen, würde sich die Saola dafür dank der nun vorliegenden Daten anbieten.

Gefangene Saola in Laos 2010

Foto: Bolikhamxay Provincial Cons. / dpa

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